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Pamfilius Frohmund Eulenspiegel 5

Pamfilius-Frohmund-EulenspiegelDer durch eine steinalte, boshafte, drachenhässliche Teufels-Hexe in allerlei Viecherln verzauberte und durch einen Teufels- und G’waltsrausch wieder glücklich erlöste
Pamfilius Frohmund Eulenspiegel,
Erzkalfakter und einziger Sohn des weltberühmten Till Eulenspiegels,
nebst Pamfilis ganz neue, höchst lustigen Abenteuer, lustigen Streichen und tollen Possen
Altötting, Verlag der J. Lutzenberger’schen Buchhandlung.

Pamfilius verrückt einer Pfarrersköchin den Kopf

Ich wusste nun genug, um einen Plan darauf zu bauen und ging geradewegs in den Pfarrhof. Die Tür eines kleinen Gartens vor dem Haus stand offen, und in demselben war eine Weibsperson eben beschäftigt, Salat auszuziehen.

»Gelobt sei Jesus Christus!«, grüßte ich sie.

»In Ewigkeit!«, antwortete sie aufstehend.

»Ist der hochwürdige Herr Pfarrer nicht daheim?«

»Nein. Was wollt Ihr?«

»Ihr seid vermutlich die Jungfrau Köchin, weil Ihr etwas so Vornehmes an Euch habt, sodass ich fast glauben möchte, Ihr wärt eine nahe Verwandte des hochwürdigen Herrn Pfarrers.«

Sie schaute mich aufmerksam an. Mein jugendliches Aussehen schien ihr zu gefallen.

»Beides ist wahr«, erwiderte sie mit einer freundlicher gewordenen Miene.

»Jungfrau Köchin, konnte ich nicht im Pfarrhaus gegen Bezahlung eine Nachtherberge erhalten, da ich als Edelmann und frommer Pilger in Folge eines Gelübdes nach Jerusalem gezogen und jetzt zurückgekehrt, schicklicher Weise doch nicht in einem Dorfwirtshaus übernachten kann.«

Die »Bezahlung« und der »Edelmann« schienen auf die Jungfrau Köchin einen guten Eindruck gemacht zu haben, denn sie sagte: »Recht gerne will ich Euch die Nachtherberge gewähren, und sicher wird auch der Herr Pfarrer nichts dagegen einzuwenden haben. Ich kenne ja das gute Herz meines Herrn Oheims. Tretet nur herein! Der Herr Pfarrer wird gleich von einem Krankenbesuch heimkommen.«

Sie führte mich in die Stube zu ebener Erde, setzte mir Brot, Butter, Käse und einen Krug Bier vor und nahm mir gegenüber Platz. Wir hatten aber kaum einige Worte gesprochen, als auch der alte Herr Pfarrer kam und seine größte Freude darüber äußerte, dass ich bei ihm eingekehrt sei, indem die ordentlichen Pilger immer seltener würden und gewöhnlich ihre Kutten ein verdächtiges Unterfutter hätten. Auf den Wunsch des Herrn Pfarrers sollte ich einiges aus meinem Leben erzählen, die Reise nach Jerusalem aber erst nach dem Nachtessen, da er inzwischen seine morgige Sonntagspredigt noch einstudieren müsse.

»Ich bin der einzige Sohn eines Edelmannes am Rhein«, begann ich, »habe jedoch während meiner fast dreijährigen Abwesenheit Vater und Mutter verloren und bin dadurch der Erbe von drei schuldenfreien Rittergütern geworden. Von Kindheit an trug ich ein inniges Verlangen in mir, am Grabe unsres Erlösers in Jerusalem zu beten, und endlich habe ich dieses Verlangen auch ausgeführt, aber unter Beschwerden und Gefahren, denen ich wieder glücklich entkommen bin, von welchen sich aber niemand eine Vorstellung machen kann. Nun muss ich die Geschäftsführung der drei Verwalter meiner drei Rittergüter überwachen, was für mich eine schwere Aufgabe ist, da ich von der Landwirtschaft, der Viehzucht und dem Weinbau in meinen vielen Weinbergen so viel wie gar nichts verstehe, so hin gewiss von allen Seiten betrogen werde.«

»Ja, ja, das lässt sich voraussehen«, meinte der Herr Pfarrer.

»Ich würde Euch raten, Herr Edelmann«, sagte die Köchin, »auf jedes Rittergut eine tüchtige Wirtschafterin zu setzen, die alles von Grund auf weiß und allen Dienstleuten streng auf die Finger sehen könnte. Diese drei Personen müssten unter der Aufsicht einer Oberwirtschafterin stehen, welche sich bei Euch selbst aufzuhalten hätte, um am Schluss jeder Woche in Eurer Gegenwart die Abrechnung der drei anderen Wirtschafterinnen zu untersuchen. Es gibt schon noch solche redliche Weibsleut und die Unredlichen getrauen sich doch nicht, gar so unverschämt zu stehlen, wie ein Verwalter, der dadurch selbst noch ein Rittergutsbesitzer zu werden hofft.«

»Ihr mögt recht haben, Jungfrau Köchin«, erwiderte ich, »aber die beste Wirtschafterin ist doch nie so gut und nützlich wie eine rechtschaffene, erfahrene und verständige Frau. Ich bin daher gesonnen, sobald wie möglich zu heiraten, und zwar eine Person, die imstande ist, durch ihre Kenntnisse die Oberleitung meiner großen Besitzungen mit dem besten Erfolg übernehmen zu können. Ich würde es ihrer Einsicht überlassen, alle zu ihrem Zweck nötigen Einrichtungen nach ihrem Belieben zu treffen.«

»Ein Fräulein zu finden, wie ihr es zur Gemahlin wünscht, dürfte unter dem Landadel doch nicht gar zu schwer sein, denk’ ich«, äußerte der Herr Pfarrer.

»Derlei Fräulein kenn’ ich schon. Sie wollen nur vornehme Damen spielen, schöne Kleider tragen, Gesellschaften geben und Vergnügungen nachjagen, kümmern sich aber den Kuckuck um die Haus- und Landwirtschaft. Vollends wenn sie ein sogenanntes Vermögen haben, sei es auch noch so klein, dann schwellen sie vor Hochmut auf, wie eine am Spieß frisch gebratene, gefüllte Taube, und werden unerträglich.«

Die Köchin lachte und nickte mir beistimmend zu.

In diesem Augenblick wurde an die Tür geklopft, und ein armes altes Weib trat ein und bat demütig um ein Almosen, da es heute für sich und ihre fünf Kinder noch keinen Bissen Brot gehabt habe, indem der Nährvater, ein Waldarbeiter, noch nicht heimgekommen sei.

Wahrscheinlich wollte mir die Köchin zeigen, was für ein mildtätiges Herz sie den Armen gegenüber habe, und legte für die Arme sichtbar einen Kreuzer auf den Rand des Tisches, damit ich nicht glauben sollte, dass es nur ein Pfennig sei. Der Herr Pfarrer drückte ihr eine Münze in die Hand, wenn ich recht gesehen habe, einen Dreier, ich aber auf die nämliche Weise einen Taler mit den Worten: »Geh gleich fort zu deinen Kindern!«

Als nun die Arme mit einem schnellen Blick den Taler erkannte, ging sie nicht gleich fort, sondern fiel mir zu Füßen und dankte mir unter Freudentränen. Ich schob sie sacht zur Tür hinaus. Die Köchin war blutrot geworden, wahrscheinlich wegen ihres Kreuzers gegenüber meinem Taler.

»Ich bin wirklich recht neugierig, wer meine Frau werden wird«, sagte ich, »ich will keine junge, die keine Erfahrung im Geschäft hat. Die Dienstleute zeigen keinen Respekt vor einer solchen und lachen sie nur aus. Meinetwegen darf sie 12 und 15 Jahre älter sein als ich, wenn sie mir nur gefällt. Seitdem ich Euch gesehen habe, Jungfrau Köchin, weiß ich schon, wie meine Künftige aussehen und beschaffen sein muss.«

»Ei, wie Ihr schmeicheln könnt! Da sieht man den Herrn Edelmann!«

»Dass ich nicht schmeichle, werde ich Euch späterhin beweisen, wenn ich auf meinen Rittergütern angekommen bin, und gerade deshalb will ich meine Reise beschleunigen und sie morgen mit Tagesanbruch fortsetzen.«

Ich warf ihr einen schalkhaften Blick zu, der sie in eine freudige Aufregung brachte. Bald darauf begann das Nachtessen, bei welchem auch ein guter Wein nicht fehlte, der mich zur Erzählung meiner Reise nach Jerusalem begeisterte. Erst spät begab ich mich zur Ruhe.