Als E-Book erhältlich

Archive

Captain Concho – Band 77

Band-77-Conchos-und-die-ColthyänenBill Murphy
Captain Concho – Der Rebell aus Texas
Band 77
Conchos und die Colthyänen

Western, Heftroman, Bastei, Köln, 66 Seiten, 1,70 €, Neuauflage, Titelbild von Ertugrul Edirne / Becker-Illustrators
Kurzinhalt:
Der Bürgerkrieg neigt sich dem Ende zu. Mit gewaltiger Übermacht drängen die Armeen des Nordens immer weiter nach Süden vor und zwingen auch die letzten Bastionen der Konföderierten in die Knie. Trotzdem wird die Hoffnung auf eine Wende noch nicht aufgegeben. Im geheimen Auftrag reitet Captain Concho nach Arizona. Er soll einen Goldtransport der Yankees abfangen, aber da gerät er einer Meute gnadenloser Colthyänen in die Fänge. Was dann geschieht, ist furchtbarer als alles, was er in den Schreckenstagen des Krieges je erlebt hat …

Leseprobe:

Das blonde Lockenköpfchen lä­chelte reizend. Wie Sterne strahlten ihre Augen, als sie neben Captain Concho stehen blieb. »Ein Konföde­rierter«, sagte sie mit weicher und melodischer Stimme. »Woher hat Sie denn der Wind geweht, Captain?«

»Direkt von draußen herein«, er­widerte Concho und griente breit. Das Girl gefiel ihm. »Trinken Sie einen mit?«

»Dazu bin ich in diesem Saftladen doch angestellt!«, erwiderte sie und verdrehte kokett die meergrünen Au­gen. Sie kam noch ein Stück näher und berührte mit dem nackten Unterarm seine Hand.

Das ging ihm ganz schön unter die Haut. Er schnickte mit den Fingern. Der Keeper war sofort zur Stelle.

»Noch einen Whisky, und ihr ge­ben Sie, was sie gern haben möchte«, sagte er.

»Würde ich ja gern«, sagte der Kerl anzüglich. »Aber das will sie nicht von mir. Oder hast du es dir überlegt, Puppe?«

»Vergessen Sie mal Ihre Manieren nicht«, sagte Captain Concho gereizt.

Der Keeper starrte ihn an. »Was ist denn mit Ihnen los? Haben Sie schon so viel geladen, dass Sie kopflastig sind? Wie ist das überhaupt mit dem Bezahlen? Mit eurem Geld wischen wir den Schweinen nicht mal die Hintern.«

Captain Concho griff in die Tasche und legte zwanzig Yankeedollar auf den Tisch.

Der Keeper langte danach und ent­fernte sich.

»Einen Pfefferminzsoda für mich!«, rief ihm das Blondchen nach und legte Captain Concho die Hand auf den Arm. »Still, Captain! Das führt bei dem zu nichts.«

Der Keeper kam schon wieder und stellte ein Tablett vor ihnen ab, auf dem ein Glas Whisky und ihr Pfefferminz­soda standen und das Wechselgeld lag.

Sein Blick brannte förmlich in Con­chos Augen. »Ich habe Sie doch nicht beleidigt, Rebell?«, fragte er hämisch.

»Mich können Sie nicht beleidigen!«, versetzte Captain Concho ruhig. »Aber in Gegenwart einer Dame benehmen Sie sich gefälligst anständig.«

»Wo sehe ich denn hier eine Dame?«, fragte der Keeper hämisch und sah das Blondchen an. »Hier sehe ich nur Nutten!«

Über den Tresen hinweg schlug ihm Captain Concho den Handrücken ins Gesicht, dass er zurückflog und gegen das große Regal krachte, in dem vom Fußboden bis zur Decke Flaschen und Gläser standen. Die ganze Chose geriet unter dem Anprall ins Wanken. Das Klirren der gegeneinander pendelnden Flaschen und Gläser übertönte alle anderen Geräusche. Da kippten etliche Flaschen um und rollten und fielen aus dem Regal und zerplatzten auf dem Lattenrost mit berstendem Klirren. Zuletzt fiel eine Tonvase voller Erde und mit einer grünen Pflanze herab, barst auf dem Schädel des Keepers in tausend Stücke und knockte ihn aus.

Er sackte zusammen und dabei glitt ihm das Hemd aus der Hose, und als er reglos und mit geschlossenen Augen liegen blieb, wabbelte sein käseweißer Bauch noch eine Weile.

Stille herrschte im Saloon.

Captain Concho sah sich um und erntete nur feindselige Blicke. Dann ruckten etliche Männer von den Stüh­len und stapften auf ihn zu, um sich auf ihn zu stürzen.

Er griff nach dem Säbel und zog blank.

Dieses eisern schabende Geräusch ließ die Männer verharren. Nur einer ging weiter, einen Revolver in der Faust. Es handelte sich um einen gro­ßen starken Kerl von vierzig Jahren.

»Lass die Plempe fallen, oder ich schieße dir das Hirn aus dem Schä­del!«, sagte er drohend, als er drei Schritte vor Captain Concho stehen blieb.

Captain Concho hob den Säbel, drehte die Klinge abwärts und ließ den Säbel fallen. Auf die linke Stie­felspitze! Damit kickte er den Säbel wieder nach oben. Doch rückwärts verzogen, sodass der Handschutz des Säbelgriffes dem vierschrötigen Kerl mitten ins Gesicht schnellte und ihn auf den Rücken warf. Der Schuss löste sich, klatschte aber in einen der ver­räucherten Deckenbalken.

Der Säbel fiel zu Boden. Concho bewegte den rechten Fuß, schleuderte die Waffe hoch und hielt sie wieder in der Faust.

»Ist noch jemand hier, der mit mir Kirschen essen möchte?«, fragte er in die Runde.

Aber da rührte sich keiner.

Fauchend ließ er die Klinge durch die Luft schneiden. Aber es blieb da­bei. Niemand bewegte sich. Nur das Blondchen. Es hing sich an Conchos linken Arm.

»Mein Gott!«, hauchte sie ihm ins Ohr. »Lass uns gehen, sonst bringen sie dich um. Das sind doch alles Yankees. Komm mit mir!«

Warum sollte er nicht? Er hielt ja in diesem Saloon nicht irgendeine Stel­lung. Also trat er mit dem herrlichen Frauenzimmer den Rückzug an. Doch erst trank er noch den Whisky. Sie hatte an dem Pfefferminzsoda nicht einmal genippt.

An der Tür schob er den Säbel in die Scheide. Drohende und feindselige Blicke erntete er, als er hinter dem Gin den Saloon verließ. Neutral sollten die Leute hier in Flagstaff sein. Er hatte da eher den Eindruck, dass es besser gewesen wäre, die Stadt nicht in Uniform aufzusuchen.

»Sagen wir du. Ich heiße Janette«, sagte sie, während sie sich bei ihm ein­hakte und lächelnd zu ihm aufschaute. Er war einen ganzen Kopf größer.

»Sam«, stellte er sich vor.

Sie zog ihn aus dem Lichtschein und führte ihn die Straße entlang.

»Sam«, wiederholte sie lächelnd. Sie hatte eine eigene Art, diese drei Buch­staben auszusprechen. »Woher kommst du und weswegen bist du hier?«

Sie blieb stehen und hielt die Hand vor den Mund. »Entschuldige! Genau das soll man im Krieg einen Soldaten nicht fragen.«

Er lachte und ging mit ihr weiter.

»Aber ich kann es mir schon denken, weshalb du nach Flagstaff gekommen bist«, sagte sie. »Aus dem gleichen Grund wie alle anderen hier auch.«

»Und was ist der gleiche Grund?«

»Na, dieser Transport, der aus Kali­fornien erwartet wird«, sagte sie. »So viele fremde Leute wie in den letzten Tagen habe ich hier noch nicht ge­sehen. Und jeder Kerl, der mir einen Drink spendiert, bildet sich ein, ich sei die Auskunft persönlich. Mal ver­traulich, Janette, ist es wirklich wahr?

Zehn Millionen in Gold? Und Sie haben keine Ahnung, wann der Trans­port erwartet wird?«

Sie lachte.

»Und jeder bildet sich auch noch ein, er sei der Einzige, der von diesem Transport etwas gehört hat. Dabei ist die Stadt voll von solchen Typen, die etwas von dem Transport gehört haben. Gestern sind die Dwayer-Brü­der angekommen. Sie sitzen drüben in Savage’s Saloon. Die Bude ist ge­rammelt voll und seit der Ankunft der Dwayers geschlossen.«

»Wohin gehen wir eigentlich?«, fragte er, als die Straße immer dunkler wurde. Auf der ganzen linken Seite brannte zwischen ihnen und dem Orts­ausgang eine einzige Laterne.

»Wir gehen zu mir«, sagte sie und blieb stehen. »Du brauchst keine Angst zu haben, dass ich dich meinen Eltern vorstelle. Ich wohne allein. Ins Hotel kannst du doch jetzt nicht gehen.«

Sie gingen weiter, und er drückte sie an sich. Wie ihr Haar duftete! Er küsste ihre Stirn.

»Hast du überhaupt ein Zimmer be­kommen?«, wollte sie wissen. »Bei dem Andrang! Weißt du, dass du wegen des Transports damit rechnen musst, dass die Yankees hier einrücken? Wie es heißt, sollen schon welche in Zivil hier sein. Es ist doch alles streng geheim, obwohl alle darüber reden.«

»Also ich habe von dem Transport noch nichts gehört. Jedenfalls bis eben noch nicht.«

Sie blieb stehen und suchte in der Dunkelheit seinen Blick. »Und wes­halb bist du hier?«

»Ich habe gedacht, reite nicht an Flagstaff vorüber, da lernst du be­stimmt, ein hübsches und nettes Girl kennen.«

»Du!« Sie stieß ihm den Ellenbo­gen in die Seite und zog ihn weiter. Blieb aber plötzlich wieder stehen und schaute zurück.

Da sah auch er den Schatten. Er nahm sie sofort am Arm und schob sie hinter sich. Aber es war keine Bewe­gung mehr wahrzunehmen. Captain Concho öffnete die Revolvertasche und nahm die Waffe in die Faust.

Er schob Janette zur Hauswand und ging langsam zurück.

Doch vergebens. Wo er den Schatten hatte verschwinden sehen, befand sich eine Einfahrt. Und das Tor war ver­schlossen. Sollte er sich so getäuscht haben? Janette hatte ja schließlich auch etwas beobachtet.

Er schob den Revolver ins Leder und ging zu ihr zurück.

»Komm rasch!«, sagte sie, ergriff seine Hand und zog ihn mit. Sie rannten. Janette führte ihn in eine schmale Seitengasse, von der ein Weg abzweigte, der hinter etlichen Häusern entlangführte, bog abermals ab und blieb vor einem vier Fuß hohen Zaun stehen.

»Hilf mir mal«, sagte sie und um­schlang mit dem rechten Arm seinen Nacken. Sie war völlig außer Atem und ein bisschen ins Schwitzen geraten. Der Schweißausbruch verstärkte den Geruch des Parfüms. Es war ein be­törender Duft, der da Captain Concho aus ihrem Ausschnitt in die Nase stieg.

Er griff zu und hob sie hinüber, flankte hinterher und lief mit ihr weiter.

Dann standen sie wieder auf der Mainstreet, fast am Ortsausgang, vor einem Haus, und während das hübsche Girl in ihrem Pompadour nach dem Schlüssel kramte, schauten beide die Straße entlang zum Zentrum. Aber da war niemand zu sehen und auch niemand zu hören.

Janette schloss auf und öffnete die Tür. »Komm schnell!«, flüsterte sie und schlüpfte hinein. Sam Concho ging hinter ihr her und nahm den Hut ab.

Sie verschloss die Tür wieder.

»Komm, wir gehen nach hinten«, sagte sie. »Da kann man von der Straße aus das Licht nicht sehen.«

Sie ging voraus, und er tastete sich hinter ihr her. An der Zimmertür blieb er stehen. Sie riss ein Streichholz an und steckte zwei Lampen in Brand, die den äußerst behaglich eingerichteten Raum hell ausleuchteten.

»Setz dich. Mach es dir bequem. Zieh die Stiefel aus«, sagte sie und räumte geschäftig ein paar Dinge vom Tisch. »Hier bist du doch besser aufgehoben als in jedem Hotel. Vor allen Dingen bist du bei mir sicher. Du kannst auf dem Sofa schlafen. Ich habe dafür Bettzeug. Aber lass uns erst etwas essen. Ich habe einen Riesenhunger.«

Sie eilte zur Tür.

»Im Schrank findest du etwas zum Trinken und Gläser. Es dauert nicht lange.«

Sie machte in der Küche Licht und hantierte emsig.

»Mach dir nicht so viele Umstände!«, rief er.

Janette steckte den Kopf zur Tür herein. »Nun setz dich doch! Willst du nicht deinen Säbel abbinden? Da, die linke Tür! Da findest du Whisky. Ich bin gleich so weit. Umstände macht es überhaupt keine.«

Sie verschwand wieder.

Quelle:

  • BillMurphy: Captain Concho. Der Rebell aus Texas. Band 77. Bastei Verlag. Köln. 2015