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Vampire Band 1

Vampire-1Patrick Laumond, Denis-Pierre Filippi, Tommy Redolfi, Sylvain Ricard, Steve Lieber
Vampire Band 1
Originaltitel: Vampires – Tome 1

Horror, Comic, Ehapa Comic Collection, Berlin, Mai 2010, 96 Seiten, 19,95 Euro, ISBN: 9783770435742, Zeichnungen: Patrick Laumond, Tommy Redolfi, Steve Lieber, Vorlagen: Brigitte Aubert, Ann Scott, Colin Thibert, Adaptionen: Denis-Pierre Filippi, Sylvain Ricard, Covermotiv von Dave McKean, aus dem Französischen von Uwe Löhnmann
www.egmont-comic-collection.de

2006 trat die TV-Produktionsgesellschaft Cartel Film Production mit dem Auftrag an sechs Autoren heran, sechs verschiedene phantastische Novellen zu schreiben. Verbindendes Element sollte die Ortschaft Sable Noir sein, die jedes Jahr am 03. November von einem Fluch heimgesucht wird. Diese sechs Geschichten bildeten dann die Grundlagen für sechs Kurzfilme (in der Länge einer TV-Serienfolge), für die als Regisseure u.a. Xavier Gens (Hitman, Frontier) und Oliver Megaton (Transporter 3, 96 Hors – Taken 2) verantwortlich zeichneten. Also durchaus ein Projekt mit gehobenem Produktionsanspruch. Laut der Werbung war diese erste Staffel auch ein voller Erfolg, sodass man sich Gedanken um eine zweite Staffel machte, die schließlich 2010 verwirklicht wurde. Wie vorher auch sollten es sechs Novellen und sechs Filme sein, doch zusätzlich noch sechs je 24-seitige Graphic Novels, die ebenfalls auf Basis der Novellen realisiert werden sollten. Zusätzlich zum Schauplatz Sable Noir und dem Eckdatum 03. November waren diesmal auch Vampire gefordert. Als Autorin dieser Staffel ist neben anderen Brigitte Aubert (Élise Andrioli-Reihe, Mortelle Riviera-Reihe) beteiligt, als Comic-Szenarist Denis-Pierre Filippi (Träume, John Lord) und als Zeichner Patrick Laumond (John Lord) und Steve Lieber (Whiteout).

Frisches Blut (Vorlage: Brigitte Aubert, Adaption: Denis-Pierre Filippi, Zeichnungen: Patrick Laumond)

Gerade noch rechtzeitig ziehen der Paparazzi Frank Marvel und seine Frau Lucinda die Notbremse, bevor Alkohol und Kokain ihr Leben komplett kaputtmachen. In Sable Noir, in der Hütte am Meer, die Frank von seinem Onkel geerbt hat, fangen beide ein neues, geruhsames Leben an. Doch auch als Reporter des dortigen Lokalblättchens verfügt Frank noch über seine Instinkte. Ein grausiger Leichenfund und dessen Folgen lassen in ihm den Verdacht aufkeimen, dass sich die Einwohner von Sable Noir auf etwas vorbereiten.

Das Haus auf dem Hügel (Vorlage: Ann Scott, Adaption: Sylvain Ricard, Zeichnungen: Tommy Redolfi)

Von einem Tag auf den anderen beschließt eine erfolgreiche Schauspielerin, ihr glamouröses Leben aufzugeben und mit ihrer Tochter in eine Villa auf dem Land zu ziehen. Nach drei wundervollen Jahren taucht plötzlich der gewalttätige Vater des Mädchens dort auf, und die Mutter kommt zu Tode. In der Folge kommt es im Haus zu seltsamen Geräuschen und Erscheinungen. Als der Vater das Haus verkaufen will, wird auch dieser getötet. Vom Geist der Mutter, wie das Mädchen behauptet.

Alizarine (Vorlage: Colin Thibert, Adaption: Denis-Pierre Filippi, Zeichnungen: Steve Lieber)

Kaum ist der ehemalige Boxer und Gelegenheitsgauner Gégé gemeinsam mit seiner Freundin Anais und seinem kleinen Kind in einem geregelten bürgerlichen Leben angekommen, taucht sein alter Kumpel Kader bei ihm auf und überredet Gégé zu einem »todsicheren Ding«. In einem abgelegenen alten Haus lebt eine alte Frau allein mit Unmengen von Bargeld, das offenbar nur auf die beiden wartet. Am 03. November steigt das Ding. Doch in der alten Villa erwartet die Einbrecher keine wehrlose alte Frau, sondern eine verführerische Schönheit, die sich über den unverhofften männlichen Besuch sogar zu freuen scheint.

Was auf den ersten Blick wie ein zumindest tragfähiges Konzept klingt, erweist sich nach Abschluss der Lektüre als halbgares Experiment, das weit hinter seinen Möglichkeiten zurückbleibt. Das mag verschiedene Gründe haben. Zunächst hat man mit den Graphic Novels nur einen Teil des Sable Noir-Experiments vor sich. Interessant dürfte sich natürlich ein Vergleich mit Novelle und Film erweisen. Für sich allein wirken die Graphic Novels mit ihren je 24 Seiten schlicht als zu träge und eingeschränkt, um ihr Potential zu entfalten. Frisches Blut und Alzarine, wo immerhin die Figuren ausreichend Anklang finden, erweisen sich als zu vorhersehbar und abgelutscht, um einen positiven Aha-Effekt zu bewirken. Auch grafisch wird hier eher Standardware geboten. Mutiger, doch absolut kryptisch (bzw. mit einigem Interpretationsspielraum) verbleibt Das Haus auf dem Hügel, das sich als erzählerisch interessanter, wenn auch grafisch unzugänglicher Beitrag erweist. Hier wird auch eine eklatante Schwäche des Konzepts besonders deutlich, insofern, dass der Ort Sable Noir noch nicht einmal erwähnt wird. Diese Klammer, die die Geschichten also zusammenhalten soll, erweist sich als bloße Makulatur, denn jede der Erzählungen könnte an jedem beliebigen Ort spielen. Eine zumindest grobe Absprache der Autoren untereinander oder doch einige mehr Vorgaben in Dienste der Einheitlichkeit hätten den Werken gutgetan. Zum Beispiel hätten gleiche Personen immer wieder in den Geschichten auftauchen können oder dieselben markanten Gebäude Sable Noirs, um dem Leser einen gewissen Wiedererkennungswert zu bieten. Das hätte die Sammlung um einiges runder gemacht und mit diesem Effekt auch den Reiz für den Leser erhöht. In der vorliegenden Form hat man lediglich eine beliebige Geschichtensammlung vor sich.

Was die Veröffentlichungstaktik angeht, ist es unverständlich, warum Ehapa die sechs Geschichten in zwei getrennten Bänden veröffentlicht. Interessenten werden sich ohnehin beide Bände oder Nichtinteressenten eben keinen davon zulegen. Immerhin kommt man so in den relativ großformatigen Genuss des Covermotivs von Dave McKean (Sandman, Hellblazer), das als Diptychon gestaltet ist. Über die Ausstattung gibt es nichts zu bemängeln. Die Bände erscheinen als Hardcover mit durchgehend hochwertigem Kunstdruckpapier. Jeder Geschichte wurde zusätzlich ein kurzer Ausschnitt aus der Novelle vorangestellt. Ein »Making-of« (Skizzen, Charakterzeichnungen) runden den Band ab.

Fazit:
Vampiranthologie in Form dreier Graphic Novels, realisiert von unterschiedlichen Kreativ-Teams. Die Idee eines einheitlichen Handlungsorts als verbindendes Element wird allerdings sträflich unterlaufen. Insgesamt hinterlässt Vampire 1 einen mittelmäßigen Eindruck.

(eh)