Ausschreibung
Sternenlicht-Anthologie

Download-Tipp
Band 6

Heftroman der Woche

Archive
Folgt uns auch auf

Das Geisterschiff und der Fliegende Holländer Teil 4

Das-Geisterschiff-und-der-fliegende-HollaenderDas Geisterschiff und der Fliegende Holländer
Lebendig im jüngsten Gericht oder Rache bis über das Grab hinaus
Eine höchst schaudervolle Geschichte höllischer Bosheit

Der Arzt als Räuber

Philipp war wie vernichtet. Er hatte seine geliebte Mutter verloren, doch eine einzige Hoffnung war ihm noch geblieben, seinen Vater von seinem schrecklichen Zustand zu erretten. Er wollte das geheimnisvolle Zimmer untersuchen. Den Schlüssel suchte er überall vergebens, hörte aber endlich ein Klappern in einer Ecke eines alten japanischen Kastens, worin er den Schlüssel zu finden hoffte. Mit Tagesanbruch machte er sich eben daran, mit einem Hammer und altem Messer die Rückseite jenes Kastens aufzusprengen, als der Pater Seysen, der würdige Geistliche der kleinen Gemeinde, der von dem Tod seiner Mutter gehört hatte, dazu kam und ihn auf das Unschickliche aufmerksam machte, sein Eigentum nehmen zu wollen, bevor noch die Mutter im Grab ruhe.

Philipp erklärte ihm, dass er ihn falsch beurteile und er den Schlüssel zum verschlossenen Zimmer nur suche, weil er eine zwar furchtbare, aber heilige Pflicht zu erfüllen gedenke. Näheren Aufschluss zu geben, lehnte er vorläufig ab. Er stellte den Kasten wieder an seinen früheren Platz und warf sich auf sein Bett, um einige Stunden zu schlafen. Der Arzt Poots kam nachmittags, um wieder einen Besuchsgulden aufrechnen zu können, obwohl er von Marias Tod schon erfahren hatte, ging durch das Zimmer, in welchem die Leiche lag, in die Kammer Philipps, weckte diesen auf und verlangte von ihm schuldige drei und einen halben Gulden nebst Rückgabe des Medizinfläschchens, was ihm der Jüngling versprach, indem er sich von seinem Bett erhob.

Poots machte ihm den Antrag, das, was seine Mutter um den Hals trug, statt der Bezahlung annehmen zu wollen. Dies war die Reliquie, bei der sein unglücklicher Vater den schauderhaften Eid geschworen hatte.

»Packt Euch auf der Stelle aus diesem Hause fort, Eure Forderung werde ich bezahlen!«, rief Philipp aus.

Nun verlangte Poots, dass er das Halsband ihm pfandweise überlasse.

Wütend fasste ihn Philipp beim Rockkragen und warf ihn mit den Worten zur Tür hinaus: »Fort, sogleich fort, oder …«

Der niederträchtige Geizhals rannte in solcher Eile fort, dass er die halbe Treppe hinab fiel und erbärmlich heimwärts hinkte. Philipp ging zur Leiche seiner Mutter, um die Reliquie an sich zu nehmen, fand sie aber nicht mehr dort.

»Ha!«, schrie er, »Poots hat die Reliquie gestohlen!« Er flog die Treppe hinab und rannte ohne Hut und Rock zu Poots’ einsam gelegenem Haus. Dieser sah seinen Verfolger heranstürmen, doch gelang es ihm, in das Haus zu kommen, als Philipp gerade den Arm ausstreckte, um ihn zu packen, dem er die Haustür vor der Nase zuschlug.