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Schwäbische Sagen 12

Schwäbische-Sagen

Der Pompele in Rotenburg
Eine mündliche Überlieferung aus Rotenburg a. N.

In einem Rotenburger Haus hielt sich früher ein Geist auf, ein kleines Männlein, das man Pompele nannte und das den Knechten bei der Arbeit half, namentlich beim Strohwerfen und Futterschneiden. Plötzlich war der Pompele verschwunden und stellte sich erst nach sieben Jahren wieder ein. Als man ihn fragte, wo er so lange sich aufgehalten hatte, sagte er: »Ich bin mit Napoleon im Krieg gewesen.«


Der Klopferle in Großsachsenheim
Eine mündliche Überlieferung aus Markgröningen

In dem alten Schloss zu Sachsenheim hält sich schon lange ein Hausgeist auf, der klopft überall im ganzen Haus herum und hat daher seinen Namen Klopferle bekommen. Er kann nichts an dem Platz lassen, wo es sich befindet, sondern verrückt es beständig. Sind zum Beispiel die Kirchweihkuchen ordentlich aufgeschichtet, so wirft er sie durcheinander. Stehen Gläser oder Tassen mitten auf dem Tisch, so schiebt er sie an den Rand oder auf die Ecken des Tisches. Oft bindet er nachts das Vieh um und stellt es in eine andere Ordnung und dergleichen. Man sieht ihn zuweilen, besonders an hohen Festtagen. Er geht dann unter den Menschen herum oder setzt sich zu ihnen und tut niemanden etwas zu Leide. Nur wenn ihm jemand einen Auftrag gibt und sagt: Klopferle, hol mir Wasser, oder tun das und das!, so wird er böse und schlägt denjenigen, der ihn kommandieren will. Sagt einer dagegen ganz unbestimmt Jetzt sollte man auch das und das tun, sollte Kartoffeln spülen, schälen, Holz holen, das Vieh füttern und dergleichen, so verrichtet der Klopferle das Gewünschte auf der Stelle. So hat er noch im Herbst 1847 alles Obst in den Keller getragen, und das war keine Kleinigkeit. Man glaubt, dieser Geist sei ein früherer Bewohner des Schlosses, weiß aber nicht, weshalb er darin umgehen muss.


Das rote Männlein
Mündliche Überlieferungen aus Derendinger
1.

Im Wald zwischen Derendingen und Kresbach hält sich ein rotes Männlein auf. Man nennt es nach dem Gehölz nur das Kohlerhau-Männle . Es ist etwa vier Schuh hoch, etwas dick und untersetzt, sieht ganz rot aus und trägt eine rote Zipfelmütze. Es lässt sich bei Tag und Nacht sehen und führt die Menschen irre. Einem, der in den Wald geht, ruft man warnend zu: »Hüte dich vor dem Kohlerhau-Männle!«

2.

Früher gab es mehrere solcher roten Männlein. Doch sagen einige, es seien nur ihrer zwei gewesen. Die kamen häufig nach Derendingen in die Häuser, quälten die Leute und spielten ihnen mancherlei Streiche. Wenn zum Beispiel der Knecht im Stall grade zwischen zwei Pferden stand, so schlüpfte das rote Männlein herein und presste die Pferde zusammen, dass sie den Knecht zerquetschten.

Als die Derendinger einmal Hanf brachen, kam ein rotes Männlein aus der Hanfdörre, dass alles aufschrie und davonlief. Auch konnten diese »Ungeister« sich in Tiere, zum Beispiel in Katzen und Hunde verwandeln und rollten sich in solchen Gestalten vor die Füße der Menschen hin, dass sie darüber fallen mussten. Doch hat man schon seit einiger Zeit nichts mehr davon gehört.


Das Männlein auf dem Hirschberg
Eine mündliche Überlieferung aus Endingen

Vom Hirschberg bei Balingen, wo ehemals zwei Schlösser gestanden haben, begleitet die Fuhrleute oft ein kleines Männlein bis Frommern und spricht dann beständig von den Schätzen, die auf dem Hirschberg noch begraben liegen.


Der Poppele auf dem Heuberg
Eine schriftliche Überlieferung vom Heuberg

Auf dem Heuberg kennt man in mehreren Dörfern einen Poltergeist, den man Poppele nennt. So erzählt man sich, dass der Poppele in einem Haus alle Nacht das Vieh von der Krippe losgebunden, die Garben auf den verschiedenen Stockwerken des Bodens bunt durcheinander und heruntergeworfen und sonst noch allerlei Unfug und Lärm angestellt habe. Darauf beschloss der Bauer endlich auszuziehen, packte seine Habe auf einen Wagen und fuhr damit fort. Unterwegs schaute er sich einmal um und fragte seine Leute: »Haben wir jetzt auch alles?«

»Ja, und mich habt ihr auch!«, rief sogleich der Poppele, der auf der »Schnätter« (d. i. auf dem hervorstehenden Ende des Bodenbrettes, ganz hinten auf dem Wagen) saß.

Daraufhin soll der Bauer wie ein Reiter »geschworen« (geflucht) und mit einer Schaufel wütend auf die Schnätter zugeschlagen haben, worauf der Poppele verschwunden sei; denn das Fluchen können solche Geister gar nicht leiden und lassen sich dadurch vertreiben.


Das Geldmännle der Jesuiten
Eine mündliche Überlieferung aus Bühl

Das alte Schloss in Bühl, welches jetzt ein Wirtshaus ist, war früher ein österreichisches Lehensgut. Dieses Schloss erbte ein Fräulein und verspielte es der Sage nach in einer Nacht an die Freiherrn von Ehingen in Kilchberg. Später kauften es die »Jesuiter« von Rotenburg nebst vielen Ländereien. Während dieser Zeit sollte einmal ein Knecht aus Bühl den »Jesuitern« eine Ladung Bier, das sie im Bühler Schloss liegen hatten, nach Rotenburg bringen. Er bekam einen Brief mit an den Rektor und machte sich frühmorgens auf den Weg, sodass er schon gegen fünf Uhr, als es noch finster war, in Rotenburg ankam. Wie er nun zum Haus des Rektors der Jesuiter kommt, findet er die Türen geöffnet, obwohl noch alles zu schlafen scheint. Er geht hinein und da sieht er in dem Gang eine ganze Reihe hölzerner Zuber stehen, an denen ein kleines , unkenntliches Männlein in Pantoffeln auf- und niederläuft. Nachdem der Knecht eine Weile zugesehen hatte, wird ihm ganz unheimlich zumute. Er eilt fort und weckt den Wärter. Wie sie beide aber zurückkommen, war das Männlein mitsamt den großen Zubern verschwunden. Nur ein arges Poltern ließ sich hören, dass man hätte meinen sollen, das ganze Kloster wolle einfallen. Das kleine Männlein aber war niemand anderes als der Teufel, den die Jesuiter zwangen, dass er ihnen Geld schaffen musste, daher sie denn auch so arg reich waren.


Das Männlein mit dem Stock
Eine mündliche Überlieferung aus Balingen

Ein Mann fuhr einst von Weilheim nach Balingen. Da rief ein Männlein hinter ihm her: »Seht das Stöckle! Seht das Stöckle! Seht das Stöckle!«

»Ich will’s nicht sehen!«, sprach der Bauer.

Allein das Männlein hörte nicht auf zu rufen , bis der Hund sich umsah und es anbellte. Da verschwand es.


Geldmännle in Tübingen
Eine mündliche Überlieferung aus Tübingen

Früher gab es manche Leute in Tübingen, die hatten ein Geldmännle, das ihnen so viel Geld schaffen musste, wie sie haben wollten. Man sagt aber, ein solch kleines Geldmännle sei immer der Böse selbst gewesen.

Auch in Heubach hatte jemand ein Männlein, das ihm Geld zutrug. Die Tochter dieses Mannes nannte man deshalb allgemein »Sechserscheißerle«.


Das Täufermännle
Eine mündliche Überlieferung

Zwischen Schramberg und Jackendorf fließt das kleine »Täuferbächle«, über das musste jeden Samstag ein Bauer, wenn er nach Rottweil ging. Auf dem Steg aber hielt ihn jedes Mal ein Männlein an, das in dem Bach lebte und das Täufermännle genannt wurde, und wollte ihn nicht hinüberlassen, bis der Bauer endlich zu ihm sagte: »Wer du auch sein magst, lass mich doch gehen! Ich will dir auch gern einen Wecken mitbringen.«

Da ließ es ihn frei passieren, ebenso als er zurückkam und dem Täufermännle den versprochenen Wecken gab. Der Bauer merkte sich das und brachte seit der Zeit dem Männle immer einen Wecken mit, wenn er nach Rottweil ging, und konnte dafür ungehindert über den Bach schreiten. Einst jedoch dachte er, es sei wohl nicht mehr nötig, zumal er schon so manchen Wecken für das Männlein gekauft hatte, und brachte dieses Mal keinen mit. Dafür wurde er aber auch von dem Täufermännle, als er mitten auf dem Steg war, ins Wasser geworfen.

Ebenso hielt sich bei dem Dorf Schlier (im Oberamt Ravensburg) unter einem Steg ein Geist auf, der keinen Menschen ruhig über das Wasser gehen ließ, wenn man ihm nicht ein Stück Brot mitbrachte.