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Pamfilius Frohmund Eulenspiegel 4

Pamfilius-Frohmund-EulenspiegelDer durch eine steinalte, boshafte, drachenhässliche Teufels-Hexe in allerlei Viecherln verzauberte und durch einen Teufels- und G’waltsrausch wieder glücklich erlöste
Pamfilius Frohmund Eulenspiegel,
Erzkalfakter und einziger Sohn des weltberühmten Till Eulenspiegels,
nebst Pamfilis ganz neue, höchst lustigen Abenteuer, lustigen Streichen und tollen Possen
Altötting, Verlag der J. Lutzenberger’schen Buchhandlung.

Pamfilius als Edelmann

Nach einiger Zeit kam ich in die Stadt Streblingen, wo ich mir bei einem Mechaniker einen Taschenpilgerstab nach meiner Angabe machen ließ.

Er sah aus, wie ein Maßstab in Quinten zum Zusammenlegen, um ihn nach Gefallen in eine meiner weiten Taschen stecken zu können, wenn es gerade mein Plan erforderte, nicht in der Tracht eines Pilgrims zu erscheinen.

In dem Wirtshaus, wo ich Einkehr nahm, war mein Erstes, dass ich mich sogleich umkleidete und ich erschien nun wie ein Edelmann gekleidet, trug einen bordierten spitzen Hut mit dem funkelnden Schweif eines Paradiesvogels und ein kurzes, reich gesticktes Mäntelchen, sodass ich als ein hübscher junger Mann ganz nobel aussah. Diesen Anzug hatte ich zur Zeit, da ich Hofnarr des Herzogs von Assingen gewesen war, in der Garderobe desselben zum Scherz anprobiert, und ihn so passend gefunden, dass ich im Ernst vergaß, ihn wieder zurückzutragen, was im Grunde auch gar nichts auf sich hatte. Denn wenn ich den Herzog gebeten hätte, mir diesen Anzug zu schenken, so hätte er ihn mir auch ohne weiteres geschenkt. Ich bat ihn nur deswegen nicht darum, weil ich ihn mit meinem Dank nicht belästigen und seiner kostbaren Zeit berauben wollte.

In diesem prächtigen Anzug, bei dessen Anblick der Wirt, seine Schmeerkappe vom Kopf riss, ging ich schnurstracks zum Bürgermeister der Stadt, dem ich mich als den berühmten Doktor aller Wissenschaften und Künste vorstellte und zugleich das Ansuchen stellte, am Abend des anderen Tages meine interessante Reise nach Jerusalem gegen ein Eintrittsgeld von nur zwei Silbergroschen per Person in dem großen Rathaussaal vortragen zu dürfen, damit auch der Unbemittelte dieses belehrende außerordentliche Vergnügen sich verschaffen kann. Natürlich will ich die Einnahme nicht für mich behalten, sondern zu wohltätigen Zwecken verwenden, denn ich habe selbst Geld genug, bemerkte ich. Die Hälfte der Einnahme bestimme ich für die hiesigen Armen, und die andere Hälfte bring’ ich den Armen des abgebrannten Dorfes Alternach, das zu meinem Rittergut in Mecklenburg gehört.

Am Abend des anderen Tages betrug die Einnahme für die Erzählung meiner Reise nach Jerusalem ungeachtet des geringen Eintrittsgeldes achtzehn Taler und zwölf Groschen, wovon ich die Hälfte dem Armenpfleger gab, der sie in die Armenkasse oder in die seine legte, was ich nicht weiß. Die andere Hälfte war mein rechtmäßiges Eigentum, da es ein Dorf Alternach gar nicht gab, daher es auch nicht abbrennen konnte. Da ich mich in dieser Stadt nicht länger aufzuhalten gedachte, bis mein Pilgerstab fertig war, so wanderte ich am dritten Tag als vollendeter Pilgrim frohen Mutes zum Tor hinaus.

Gegen Abend kam ich in die Nähe eines Dorfes, dessen auf einer kleinen Anhöhe liegendes Pfarrhaus mir gastfreundlich zuwinkte. Eine Bäuerin, die ich auf einem Krautfeld antraf, fragte ich, wie denn der Herr Pfarrer beschaffen sei, und ob ich denn eine gastfreundliche Aufnahme bei ihm für diese Nacht hoffen dürfe.

»Oh, der hochwürdige Herr Pfarrer«, antwortete die Bäuerin, »ist ein kreuzbraver Herr und ein freigebiger Vater der Armen, denen er immer gibt, wenn man ihn allein antrifft und seine Köchin es nicht verhindern kann, eine Tochter seiner Schwester, wie sie sagt, auch schon eine Vierzigerin, der Herr Pfarrer ist schon 71 Jahre alt. Diese Köchin ist habsüchtig und hartherzig, sie hat sich bei dem Herrn Pfarrer seit 16 Jahren schon viel Vermögen zusammen gestohlen, denn sie stiehlt wie ›a Dachl‹. Den Armen vergönnt sie kein Stücklein Brot. Sie scharrt Geld zusammen, so viel sie nur kann, weil sie schon lange gern heiraten möchte. Aber wer sie kennt, der nimmt sie nicht, und wer sie nicht kennt und sich nach ihr erkundigt, der nimmt sie dann erst recht nicht. Im ganzen Dorf ist sie verhasst.«