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John Tanner – Das Leben eines Jägers 24

John Tanner
Das Leben eines Jägers
oder
John Tanners Denkwürdigkeiten über seinen 30-jährigen Aufenthalt unter den Indianern Nordamerikas
Erstmals erschienen 1830 in New York, übersetzt von Dr. Karl Andree

Vierundzwanzigstes Kapitel

Wenige Tage nach jenem blutigen Auftritt verfiel Ta-busch-schisch in eine schwere Krankheit. Das Fieber suchte ihn heim, und er magerte in einer schreckenerregenden Weise ab. Wir glaubten alle, er müsse sterben. Da übersandte er dem Wa-me-gon-a-biew zwei Kessel nebst anderen Geschenken von beträchtlichem Wert und ließ ihm dabei Folgendes ausrichten.

»Mein Freund, ich habe dich verunstaltet, und du hast mich krankgemacht. Ich habe viel gelitten. Wenn ich sterbe, dann werden meine Kinder noch mehr leiden. Ich sende dir dieses Geschenk, damit du mich leben lässt.«

Wa-me-gon-a-biew aber trug dem Boten auf, er möge jenem mitteilen, dass er gesagt habe: »Ich bin nicht schuld an deiner Krankheit, kann dir auch deine Gesundheit nicht wieder verschaffen und will von deinen Geschenken nichts wissen.«

Er blieb einen ganzen Monat krank, und alle Haare fielen ihm aus. Allmähich aber erholte er sich wieder. Wir zogen dann alle zu der Prärie und trennten uns; der eine nach dieser, der andere nach jener Gegend.

Als die Frühjahrsjagd beendet war, dachten wir an einen Zug gegen die Sioux. Unter unseren nächsten Nachbarn bildete sich ein Kriegshaufen, der aber ziemlich schwach blieb, bis Wa-ge-to-te mit sechzig Mann zu uns stieß. Nach einem viertägigen Marsch kamen wir in einem Dorf an, in welchem Ta-busch-schisch wohnte, und schlugen neben seiner Hütte unser Lager auf. Da wir im Begriff waren, abzureisen, trat er uns auf einmal bemalt und nackt vor die Augen und hielt die Waffen in den Händen. Wir sahen ihm an, dass er sehr wütend war. Er kam langsam auf uns zu, aber keiner wusste recht, was er wollte, bis er endlich sein Gewehr auf Wa-me-gon-a-biew anschlug und sprach: Mein Freund, wir haben lange genug gelebt. Wir haben einander hinlänglich gemartert und viel Böses zugefügt. Ich habe dich bitten lassen, du möchtest nun zufrieden sein mit den Qualen, welche mir die Krankheit bereitet, aber du hast es nicht gewollt. Du fährst fort, mich durch Krankheit zu peinigen. Dadurch wird mir das Leben unerträglich und wir müssen beide sterben.«

Ein Sohn Wa-ge-to-tes und ein anderer junger Mann legten, jeder von einer anderen Seite her, ihre Pfeile auf ihn an, als sie sahen, was eigentlich seine Absicht war. Er achtete aber gar nicht darauf. Wa-me-gon-a-biew fürchtete sich sehr und wagte nicht, seine Augen aufzuschlagen. Ta-busch-schischs Absicht war, sich mit ihm in einen ehrlichen Zweikampf einzulassen. Er war aber zu feige, um auf einen solchen Vorschlag einzugehen. Seit dieser Zeit achtete ich ihn noch viel weniger als bisher, denn es ging ihm alle Herzhaftigkeit und das unerschrockene Wesen ab, welches man allgemein bei den Indianern findet. Weder Ta-busch-schisch noch ein anderer Mann von seiner Gruppe schloss sich uns an. Wir setzten daher unseren Marsch fort, irrten umher, von Stelle zu Stelle, da wir doch dem Feind gerade hätten entgegen ziehen müssen. Und so ging der Sommer hin. Wir hatten nichts weiter getan, als auf Bisons Jagd gemacht. Als die Blätter fielen, kehrte ich nach Pembina zurück, und wollte von dort mich nach der Winterwohnung des Handelsmannes begeben, der mir den Rat gegeben hatte, wieder in die Staaten zu gehen. Da erfuhr ich aber, dass zwischen den Vereinigten Staaten und Großbritannien Krieg ausgebrochen sei, hörte auch von der Einnahme Mackinacks und kam daher von meinem Vorsatz zurück. Ich mochte nicht über die Grenze gehen, auf welcher beide Völker kämpften. Es war zu gefährlich.

Im nächsten Frühling fand unter den Chippewa vom Red River eine allgemeine Bewegung gegen das Land der Sioux statt. Die eigentliche Absicht war aber, wie wenigstens alle eingestanden, nicht, sie anzugreifen oder zu beunruhigen, sondern zu jagen. Ich befand mich bei einer zahlreichen Gruppe, unter Anführung Ais-ain-ses, dessen Bruder Wa-ge-to-ne, ein sehr angesehener Mann war. Wir gingen den Red River etwa hundert Meilen hinauf und trafen dann einen Handelsmann, Herrn Hanie, der uns etwas Rum abließ. Damals wohnte ich gemeinschaftlich mit mehreren anderen Männern, die beinahe alle Verwandte meiner Frau waren, und ihre Familien bei sich hatten, in einer langen Hütte, in welcher zwei oder drei Feuer brannten. Es mochte einst wohl Mitternacht oder noch später sein, ich lag im tiefsten Schlaf, da packte mich plötzlich ein Mensch an und zog mich an der Hand in die Höhe. Es glimmten noch einige Kohlen, und bei dem matten Schein derselben erkannte ich Wa-ge-to-ne, den Bruder unseres obersten Häuptlings Ais-ain-se. Er stand drohend mit zorniger Miene vor mir und sprach: »Ich habe es feierlich gelobt, dass du nicht länger leben sollst, wenn du in unser Land kämst. Nun bist du hier. Steh auf und antworte mir.« Darauf ging er zu Waw-zhe-gwun, dem Mann, welcher neben mir schlief, und richtete an ihn mit eben derselben Unverschämtheit ähnliche Drohungen. Inzwischen hatte aber ein mit mir verwandter Greis, Namens Mah-nuge, der mehr abseits lag, gemerkt, was jener eigentlich bezweckte, stand auf und ergriff ein Messer. Als Wa-me-to-ne nun auch zu ihm kam, erhielt er derbe Antwort. Er trat daher wieder vor mich hin, zog sein Messer und bedrohte mich mit augenblicklichem Tod.

»Du bist ein Fremdling, einer jener Menschen, die in zahlreichen Scharen aus fremden Ländern hierher gezogen sind, um sich und ihre Kinder von dem zu nähren, was ihnen nicht gehört. Ihr seid aus eurem Heimatland fortgejagt worden und kamt zu uns, weil ihr zu schwach und unwürdig seid, eine Hütte und ein Land zu haben, das euch gehörte. Ihr seid in unsre besten Jagdbezirke eingedrungen und habt überall die Tiere ausgerottet, welche der große Geist uns zu unserem Lebensunterhalt gegeben hat. Eile, dass du von hier fortkommst, sei uns nicht ferner mehr zur Last, sonst werde ich dir dein Leben nehmen.«

Ich entgegnete ihm, dass ich keineswegs allein in der Absicht, Biber zu fangen, in diese Gegend gekommen sei, dass ich aber, wenn dem auch so wäre, eben so viel Rechte hätte wie er. Und ich wäre stark genug, dieselben aufrechtzuerhalten. Der Streit wurde immer lebhafter, bis endlich der alte Mah-nuge sich ins Mittel legte und den halbtrunkenen Ruhestörer aus der Tür warf. Wir sahen ihn lange Zeit nicht wieder, und sein Bruder sagte, wir dürften auf seine Worte nicht das geringste Gewicht legen.

In diesem Lager traf uns ein Bote, den Muk-kud-da-be-na-sa (der schwarze Vogel), Ottawa vom Waw-gun-uk-ke-sie oder dem krummen Baum, an uns abgeschickt hatte. Er sollte den Männern seines Volkes sagen, dass jener vom Huron-See hergekommen sei, um sie in dieses Land zu führen. Wir kehrten daher um, und es blieb nur Wa-ge-to-ne zurück, um sich einer Gruppe Chippewa anzuschließen, die vom Blutigel-See herkam. Ein Teil derselben machte am Wildenreis-Fluss Halt und besetzte das verschanzte Lager, welches ich schon erwähnt habe. Dort jagten sie und stellten Fallen. Da sie aber sehr sorglos und ohne alle Vorsicht in der Gegend umherschwärmten, so ließen sich bald in jener Gegend viele Sioux blicken.

Ais-ainse, der Chippewa-Häuptling, kam eines Abends von einer glücklichen Jagd heim. Er hatte zwei Elentiere erlegt. Am anderen Morgen ging seine Frau mit dem ältesten Sohn fort, um das Fleisch zu dörren. Sie waren schon ziemlich weit von der Hütte entfernt, da erblickte der Knabe zuerst die Feinde, die gar nicht weit entfernt standen.

Er sprach zu seiner Mutter: »Siehe, da kommen die Sioux.«

Die alte Frau zog ihr Messer heraus, schnitt den Riemen durch, welcher die Decke, in die der Kleine gehüllt war, festhielt, und sagte ihm, er solle so schnell wie möglich zur Hütte laufen. Sie selbst behielt ihr Messer in der Hand und ging den Sioux entgegen.

Der Knabe hörte, dass mehrere Schüsse fielen. Das ist alles, was man vom Schicksal seiner Mütter weiß. Er lief lange. Der Feind war ihm nahe auf den Fersen, er verlor alles Bewusstsein und kam endlich, völlig geistesabwesend, im verschanzten Lager an. Die Sioux waren kaum noch ein Paar Hundert Schritte hinter ihm. Er spie mehrere Tage lang Blut aus und wurde nie wieder gesund. Nach etwa einem Jahr ereilte ihn der Tod.

Mehrere Chippewa jagten nicht in der Gegend, in welcher Ais-ain-ses Frau mit den Sioux zusammengetroffen war, sondern hatten sich anderswohin begeben. Daher wurden sogleich, nachdem der Feind aus dem Angesicht des Lagers verschwunden war, junge Leute abgesandt, die bald fanden, dass die Sioux den Spuren der Jäger folgten. Zwei von ihnen gelangten auf einem Umweg zu Ais-ain-se, gerade in demselben Augenblick, als eben einige Sioux herankrochen, um Feuer auf ihn zu geben. Es kam dann zu einem Kampf, in welchem keiner von beiden Teilen Verlust erlitt.. Aber zuletzt wurde ein Chippewa am Fuß verwundet, und seine Gefährten wichen ein wenig, um ihm den Rückzug hinter eine Gruppe von Büschen zu sichern. Die Bewegung entging aber den Sioux nicht. Einer von ihnen folgte unbemerkt dem jungen Krieger, schoss ihn nieder, skalpierte ihn und nahm ihm seine Medaille ab. Dieser Getötete war Ais-ain-ses Lieblingskind. Der Sieger zeigte seine Trophäen frohlockend den Chippewa und überhäufte sie, großprahlerische Reden führend, mit Schmähungen. Als der unglückliche Vater die Schädelhaut seines Sohnes erblickte, stürmte er wütend aus seinem sicheren Versteck hervor, tötete seinerseits einen Sioux, schnitt ihm den Kopf ab und hielt diesen jauchzend empor. Die übrigen Chippewa wurden durch den Mut ihres Anführers gleichfalls angefeuert, drangen vor, und der Feind musste die Flucht ergreifen.

Ein anderer, unter den Chippewa gleichfalls sehr an gesehener Mann, der auch den Namen Ta-busch-schisch führte, war nach einer ganz anderen Richtung hin auf die Jagd gegangen und hatte nur einen einzigen Gefährten bei sich. Er hörte Schüsse fallen und eilte deshalb zum verschanzten Lager zurück. Da aber kam ein Indianer herbeigelaufen und benachrichtigte ihn, dass der Häuptling in einem Kampf begriffen sei.

Ta-busch-schisch hatte zwei herrliche Pferde. »Be-na«, sprach er zu einem seiner Freunde, »ich halte dich für einen Mann. Willst du eins dieser Pferde besteigen und mit mir kommen, um zu sehen, was Ais-ain-se den ganzen Tag über gemacht hat? Wäre es nicht schimpflich für uns, wenn wir ihn streiten ließen, ohne ihm Hilfe zu leisten? Mehr als hundert unserer Gefährten zittern hinter unserer Verschanzung, während unser Bruder sich wie ein Mann schlägt und dabei nur von vier oder fünf jungen Kriegern unterstützt wird.«

Sie folgten den Spuren der Sioux bis an eine Stelle, wo mehrere dieser Feinde ausruhten und sich ums Feuer gelagert hatten. Sie krochen näher, hielten es aber für gut, jetzt nicht zu feuern, sondern sich in den Schnee zu legen, und zwar so, dass sie den Weg bestreichen konnten, welchen die Sioux aller Wahrscheinlichkeit nach nehmen würden. Die Nacht war nicht sehr dunkel. Als nun die Feinde in großer Anzahl an dem Hinterhalt vorüberzogen, sprangen Ta-busch-schisch und Be-na plötzlich auf und gaben Feuer. Be-na nahm dann der Verabredung gemäß die Flucht. Als er nach langem Lauf sah, dass er nicht verfolgt wurde, blieb er stehen und horchte. Die ganze Nacht hindurch fielen von Zeit zu Zeit Flintenschüsse, und Ta-busch-schischs durchdringende Stimme ertönte weit hin. Er sang Kriegslieder und blieb immer nur wenige Augenblicke auf ein und derselben Stelle.

Plötzlich fielen mehrere Schüsse auf einmal. Die Sioux erhoben ein Siegesgeschrei, und darauf wurde alles wieder still. Bei dieser Gelegenheit büßten die Chippewa drei der ihren ein, die alte Frau, den Sohn des Ais-ain-se und Ta-busch-schisch. Die Indianer sagten von diesem Letzteren, er habe, wie das gewöhnlich der Fall zu sein pflege, eine Vorahnung von dem Schicksal gehabt, das ihm bevorstehe. Er war nämlich am Abend vorher von der Jagd zurückgekommen, und seine ältere Frau hatte ihm, etwas, das sich sehr häufig ereignet, Vorwürfe gemacht, weil er eine junge Frau, die reizender und hübscher war als sie, ihr vorzog.

Da sagte er: »Keife und zanke nur, altes Weib, denn ich höre dich jetzt zum letzten Mal an.«

Am selben Tag überfielen, wie wir später hörten, die Krieger vom Leech-See, welchen sich Wa-ge-to-te angeschlossen hatte, vierzig Hütten der Sioux in der langen Prärie. Sie hatten zwei Tage gekämpft, und es waren auf beiden Seiten viele Männer gefallen. Wa-ge-to-te hatte seines Gleichen nicht, wenn es darauf ankam, eine Hütte der Sioux zu zerstören. Wah-ka-zhe , Bruder des Muk-kud-da-be-na-sa, traf diese Ottawa am Lake Winnipeg, als sie vom Wildenreis-Fluss heimkamen. Er hatte sich zehn Jahre lang in den Felsengebirgen und der Umgegend umhergetrieben, aber endlich nach seinem Heimatland zurückgesehnt. In dieser langen Zeit hatte er viel mit den Weißen verkehrt und recht wohl gelernt, wie man sich unter ihnen seinen Lebensunterhalt verdienen kann. Er sagte mir, ich würde mich unter Leuten meines Stammes viel wohler fühlen als unter den Indianern. Handelsmann könnte ich aber nicht werden, weil ich das Schreiben nicht verstände. Da ich keine Lust zu anhaltenden Arbeiten hätte, bemerkte er ferner, so käme auch beim Landbau nichts für mich heraus. Er wisse nur eine Beschäftigung, die meinen Neigungen zusage und für mich passend wäre. Ich sollte Dolmetscher werden.

Er erzählte uns mancherlei. Unter anderen Geschichten gab er uns auch die von einem Missionar zum Besten, der zu den Ottawa vom krummen Baum und einigen Indianern, welche ihre Hütten in der Nähe der See aufgeschlagen hatten, gekommen war und sie bewegen wollte, ihre Religion aufzugeben und dafür jene der Weißen anzunehmen. Er teilte uns eine Anekdote von einem Indianer mit, der sich hatte taufen lassen. Dieser kam nach seinem Tod an die Pforte des Himmels, in welchem die weißen Menschen sind, und begehrte Einlass. Aber der Wache haltende Häuptling sagte ihm, dass die Rothäute dort nicht zugelassen würden.

»Geh nach Westen« sprach er, »dort liegen die Jagdgründe und Dörfer der Leute deines Stammes, welche vor dir auf Erden gelebt haben.«

Der Indianer zog also ab. Als er aber bei den Dörfern anlangte, welche von den Toten seines Volkes bewohnt werden, wollte ihn dort der Häuptling auch nicht aufnehmen. »Du hast dich bei deinen Lebzeiten unserer geschämt, du hast den Gott der Weißen angebetet. Gehe darum nach dessen Dorf. Er muss über dir wachen.«

So wurde er von beiden zurückgewiesen.

Wah-ka-zhe war der angesehenste Mann unter uns und musste deshalb unsere Bewegungen leiten. Indessen entschied er, entweder aus Trägheit oder weil er von mir eine vorteilhafte Meinung hegte, dass nicht nur er, sondern auch die ganze Gruppe den Winter über unter meiner Leitung stehen müssten. Wir verfolgten keinen anderen Zweck, als den, so gut wie möglich für unseren Lebensunterhalt zu sorgen. Alle erklärten mich für einen guten Jäger, ich kannte die Gegend besser als irgendein anderer, die Wahl war demnach nicht unpolitisch.

Meinem Rat zufolge zog die ganze Gruppe an die Ufer des Be-gwi-o-nus-ko, der etwa zehn Meilen oberhalb Pembina in den Red River fällt. Dort wollten wir den Winter über bleiben. In der Zeit, von welcher ich rede, hielt sich dort Wild in großer Anzahl auf. Wir hatten Überfluss und lebten gemächlich. Daher rühmte sich denn Wah-ka-zhe häufig damit, dass er so scharfsichtig gewesen sei, mich zum Anführer vorgeschlagen zu haben. Aber bald danach sprach Wa-me-gon-a-biew viel davon, den Wah-ka-zhe aus dem Weg zu schaffen, weil er verwandt mit einem Mann sei, der vor mehreren Jahren seinen Vater Taw-ga-we-ninne getötet hatte. Ich wollte natürlich mit diesem Unternehmen nichts zu schaffen haben. Allein er hörte nicht auf meine Gegenvorstellungen und trat eines Tages in Wah-ka-zhes Hütte, hielt ein Messer in der Hand und drohte, ihn zu töten. Aber Muk-kud-da-be-na-sa , Wah-ka-zhes Bruder, bemerkte seine Absicht, vereitelte sie, und forderte ihn zu einem Zweikampf heraus. Wa-me-gon-a-biew aber lehnte denselben, wie gewöhnlich, so auch dieses Mal, ab. Ich tadelte nicht nur dieses schimpfliche Benehmen, sondern machte auch den Vorschlag, ihn aus unserer Gruppe zu verstoßen. Ich wollte ihn auch nicht mehr als meinen Bruder betrachten. Aber Wah-ka-zhe war ein ebenso menschlicher wie angesehener Mann. Er wollte keine Veranlassung zu Unruhen geben, und verzieh die Beleidigung.

Einer seiner Söhne galt für den besten Jäger in unserer Gruppe, und es entstand daher, als wir uns eine Zeit lang an den Ufern des Be-gwi-o-nus-ko aufhielten, ein freundschaftlicher Wetteifer zwischen uns beiden. O-ge-mah-we-ninne, denn so hieß er, erlegte neunzehn Moosetiere, einen Biber und einen Bären, ich siebenzehn Moosetiere, hundert Biber und sieben Bären. Er wurde aber dennoch für den geschickteren Jäger erklärt, weil unter allen Tieren das Moose am schwersten zu schießen ist. Viele Indianer töten deren im Laufe eines ganzen Winters kaum zwei oder drei, und manche schießen keines in ihrem ganzen Leben.

Wir hatten an den Ufern des Be-gwi-o-nus-ko solange Wild im Überfluss, bis zuletzt eine andere zahlreiche und völlig ausgehungerte Gruppe Chippewa sich uns anschloss. Die meisten dieser Neuankömmlinge waren wirklich dem Hungertod ganz nahe. Ein Mann, namens Kisch-kau-ko, Neffe des Indianers, welcher mich geraubt hatte, schoss an einem Tag zwei Moosetiere und sagte zu mir, ich möchte mit ihm kommen, um einen Teil des Fleisches zu tragen. Dabei deutete er mir an, es sei seine Absicht, weiter niemand davon zu unterrichten, dass er gutes Glück gehabt habe. Aber ich schlug ihm meine Mitwirkung rund ab, und ging mit Muk-kud-da-be-na-sa und einigen anderen auf die Jagd. Wir schossen vier Bären und teilten das Fleisch unter die Hungrigen aus.

Nun wurde es aber notwendig, dass eine so zahlreiche Gruppe, wie wir sie bildeten, sich nach verschiedenen Richtungen hin verteilte. Ich meinerseits ging mit dem schwarzen Vogel, Wah-ka-zhe und einem anderen Mann zu einer etwa zwei Tagesreisen entfernten Stelle, wo wir unsere Hütten aufschlugen. Eines Morgens gingen wir alle auf die Jagd und trennten uns. Ich war aber, da ich spät am Abend heimkehrte, nicht wenig erstaunt, auf der Stelle, wo unsere Hütte stand, weiter nichts mehr zu finden, wie etwas dürres Gras, das uns zum Lager gedient hatte. Auf demselben ruhte der schwarze Vogel, welcher einige Zeit vor mir zurückgekommen war, und da er die Hütte nicht mehr fand, in der Meinung stand, wir hätten ihn allein zurückgelassen. Als wir am anderen Morgen den Spuren unserer Gefährten folgten, kamen uns Boten mit der Nachricht entgegen, dass der Sohn Nah-gitsch-e-gummes, desselben Mannes, der mit Wah-ka-zhe uns so plötzlich verlassen hatte, sich zufällig durch einen Flintenschuss tödlich verwundet habe. Er hatte sich nämlich nachlässig auf den Lauf des Gewehrs gestützt, unvorsichtigerweise mit seinem Schneeschuh den Hahn berührt. Der Schuss war losgegangen und hatte ihm Achsel und Kopf beschädigt. Es war eine furchtbare Wunde, und dennoch lebte er noch zwanzig Tage. Das Bewusstsein hatte er aber nicht mehr wiedererlangt. Die Indianer schrieben den Umstand, dass unsere Gefährten uns so plötzlich und ohne alle Ursache verlassen hatten, einer trüben Vorahnung zu.