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Sebastian Fitzek – Das Joshua-Profil

Sebastian-Fitzek-Das-Joshua-ProfilSebastian Fitzek
Das Joshua-Profil

Thriller, Hardcover, Bastei, Lübbe, Köln, Oktober 2015, 432 Seiten, 19,99 Euro, ISBN: 9783785725450, auch als E-Book erhältlich

In diesem Thriller lernen wir nun den Schriftsteller Max Rhode kennen, der mit Die Blutschule seinen ersten Roman veröffentlicht hat. Max ist nicht gerade erfolgsverwöhnt, lediglich sein erstes Buch bringt ihm einigen Ruhm ein. Ansonsten lebt er recht bescheiden mit Frau und Kind und alles wäre in Ordnung, wenn nicht plötzlich sein Bruder Cosmo, der eigentlich in der Sicherheitsverwahrung einer psychiatrischen Anstalt sitzen sollte, vor seinem Haus auftauchen würde …

Es stellt sich bald heraus, dass Cosmo das kleinste Problem ist, mit dem Max konfrontiert wird. Viel schlimmer ist der sterbende Mann im Krankenhaus, der Max anfleht, sich keines Verbrechens schuldig zu machen. Denn Max ist auserwählt. In wenigen Tagen wird er ein entsetzliches Verbrechen begehen, was für ihn zu diesem Zeitpunkt mehr als absurd klingt. Er ahnt ja nicht, dass es da schon Menschen gibt, die ihn vorher töten wollen. Eine irre Verfolgungsjagd beginnt …

Zuerst möchte ich darauf hinweisen, dass es sinnvoll ist, erst Die Blutschule zu lesen, bevor man sich mit deren Autor auseinandersetzt. Ich zumindest fand, dass sich dann am Ende der Kreis schließt und beide Bücher zu einer Geschichte zusammenfinden. Ich benutze absichtlich den Begriff »Geschichte›, denn Sebastian Fitzek verarbeitet in beiden Romanen nicht nur ein brisantes Thema, welches das Vorstellungsvermögen eines normalen Menschen übersteigt, sondern gleich mehrere. Dabei geht es in erster Linie um Kinder, was die Thematik nicht einfacher macht. Trotz allem ist es Fitzek aber dennoch gelungen, aus Themen wie Gewalt gegen Kinder oder Missbrauch an Kindern einen sehr spannenden und beklemmenden Roman zu liefern, der den Leser dennoch mehr über die Personen, weniger über die Thematik zu fesseln weiß.

Anfangs bleibt der Aufbau der Story in gewohnter Fitzek-Manier leicht konfus bzw. irre. Max’ Schwierigkeiten, die Realität zu durchschauen, überträgt sich zu einem gewissen Grad auf den Leser und ich befürchtete schon ein weiteres „Experiment“ wie beispielsweise in Der Nachtwandler. Doch dann kommen langsam die Hinweise, dass es diesmal anders ist. Das Wissen um den Inhalt der Blutschule tut sein Übriges, um nach und nach die Puzzleteile zusammenzufügen. Was ich nicht so gelungen fand, war, wie die Personen teilweise agieren und mit welchen Mitteln. Das sprengte teilweise mein Vorstellungsvermögen wie beispielsweise die Sache mit der Handgranate, aber da will ich nicht zu viel verraten. Stilistisch war das sicher gut gemeint, realistisch erschien es mir nicht. Auch Max’ Pflegetochter Jola konnte mich nicht recht überzeugen, ihr Verhalten empfand ich nicht als altersgerecht. Das waren aber nur Kleinigkeiten, die der Spannung des Romans kaum schaden, letztendlich geht es darum, wer das Rennen gewinnen kann und ob der Sieger dann tatsächlich auch der Gewinner ist.

Die Verlierer-Rolle ist eindeutig zugeordnet, und es ist in höchstem Maße interessant, wie Fitzek es versteht, dass man als Leser Sympathie für einen Pädophilen empfinden kann. Dem Autor ist es gelungen, diesem nicht nur die Täterrolle, sondern in gewissem Grad auch eine Opferrolle zukommen zu lassen, die sich zwar nicht entschuldigen, aber zumindest Verständnis aufkommen lässt. Cosmo bittet nicht um Verzeihung, sondern zieht seine Konsequenzen. Ein gelungener Schachzug, um zum Nachdenken anzuregen, wie ich meine.

Fazit:
Sebastian Fitzek verarbeitet hier auf 432 Seiten mehrere hochbrisante Themen, die dem Leser so auf unterhaltsame Weise nahegebracht werden, ohne dabei den Zeigefinger zu erheben oder gar die Moralkeule zu schwingen. Bei der Wahl der Mittel, die er den handelnden Personen dabei zur Verfügung stellt, war er dabei nicht zimperlich und hat schon mal Dinge einfließen lassen, die zwar die Handlung vorantreiben, aber nicht immer ganz glaubwürdig erscheinen. Mich hat das beim Lesen wenig gestört, die Handlung selbst stand eindeutig immer im Vordergrund.

Einen Hinweis zum Schluss: Sebastian Fitzeks Nachworte und Danksagungen sind in jedem Buch lesenswert. Bei diesem halte ich es für eine Pflicht, es zu lesen!

(ab)