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Viveca Sten – Tödlicher Mittsommer

Viveca-Sten-Toedlicher-MittsommerViveca Sten – Tödlicher Mittsommer

Mitten in den Sommerferien, also zu einer Zeit, in der die Inseln des schwedischen Schärengartens vor Stockholm sehr stark von Besuchern frequentiert werden, wird am Strand einer dieser Inseln mit dem Namen Sandhamn, einer Insel der Schönen und Reichen, der Leichnam eines Mannes angespült. Er ist sehr stark angegriffen, hat ein Seil um den Oberkörper gebunden, ist offensichtlich in einem Fischernetz gefangen gewesen und muss schon sehr lange im Wasser gelegen haben.

Thomas Andreasson, dessen kleine Tochter eines plötzlichen Todes starb, was seine Ehe nicht aushielt, wird mit diesem Fall betraut, während seine direkte Vorgesetzte, Margit Grankvist, Urlaub mit der Familie machen darf. Er ist zuerst der Ansicht, dass es sich durchaus um einen Unfall handeln kann, lässt aber die Leiche von Gerichtsmedizinern untersuchen, um sicherzugehen, dass ein Mord auszuschließen ist.

Thomas bekommt heraus, dass der Tote Krister Berggren ist, ein Mann in den Fünfzigern, der beim staatlichen Spirituosenhandel »Systembolaget« angestellt, dort aber ein kleines Licht war.

In der Folgezeit kontaktiert der Polizist die Cousine des Toten namens Kicki Berggren, eine Frau, ebenfalls etwa fünfzig Jahre alt, die seine einzige noch lebende Verwandte zu sein scheint. Sie kommt gerade von einem Arbeitsaufenthalt auf der griechischen Insel Kos nach Schweden zurück und weiß nichts über den Tod ihres Cousins, ja, sie ist zunächst wegen seines Ablebens ziemlich fertig.

Einige Zeit später macht sich Kicki Berggren dann ebenfalls mit der Fähre auf den Weg nach Sandhamn, denn sie sieht dort eine Chance, zu Geld zu kommen, von dem sie als einfache Croupière in einem Spielkasino nur sehr wenig hat. Jetzt, da ihr Cousin tot ist, denkt sie, als dessen Erbin dort zu Geld kommen zu können, wie sie aus einem Brief weiß, dessen Inhalt die Autorin erst am Ende des Buches preisgibt.

Auf Sandhamn angekommen sucht sie sofort nach den Leuten, die ihr dieses Geld beschaffen sollen. Der Leser erfährt, dass sie – angekommen an ihrem Ziel – einen Tee angeboten bekommt, den sie trinkt, und dass sie vertröstet wird. Im Anschluss trifft sie in einem Pub einen jüngeren Mann, mit dem sie dort Zeit verbringt, bevor sie am Ende die Gaststätte mit ihm zusammen verlässt. Es handelt sich bei dem Mann um Jonny Almhult, einen Maler und Gelegenheitsarbeiter, der auf der Insel lebt.

Schließlich wird Kicki Berggrens Leiche übel zugerichtet in ihrem Zimmer im Missionshaus gefunden, einem ehemaligen Gotteshaus, das nun als Pension genutzt wird und in dem sie Quartier bezogen hat. Thomas Andreasson bekommt heraus, dass es sich in ihrem Fall zweifellos um Mord handelt. Hat Jonny Almhult sie getötet?

Zunächst ist er jedenfalls verschwunden. Die Polizei fahndet nach ihm, bis schließlich seine Leiche an einem Strand der Insel angeschwemmt wird, wo sie von Nora, einer Jugendfreundin Andreassons, geborgen wird, die mit ihrer Familie im eigenen Ferienhaus Urlaub macht. Wurde er ebenfalls ermordet? Zumindest ist er offenbar ertrunken.

Eine Frage jagt die nächste, und die Polizei steht vor vielen Rätseln. Drei Tote auf Sandhamn, und das mitten in der Ferienzeit, in der auf der Insel der Teufel los ist und eine Segelregatta stattfindet, an der sogar das Königshaus beteiligt ist. Thomas Andreassons Chef macht Druck, denn ihm sitzt der Polizeichef sowie die Presse und mit ihr die Öffentlichkeit im Nacken.

Die Autorin beschreibt in ihrem Buch einen Kontrast, der schärfer nicht sein kann. Auf der einen Seite ist da der schwedische Mittsommer auf einer wunderschönen Schäreninsel mit vielen Sommerurlaubern, Kindern, die Eis essen und am Strand Sandburgen bauen, sowie Segelregatten, an denen die Reichen und Schönen teilnehmen, allen voran das schwedische Königshaus. Auf der anderen Seite gibt es am selben Ort drei Todesfälle, von welchen mindestens einer ein Mordfall ist, die aber von der Presse alle als Morde dargestellt werden, Taten eines Mörders, der inmitten der beschriebenen Sommeridylle sein abscheuliches Werk vollbringt. Der Verfasserin gelingt ohne Probleme eine Synthese dieser Vorkommnisse.

Zudem beschreibt Viveca Sten in ihrer Geschichte sehr detailliert und psychologisch fundiert viele Personen und zwischenmenschliche Beziehungen, zum Beispiel das Leben von Thomas Andreasson, der nach einem dramatischen Tod seines Kindes und darauf folgender Scheidung von seiner Frau zunächst völlig am Ende ist, aber dann durch das Treffen mit seiner Jugendfreundin Nora und ihrer Familie auf Sandhamn sowie die berufliche Zusammenarbeit mit Carina, einer jungen und hübschen Polizistin, wieder ins Leben zurückfindet.

Auch das Leben Noras und ihrer Familie, Schwierigkeiten der Eheleute miteinander, die Beziehung der jungen Mutter zu ihren Kindern, ihren Freunden und ihren Eltern und Schwiegereltern werden sehr lebendig geschildert. Man kann sehr gut nachvollziehen, was dort geschieht und fiebert mit den Hauptcharakteren des Buches mit. Wahrscheinlich hat hier wohl – zumindest zum Teil – das eigene Leben der Autorin Pate gestanden.

Ist die Geschichte am Anfang etwas langwierig und plätschert ein wenig dahin, so nimmt sie mit der Zeit Fahrt auf und wird immer spannender, bis die Verfasserin am Ende eine doch überraschende Lösung präsentiert.

Fazit:
Der Autorin gelingt es, eine Geschichte um Sommerferien und Ferienidylle im schwedischen Urlaubsparadies auf unnachahmliche Weise mit einer Mordgeschichte zu verbinden, sodass am Ende ein sehr reizvoller Roman dabei herauskommt. Der Leser merkt sehr deutlich, dass Viveca Sten das Ferienparadies, von dem sie erzählt, und das Leben dort nicht nur genau kennt, sondern auch sehr liebt. Bei mir persönlich weckte das Buch durchaus den Wunsch, die beschriebene Landschaft einmal selbst zu sehen sowie Sympathien für die Menschen, die dort leben.

Alles in allem möchte ich diesen Krimi demjenigen Leser empfehlen, der etwas über die Liebenswürdigkeit des schwedischen Schärengartens sowie über die seiner Bewohner erfahren möchte. Zugabe ist in diesem Fall eine immer spannender werdende Kriminalgeschichte, die den Krimifreund nichts von dem vermissen lässt, was man an Krimis mag.

Viveca-StenDie Autorin

Viveca Sten wurde 1959 geboren. Sie absolvierte ein Jura-Studium an der Universität Stockholm, war lange Zeit leitende Rechtswissenschaftlerin bei der schwedischen Post, publizierte zunächst juristische Fachliteratur und wohnt mit ihrer Familie in einem nördlichen Vorort von Stockholm. Die Autorin verbringt seit ihrer Kindheit den Sommer auf der schwedischen Schäreninsel Sandhamn. Dort besitzt ihre Familie seit 1917 ein Haus.

Tödlicher Mittsommer ist der erste Band der Sandhamn-Krimireihe um den Ermittler Thomas Andreasson und seine Jugendfreundin Nora Linde, von der die ersten drei Bücher für das Fernsehen verfilmt wurden. Sten veröffentlicht seit 2008 jedes Jahr einen neuen Krimi und hat allein in Schweden mehr als 500.000 Exemplare ihrer Bücher verkauft.

Quellen:

Bilder:

  1. Cover des Romans. Mit freundlicher Genehmigung des Verlags Kiepenheuer & Witsch.
  2. Foto der Autorin. Copyright: Anna-Lena Ahlström. Ebenfalls mit freundlicher Genehmigung des Verlags Kiepenheuer & Witsch.
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