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Fort Aldamo – Band 2

Band-2-Jetzt-lernt-ihr-Finnewacker-kennenBill Murphy
Fort Aldamo
Die Abenteuer des Master Sergeant Finnewacker
Band 2
Jetzt lernt ihr Finnewacker kennen

Western, Military, Heftroman, Bastei, Köln, 66 Seiten, 1,80 €, Neuauflage vom 01.12.2015, Titelbild von Günter König

Kurzinhalt:

Ja, Freunde, in Fort Aldamo weht ein frischer Wind. Die einst verschlampte Fahne flattert wieder über den Mauern der Strafkompanie. Master Sergeant Finnewacker hat aufgeräumt. Vorbei sind Gammeldienst und Schlendrian. Selbst der Commander erkennt in lichten Momenten zwischen zwei Besäufnissen, dass der neue Master Sergeant alles in den Griff bekommen hat.

Doch unter den Strafgefangenen gärt es. Pulver verschwindet aus der Waffenkammer. Die Sträflinge proben den Aufstand. Da lernen sie Master Sergeant Finnewacker erst richtig kennen. Sein Rezept gegen Terror und Mord lautet: Festungserweiterungskommando …

Leseprobe:

Master Sergeant Finnewacker schickte Sergeant Fitzgerald, der ihm die Kompanie gemeldet hatte, ins Glied und trat vor die Front.

»Guten Morgen, Kompanie!«, rief er. »Guten Morgen, Master Sergeant!«, tönte es im Chor.

Finnewacker ließ den Blick schwei­fen und verschränkte die Hände auf dem Rücken. Das hatte schon besser geklungen, zackiger, eifriger.

»Augen gerade – aus! Rührt euch!«

Finnewacker hörte genau hin.

»Hammelherde!«, bellte er, dass es von den hohen Mauern der alten, von den Konquistadoren erbauten Festung nur so widerhallte.

»Kompanie stillgestanden!«, rief er. »Rührt euch!«

Sechsmal hintereinander befahl er das, ehe er sich zufriedengab.

»Lasst mir nichts einreißen, Män­ner!«, rief er drohend und ging zum rechten Flügel.

Gemächlich schritt er die Front ab, und wen er anschaute, der schlug die Hacken zusammen und stand stramm. Und er sah jeden an. Das war so seine Gewohnheit.

Die langen Haare eines großen Bur­schen im ersten Glied des zweiten Zuges fielen ihm auf.

»Name!«

»Abraham Moore!«

Finnewacker sah den Zugführer an. »Hast du das gehört? Was ist denn das für eine trübe Tasse? Will mich der Kerl verarschen? Gleich am frühen Morgen?«

»Infanterist Moore!«, rief der Sträf­ling laut, bevor Sergeant Wallowa, sein Zugführer, etwas erwidern konnte.

Finnewacker fixierte den Sträfling. »Mein lieber Mann! Reiß dich bloß am Riemen. Sonst bricht’s zusammen. Klar?«

»Aye, Master Sergeant!«, erwiderte der Mann in strammer Haltung und laut und deutlich.

»Deine Haare sind zu lang! Gib den Sanis heute übend einen Fünfziger, und dann ändern die das gern ab. An­schließend meldest du dich bei mir zum Rapport.«

»Zu Befehl, Master Sergeant!«

»Du bist gerade noch so am Fes­tungserweiterungskommando vorbei- gerutscht«, sagte Finnewacker ernst. »Nimm dich bloß zusammen, du komischer Vogel. Das rate ich dir!«

Er schritt weiter. Das Hackenschla­gen war Musik in seinen Ohren. Eine Melodie, die er liebte.

Vor dem zweiten Zug blieb er stehen. Im dritten Glied stand ein Mann beide Brusttaschen offen.

»Du scheinst dich zum Festungs­erweiterungskommando geradezu zu drängen, du Hecht.«

Der Sträfling nahm Haltung an und bekam einen roten Kopf.

»Beide Taschen da oben offen. Willst du darin vielleicht den Sand weg­schleppen?«

Der Sträfling rührte sich nicht, sah starr geradeaus.

Finnewacker ging weiter, hob die linke und wedelte sie kurz hin und her.

»Festungserweiterungskommando! Merk dir das! Das nächste Mal bist du fällig.«

Man konnte den Stein förmlich auf­schlagen hören, der dem Sträfling vom Herz fiel.

Seit Master Sergeant Finnewacker das Festungserweiterungskommando erfunden hatte, gab es in Aldamo nichts Gefürchteteres.

Am Ende des zweiten Zuges blieb Finnewacker stehen und reckte sich auf die Stiefelspitzen.»Krankmeldungen!«, rief er.

Er wartete eine Weile. Aber da rührte sich nichts. Drückebergerei hatte er in Aldamo ausgemerzt. Krank meldete sich nur, wer das auch wirklich war. Sonst fand er sich beim Festungs­erweiterungskommando wieder.

Fort Aldamo, eine alte von den Kon­quistadoren erbaute Festung, diente seit Kriegsende einer Strafkompanie der US Kavallerie als Standort.

Um die Sträflinge sinnvoll zu be­schäftigen und zu läutern, war Fin­newacker auf die Idee gekommen, die flachen Hänge des Hügels, auf dem das Fort stand, abzutragen und ringsum zehn Meter hohe Mauern zu errichten, damit feindliche Kavallerie erst gar nicht an die eigentlichen Festungs­mauern herankommen konnte.

Zur Arbeit im Festungserweite­rungskommando wurde komman­diert, wer irgendwie aufgefallen war, die große Klappe gehabt oder seinen Dienst vernachlässigt hatte. Drei Tage Festungserweiterungskommando wa­ren das Mindeste.

Und die Chargierten, die Corporale und Sergeanten, die im Gegensatz zu den in grauen Drillich gekleideten Sträflingen die blaue Uniform der US Kavallerie trugen, passten auf und meldeten jeden Mann, der sich eine Verfehlung hatte zuschulden kommen lassen, damit das Festungserweite­rungskommando stets stark genug war.

Bis zum Ende des vierten Zuges schritt Finnewacker. Dort machte er kehrt, und dann kam auch schon das Kommando: »Festungserweiterungs­kommando – rechts raustreten, marsch marsch!«

Hastiges Gedränge entstand. Vier­zig Männer verließen die Reihen und rannten zum rechten Flügel.

Vierzig Mann! Finnewacker grinste zufrieden.

Der Sergeant, der für diesen Tag als Kommandoführer eingeteilt war und die vier Corporale, die da draußen Wache stehen mussten und die Karabiner zum Morgenappell schon mitgenommen hat­ten, traten hinzu und reihten sich ein.

»Gerätschaften aufnehmen und ab­rücken!«, befahl Finnewacker.

Sergeant Larsen, der an diesem Tag als Kommandoführer eingeteilt war, trat vor die vierzig Sträflinge.

»Festungserweiterungskommando – rechts um! Im Gleichschritt marsch!«

Das Festungserweiterungskommando marschierte um den Flaggen­mast zum Pferdestall, vor dem Schau­feln, Hacken, Brechstangen und leere Säcke bereitlagen. Fein gesäubert vom Dreck des Vortages. Mit den Säcken wurden das Erdreich und der Sand in die Wüste getragen und dort breit gestreut, damit keine neuen Hügel entstanden, hinter denen Angreifer Deckung nehmen konnten:

Vor dem Pferdestall stand auch der Karren mit den Wasserkannen bereit, damit die Männer genug zu trinken hatten. Sie sollten ja dort draußen etwas leisten. Und wehe nicht! Die vier Cor­porale, die mit Karabinern bewaffnet waren, sollten die Sträflinge eigentlich bewachen, waren aber von Finnewacker angehalten worden, die Sträflinge zur Arbeit anzutreiben.

Fort Aldamo, diese alte spanische Festung, lag inmitten einer weiten san­digen Ebene auf einem Hügel, die von zwei gewaltigen Gebirgszügen im Osten und Westen eingerandet wurden, die sich von Norden nach Süden hin erstreckten. Eine Flucht von Fort Aldamo war zu Fuß unmöglich. Es gab weit und breit keine Wasserstellen.

Im Stall der Festung standen ein Dutzend Pferde, mit deren Hilfe die Chargierten jeden Sträfling mühelos einholen und nach Aldamo zurückbrin­gen konnten.

Es hatte schon Ausbruchsversuche gegeben. Da waren Männer von einem Außenkommando einfach davongelau­fen. Zurückgebracht worden waren sie alle. Doch die wenigsten davon lebend. Der größte Teil dieser Männer lag auf dem Friedhof, der sich außerhalb der Festung befand und den ein Arbeits­kommando gerade in Ordnung brachte.

Mit Finnewackers Lieblingslied vom wackeren Schornsteinfeger zog das Fes­tungserweiterungskommando zum Tor hinaus.

Auch die Männer des Friedhofskom­mandos marschierten mit dem Schorn­steinfegerlied aus der Festung.

Lustig klang das.

»Schornsteinfeger, das bin ich, simse­rimsimsim, fegen kann ich meisterlich, simserimsimsim …!«

Doch was die Männer dort draußen erwartete, war nicht lustig, sondern knochenharte Schinderei. In diesem Wüstenklima war nicht einmal das Friedhofskommando Zuckerschle­ckerei.

Die Männer mussten die Grabhügel neu aufschütten, die der Wind zerweht hatte, die Wege harken und die Kreuze streichen. Keine schwere Arbeit? Pau­senlos brannte die Sonne vom Himmel.

Finnewacker ließ den Rest der Kom­panie zum Dienst nach Plan wegtreten und begab sich in die Kommandantur. Hinten im Regal stand seine Zigarren­kiste. Er nahm sich eine von Warren­tons Brasil heraus und steckte sie an.

»Ordonnanz!«, bellte er.

Die Tür zur Schreibstube flog auf, und der Sträfling, der zum Ordonnanz- dienst eingeteilt war, spritzte heraus und nahm Haltung an.

Er war zu viereinhalb Jahren Straf­kompanie verurteilt worden. Weil er in Fort Brinks an der mexikanischen Grenze in Texas eine Kanone gestoh­len und nach Mexiko verkauft hatte. Drei Jahre hatte er in Aldamo bereits heruntergerissen, als ihn Finnewacker zum Ordonnanzdienst einteilte, weil Finnewacker viereinhalb Jahre Straf­kompanie für den Diebstahl einer alten Kanone aus dem Krieg als zu hart empfand. Für die Armee hatte diese alte Kanone ja nur noch Schrottwert gehabt.

»Saus mal in die Küche, du alter Ka­nonenklauer, und hole mir eine Tasse Kaffee. Aber frisch aufgebrüht, bitte ich mir aus!«

»Zu Befehl, Master Sergeant!«, rief der Sträfling und flitzte davon.

Finnewacker warf den Hut auf die Platte des langen Tisches und nahm daran Platz. Vor dessen Stirnseite stand ein großer Schreibtisch, dahinter ein bequemer Sessel. Der Platz des Commanders von Aldamo.

Commander der alten spanischen Festung und Chef der Strafkompanie war Captain Sayer. Aber der Cap­tain ließ sich selten blicken, hielt sich hauptsächlich in seiner Unterkunft auf und trank Sergeant Warrentons teuren Whisky.

Sergeant Warrenton hatte die Klei­der- und Waffenkammer unter sich und betrieb nebenbei einen schwungvollen Handel mit Whisky, Bier, Zigaretten und Zigarren. Was Finnewacker nicht passte, weil Warrenton seinen Kame­raden, den Corporalen und Sergeanten, damit das Geld aus den Taschen zog. Aber der Sergeant hatte zu diesem Nebengeschäft die ausdrückliche Ge­nehmigung des Captains.

Irgendwann würde er das ändern.

Doch noch gab es Wichtigeres zu tun, und Finnewacker war froh, dass ihm der Captain da nicht dreinredete. Er würde das Fort schon in Ordnung bringen. Auch die Kleiderkammer.

Quelle:

  • Bill Murphy: Fort Aldamo. Die Abenteuer des Master Sergeant Finnewacker. Band 2. Bastei Verlag. Köln. 01.12.2015