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Slatermans Westernkurier 12/2015

Auf ein Wort Stranger,

denn heute heißt das Thema Kopfgeld.

Das Töten von Männern ist meine Spezialität. Für mich ist das ein Geschäft wie jedes andere und ich denke, ich habe meinen Platz in diesem Geschäft.

Tom Horn, 1903

Ich habe Menschen gejagt. Davon habe ich gelebt. Es war ein harter Job. Ich habe Kopf und Kragen dabei riskiert. Wer mir nicht glaubt, soll sich die Narben an meinem Körper ansehen. Ich habe nie aus dem Hinterhalt geschossen, bei mir hatte jeder Mann eine Chance.

Man hat mich verachtet.
Warum?

Weil ich auf eigene Faust auf Verbrecherjagd gegangen bin, ohne durch ein Abzeichen auf meinem Hemd dazu legitimiert zu sein, weil ich Geld damit verdient habe?

Das sei unmoralisch, hat man gesagt.

Mein Gott, sind dann die, die die Steckbriefe und die Kopfprämien erfunden haben, nicht auch unmoralisch?

Jack Stapp Dunlay in seinen Memoiren »The Story of a Menhunter«

Das Buch erschien als Privatdruck im Jahre 1909 in Kalifornien.

 

Im wilden Westen galten sie als Parias der Gesellschaft, als Killer, die ihr blutiges Handwerk im Schatten des Gesetzes ausübten. Auch heute noch haftet ihrer Gilde ein zweifelhafter Ruf an. Dabei wird allerdings nie berücksichtigt, dass die Behörden selbst das Treiben von privaten Menschenjägern förderten und sanktionierten, indem sie Steckbriefe herausgaben, auf denen für die Ergreifung von gesuchten Verbrechern Belohnungen versprochen wurden, und damit die Prämienjagd legitimierten.

Dennoch war in jenen Tagen das Auftreten von Kopfgeldjägern, also Männern, die ihren Lebensunterhalt ausschließlich mit der Jagd auf steckbrieflich gesuchte Verbrecher bestritten, außerordentlich selten.

Kein Wunder bei den Voraussetzungen für diese Art von Job.

Wer auf eigene Faust die Fährte eines Kriminellen aufnahm, um sich seine Kopfprämie zu verdienen, benötigte Ausdauer, Geduld, Zähigkeit, Mut und Erfahrung. Er musste ein guter Schütze sein, gewohnt, lange und hart zu reiten, er musste Spuren lesen können wie ein Indianer und wie ein wildes Tier den Unbilden der Natur trotzen.

Er war völlig auf sich allein gestellt. Wenn es ihm gelang, sein Opfer aufzuspüren, hatte er von keiner Seite Hilfe zu erwarten. Weder standen ihm andere Bürger bei, noch konnte er von den beamteten Gesetzesvertretern Unterstützung erwarten. Diese sahen in ihm meistens einen lästigen Konkurrenten.

Ein Menhunter musste den Kampf mit dem Verfolgten immer allein ausfechten.

Dabei war der Lohn für die oft wochen- oder gar monatelange Verfolgung nicht immer die ausgelobte Kopfprämie, sondern oftmals eine Schussverletzung oder sogar ein Platz auf dem Stiefelhügel irgendeiner kleinen Stadt.

Selbst Sheriffs, Town oder US Marshals hatten große Schwierigkeiten, flüchtige Verbrecher zu stellen, obwohl sie auf die Mithilfe der Bevölkerung zählen konnten und einen riesigen Behördenapparat hinter sich hatten.

Für einen Einzelgänger, der nur aus Profitgier Verbrecher jagte, war es ungleich schwerer.

Das Risiko war groß und der Lohn auf lange Sicht sehr gering.

Straftäter, die für Schlagzeilen sorgten und auf die Kopfprämien von 5000 Dollar oder mehr ausgesetzt waren, blieben für sie unerreichbar. Wenn Behörden in solchen Fällen versagten, traten gut organisierte Privatdetekteien wie zum Beispiel die Pinkerton Agentur in Aktion, die in der Lage waren, mit einem Team von Detektiven im großen Stil nach den Gesuchten zu fahnden. Für den einsamen Kopfgeldjäger blieben nur die Gelegenheitsverbrecher, kleine Betrüger, Postkutschenräuber oder Falschspieler übrig, deren Ergreifung den Behörden selten mehr als 200 oder 300 Dollar wert waren.

Das mag auch der Grund sein, warum der professionelle Kopfgeldjäger in der Justizgeschichte des amerikanischen Westens eher eine untergeordnete Rolle spielte. Im Gegensatz zu der endlosen Liste von Revolvermännern, Marshals, Ranchern und Cowboys gibt es heute kaum mehr als eine Handvoll von ihnen, an die man sich noch erinnert.

Tom Horn, wohl der Bekannteste von ihnen, endete im November 1903 unter dem Galgen, weil er einigen mächtigen Männern einer Viehzüchtervereinigung im Weg war.

Robert Ford, der Mann, der Jesse James erschoss, musste nach Morddrohungen sogar seinen Heimatstaat Missouri verlassen. Jack Stapp Dunlay landete, nachdem ihm eine hinterhältige Kugel die Hüfte zerschmettert hatte, als Krüppel im Rollstuhl.

Ein anderer, der seine Taten unter dem Deckmantel eines Weidedetektivs begann, war Charles Siringo.

Aber auch heute noch gibt es Männer, die im Schatten des Gesetzes auf eigene Faust Jagd auf Straftäter machen, um sich die ausgeschriebenen Prämien zu verdienen.

Jimmy Brokate brachte 1973 seinen 50. Mörder zur Strecke und Duane »Dog« Chapmann ist heute noch im Südwesten aktiv und sogar ein Star in diversen lokalen TV-Sendern.

Beide arbeiten wie der historische Kopfgeldjäger allein, nur mit dem Unterschied, dass sie das Pferd durch Auto, Flugzeug und PC ersetzt haben. Dennoch gehören sie und ihre Arbeit einer Zeit an, die längst vorüber ist.

Eine Zeit, in der noch das Faustrecht Gesetz war.

Sie sind das letzte Überbleibsel jener Jahrzehnte, in denen der Westen Amerikas noch wild und unbesiedelt war. Sozusagen lebende Fossilien.

In diesem Sinne

Euer Slaterman

Quellenangaben: