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Der bayerische Hiesel – Teil 8

Der-bayerische-HieselFriedrich Wilhelm Bruckbräu
Der bayerische Hiesel
Wildschützen- und Räuberhauptmann, landesverrufener Erzbösewicht

Die Früchte des Zuchthauses

Hiesel wusste sich bald in seine neue Lage zu schicken. Er war folgsam und arbeitete mehr als jeder andere, wodurch er sich manche Erleichterung verschaffte. Dass er verraten worden sei, sah er recht wohl ein, und kein Tag verging, an dem er nicht seinem Verräter blutige Rache schwor.

Gerichtsdiener, Jäger und Soldaten waren und blieben ihm nun die verhasstesten Menschen und er hat späterhin oft genug Gelegenheit gefunden, seinen Hass zu kühlen.

Zur Zeit, als Hiesel im Zuchthaus in München saß, im Jahre 1755, war dasselbe noch ohne alle zweckmäßige Leitung. Damals dachte man nicht daran, zu welcher Stufe von Vollkommenheit sich ein Strafinstitut dieser Art bringen lasse. Dieses eben so schwierige wie höchst verdienstvolle Unternehmen blieb dem rastlosen, durch kein Hindernis zu ermüdenden Bestreben des Herrn Barons von Weveld, k. Kämmerers, Ritters des Zivilverdienstordens und Direktors der Zentralstrafarbeitshausdirektion München vorbehalten, der durch fabrikmäßige Arbeiten aller Art die Sträflinge an Fleiß gewöhnt, auf ihre eigenen Kosten ernährt und für sie noch Ersparnisse zurücklegt, womit sie nach Ablauf der Strafzeit ihr weiteres Glück in der Welt versuchen konnten.

Hiesel traf im Zuchthaus alte Wildschützen, von denen er einen förmlichen Unterricht in diesem Geschäft erhielt. Was er noch nicht wusste, lernte er jetzt, und er war ein gelehriger Schüler. Besonders studierte er mit großem Fleiß die verschiedenen Mittel und Wege, sich vor den Nachstellungen und Anfällen der Streifen zu sichern.

Die wahrhaft dumme Art, wonach er gefangen wurde, überzeugte ihn von der Notwendigkeit, einen guten, abgerichteten, wachsamen Fanghund zu haben, der gewiss die Nähe der Streife gewittert und durch Laut geben verraten hätte.

Sich einen solchen gleich nach wiedererlangter Freiheit zu verschaffen, war nein fester Entschluss. Endlich schlug die Stunde der Befreiung, und Hiesel wurde mit den besten Lehren und nachdrücklichen Warnungen gegen einen Rückfall mit einem Vorweis in seine Heimat Kissing entlassen.

Allein anstatt dahin zu gehen, suchte er seine Kameraden auf, von denen er nur noch neun traf. Die Übrigen waren teils z anderen Banden gegangen, teils versprengt, teils gefangen worden.

Es dauerte indes nicht lange, so hatte er schon wieder eine neue Bande von 27 Mann gebildet, aus dienstlosen und davongejagten Jägern, desertierten Soldaten, entlassenen Studenten und anderen liederlichen Burschen bestehend, mit denen er weit und breit das Wild zusammenschoss, und sich so gefürchtet machte, dass jedermann bei dem bloßen Namen »der bayerische Hiesel« zitterte.

Die Gerichte erkannten recht wohl die Gefährlichkeit dieses Menschen und setzten daher eine große Belohnung für denjenigen fest, der ihn zur Strafe ausliefern würde.