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Der bayerische Hiesel – Teil 9

Der-bayerische-HieselFriedrich Wilhelm Bruckbräu
Der bayerische Hiesel
Wildschützen- und Räuberhauptmann, landesverrufener Erzbösewicht

Des Müllers Hund

Die Notwendigkeit, einen vollkommen brauchbaren Hund zu bekommen, wurde für Hiesel immer dringender. Da vernahm er, dass ein Müller, eine Stunde von Mähringen, seit einiger Zeit einen äußerst großen, aber sehr wilden Hund abrichte, mit dem Vorsatz, den Hiesel damit zu fangen.

In der Absicht, mit dem Müller einen wohlfeilen Handel zu schließen, besuchte Hiesel als Metzgerknecht angezogen, den Müller, trank gegen Bezahlung eine Flasche Bier und blickte durch das Stubenfenster ganz unbefangen auf den großen Hund, der im Hof mit einer doppelten Kette an seine Hütte geschmiedet war.

»Ihr habt da einen braven Hund«, fing Hiesel an, »aber wild scheint er mir noch zu sein. Da hättet ihr den meinen sehen sollen, der mir auf dem Weg von Kaufbeuren nach Augsburg von einem Spitzbuben von Hiesels Bande erschossen wurde. Den würde ich nicht gegen ein Aufgeld von Dukaten für den Euren getauscht haben.«

»Ihr redet, damit’s halt geredet ist. Wisset, dass mir mein Tiras gar nicht feil ist. Dieser Hund soll noch mein Glück machen.«

»Wie so?«

»Ich fange damit den bayerischen Hiesel, so wahr ich vor Euch stehe.«

»Es wird wohl noch viel Wasser durch Eure Mühle rinnen, bis Euch das gelingt. Der Hiesel ist ein Teufelskerl, den kein Mensch und kein Hund fangen können. Auch ist er kugelfest. Wenn eine Streife auf ihn schießt, fängt er die Kugel mit den Händen auf und wirft sie den Soldaten ins Gesicht.«

»Und wäre Hiesel der Teufel selbst, mein Tiras fängt ihn doch.«

»Lasst mich doch das Wundertier aus der Nähe sehen!«

»Bewahr’ der Himmel, der würde Euch zerreißen!«

»Müller, nehmt mir’s nicht übel, aber ihr schneidet gewaltig auf.«

Aus gekränkter Eitelkeit löste der Müller die Kette ab und führte den Tiras am Halsband in die Stube.

Kaum erblickte dieser den Hiesel, als er sich mit Gewalt losriss, auf ihn zustürzte und mit wütender Kraft packte. Vergebens waren aber seine Bemühungen, den Hiesel zu Boden zu reißen, der fest wie eine Mauer stand.

Dass Hiesel doch werde unterliegen müssen, daran zweifelte der Müller keinen Augenblick, und um so weniger, als der Hund auf sein »Herein, Tiras!« gar nicht achtete. In seiner Herzensangst lief er also davon und versteckte sich in der Mühle.

Hiesel ersah den rechten Augenblick, fuhr dem Hund mit der Hand in den Rachen, presste die Zunge zusammen, warf ihn zu Boden, band ihm die Füße wie einem Kalb zusammen, hing ihn über seine Schultern und trug ihn geradewegs in den nahen Wald, wo schon einige seiner Kameraden ihn erwarteten. In die Mühle schickte er sogleich zwei Kameraden, die dem erschrockenen Müller melden mussten, »dass er heute den bayerischen Hiesel zum ersten Mal, seinen Tiras aber zum letzten Mal gesehen habe.