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Der Freibeuter – Unerwartet schlechter Empfang

Der-Freibeuter-Zweiter-TeilDer Freibeuter
Zweiter Teil
Kapitel 1

Kaum hatte der Führer der Fregatte den Fuß an Land gesetzt, als ihm der königliche Inspektor des Hafens den Befehl des Königs ansagte, sich ohne Verzug bei des Königs Majestät anmelden zu lassen und der ferneren Befehle gewärtig zu sein. Befremdet über diese unerwartete unfreundliche Strenge übergab Kapitän Norcroß seinem Lieutenant den Oberbefehl der Fregatte und ging in sich gekehrt zum Palast. Er trat in die königlichen Gemächer mit jener einfachen würdigen Haltung, welche dem Mann, der sich seines Wertes bewusst ist, eigen zu sein pflegt und welche dem edlen Norcroß, der niemals vergaß, dass altadliges britisches Blut in seinen Adern floss, zur Natur geworden war.

Im Vorzimmer waren mehrere hohe Standespersonen versammelt, welche dem König aufwarten wollten. Es waren einige darunter, welche Norcroß kannte, einige, die er sich feindlich gesinnt wusste. Alle diese Herren dankten kaum seinem Gruß. Auf den Gesichtern seiner Gegner sah er ein spöttisches Lächeln. Die Kälte aller war zu auffallend, um nicht tief empfunden zu werden. Das britische Blut empörte sich, er lehnte schweigend in einer Fensterbrüstung und quälte sich mit Vermutungen.

Hier hatte ihn kaum ein Kammerfunker erblickt, als derselbe, ohne ihn zu befragen, in das Zimmer des Königs eilte. Dies deutete darauf hin, dass man ihn erwartet und der König befohlen habe, ihn sogleich nach seiner Ankunft zu melden. Selbst in diesem Augenblick behielt Norcroß seine Fassung. Seinen Blick richtete er auf die Doppeltür, welche in die Wohn- und Audienzzimmer des Königs führte.

Der Kammerjunker trat heraus und sagte leise zu ihm: »Des Königs Majestät lässt Euch befehlen, morgen früh um sieben Uhr hier zu sein.«

Diese Verzögerung verdüsterte die Seelenstimmung des Kapitäns. Er wünschte nichts sehnlicher, als aus der peinlichen Ungewissheit gezogen zu werden, und er hätte lieber das Schlimmste zur Stelle erfahren, als noch eine Nacht warten zu müssen. Er eilte zu seiner Braut, dem Fräulein von Broke. Als Waise wohnte sie bei ihrem Verwandten, einem königlichen Staatsrat. Kaum hatte er sich im Hause gezeigt, als ihm ein Diener mit schelmischem Lächeln zu ihrer Tür hin die Versicherung gab, Fräulein Broke sei verreist. Ohne Umstände öffnete Norcroß das Zimmer und sah das Fräulein durch eine andere Tür entfliehen. Der Herr Oheim erschien steif und verlegen und erklärte dem ärgerlich verwunderten Seemann, dass seine Nichte gute Gründe habe, den Herrn Kapitän, bevor er sich nicht von den gegen ihn erhobenen Beschuldigungen reinige, nicht zu sehen.

Norcroß ging. Er hatte vergessen, zu fragen, wessen man ihn eigentlich beschuldige. Als er wieder Fassung gewonnen hatte, verfügte er sich zur Wohnung seines Beschützers des Grafen Feldmarschalls Mörner.

Aber auch hier wurde er zu seinem Verdruss abgewiesen und auf den anderen Tag bestellt. Verstimmt suchte er sein Schiff auf und brachte in der einsamen Kajüte nichts weiter heraus, als das Friederikes Raub bereits in Stockholm auf einem schnellen und geheimen Weg bekannt geworden sein müsse, denn die reichen Früchte, welche seine unerschrockene Tapferkeit auf seiner letzten Kaperfahrt der schwedischen Krone zuwege gebracht hatte, hätten ihm sonst einen anderen Empfang bereiten müssen.

Nach einer unruhigen Nacht war er früh auf dem Weg zum König.