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Der bayerische Hiesel – Teil 11

Der-bayerische-HieselFriedrich Wilhelm Bruckbräu
Der bayerische Hiesel
Wildschützen- und Räuberhauptmann, landesverrufener Erzbösewicht

Hiesels Liebling

Unter den vielen Gefährten Hiesels war ihm ein gewisser Andreas Mayr, ein junger Bursche von 18 bis 19 Jahren, durch die äußerste Tapferkeit, die man Tollkühnheit nennen kann, so lieb geworden, dass er ihn immer nur seinen Buben nannte und auf allen Streifzügen als seinen ersten Adjutanten an der Seite hatte. Nicht selten zeigten sich bei der Bande Spuren von Eifersucht, weil ihn Hiesel bei jeder Gelegenheit besonders auszeichnete, lobte und den anderen zum Vorbild hinstellte. Er war aber auch dem Hiesel so zugetan, dass er sich für ihn hätte in Stücke hauen lassen. Der Bube und Tiras waren Hiesels treueste Freunde, auf die er sich in allen Gefahren verlassen konnte.

Im Schießen war der Bube ein Meister. Er lud auch immer Hiesels Gewehre, wenn die Umstände es erlaubten. Nachts teilte er das Lager mit Hiesel und Tiras, der dann zu den Füßen der beiden Freunde lag und für ihre Sicherheit wachte.

Eines Morgens, bald nach Tagesanbruch, da die Wildschützen von einem Jagdzug noch nicht heimgekehrt waren, lag Hiesel im Wald unter einer dicht belaubten Buche und verzehrte ein Stück Rehbraten zum Morgenimbiss.

Sein Gewehr lag einige Schritte vor ihm auf dem Boden. Sein Tiras musste zu Hause bleiben, weil er sich einen Dorn tief in den Fuß getreten hatte. Da fügte es sich, dass unvermutet ein herrschaftlicher Förster mit einem seiner Jäger aus dem Gebüsch trat, ohne dass Hiesel ihn bemerkte.

Der Jäger wusste nichts dringenderes, als sich sogleich des Stutzens zu bemächtigen, und der Förster forderte den Hiesel auf, sich gutwillig zu ergeben, wenn ihm sein Leben lieb wäre.

Hiesel sah beide lächelnd an und aß ruhig mit großem Appetit fort.

»Hörst du, Verwegener, was ich gesagt habe?«

»Nicht recht, Herr Förster, wollen Sie mir’s nicht noch einmal sagen?«

»Wie, du wagst es zu spotten? Dein Leben liegt in meiner Hand!«

»Ei potz tausend! Machen Sie doch die Hand auf, ich möchte gar zu gerne einmal mein Leben sehen!«

»Jetzt ist keine Zeit zum Spaß machen. Du folgst uns sogleich!«

»Herr Förster, Sie irren sich schrecklich. Sehen Sie denn gar nicht, dass ein höheres Wesen über mir wacht?«

Mit diesen Worten deutete Hiesel auf den Baum hinauf, unter welchem er lag, in dessen Mitte sein Bube mit angelegtem Gewehr saß.

»Eure Gewehre zu meinen Füßen abgelegt, ihr Hunde«, donnerte nun Hiesel die beiden an, »oder mein Bube schießt euch auf einen Wink von mir euer Spatzenhirn ans dem Kopf!«

Damit hatten jene Hieselfänger nicht gerechnet. Sie legten zitternd ihre Gewehre nieder und schlichen um ihr Leben besorgt davon.

»Hiesel ist kein Esel, der sich zweimal übers Eis führen lässt,« rief er ihnen nach. »Mich sollt ihr gewiss nicht mehr überraschen, ihr Strohköpfe!«

Der Bube kletterte wie eine Waldkatze vom Baum herab und ging nun mit Hiesel tiefer in den Wald, wo sie Kameraden zu treffen hofften, um einer Streife der Türkheimischen Jäger entgegen zu ziehen.

Zwei Wildschützen aßen gerade die frischgebratene Leber eines erlegten Hirsches, als Hiesel ihnen zurief: »Auf, Kameraden, dort kommt die Streife!«

Die Jäger forderten Hiesel auf, sich zu ergeben. Er aber verhöhnte sie, indem er die soeben erbeuteten Gewehre in die Luft abfeuerte und dann an einem Baumstamm zerschmetterte.

Die beiden Schüsse lockten noch andere Wildschützen herbei, und nun ging das Plänkeln an, wobei nur der Jäger von Angelberg am Kopf und am rechten Arm verwundet wurde.

Der verwegene Bube wagte sich zu weit vorwärts, fiel im Dorf Simnach über eine Baumwurzel und wurde sogleich von einem Teil der Streife fortgeschleppt. Hiesel wurde fast rasend über diesen Verlust. Obwohl er mit seinen Kameraden die Streife unter beständigem Schießen bis Ettringen verfolgte, gelang es ihm doch nicht mehr, ihn zu befreien, und er wurde nach Türckheim geführt, von dort aber nach München zu dreivierteljähriger Zuchthausstrafe abgeliefert.

Ein Unstern führte dem Hiesel, als er sich hierauf in die Münsterhausischen Waldungen hinabzog, zwei Jäger, Balthasar Prem und Georg Miller entgegen, welche auf seinen Befehl sogleich mit den Gewehrkolben zu Boden geschlagen, unter wiederholter Drohung des Erschießens auf alle Weise mit Schlägen misshandelt und endlich ihrer Dienstgewehre beraubt wurden.