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Jan Beinßen – Goldfrauen

Jan-Beinßen-GoldfrauenJan Beinßen – Goldfrauen

Antiquitätenhändlerin Gabriele Doberstein, politisch stramm konservativ orientiert und gegen jegliche »linken« Ideen und Menschen eingestellt, betreibt ihr Geschäft in Nürnberg, wo sie auch lebt.

Sie bekommt in ihrem Laden Besuch von der Journalistin Cornelie Probst, die sie für ihre Zeitung zu den Geschehnissen auf Usedom befragen will, wo sie mit ihrer Freundin vor einem Jahr ganz schlimme Dinge erlebte, die die beiden Frauen durchaus traumatisiert haben.

Aber die Journalistin hat außerdem Interesse an einem Sekretär aus der Biedermeierzeit, den sie sich von Gabriele reservieren lässt und später kaufen will. Die Antiquitätenhändlerin ist sich nicht sicher, ob sie Cornelia Probst das Interview gewähren soll, und so verlässt die Journalistin zunächst ihr Geschäft, allerdings, um später noch einmal nachzufragen.

Ein paar Tage später betritt ein Geschäftsmann namens Kilian Gabrieles Geschäft und interessiert sich für denselben Sekretär wie die Journalistin. Gabriele ist der Ansicht, dass Kilian eher als diese gewillt ist, das gute Stück tatsächlich zu dem von ihr verlangten hohen Preis zu kaufen und verspricht es deshalb ihm.

Aber in derselben Nacht wird in Gabrieles Geschäft eingebrochen. Zusammen mit ihrer Freundin Sina fasst sie deshalb den Entschluss, den Sekretär genauer zu untersuchen. Die Frauen werden tatsächlich fündig. Unter einer Schublade versteckt entdecken sie einen Umschlag mit geheimen Dokumenten aus dem Berlin der Vorwendezeit.

Die Spur der Papiere, die offensichtlich Cornelia Probst dort versteckt hat, führt zu den Goldreserven der DDR und einem stadtbekannten Nürnberger Briefmarkenhändler namens Werner Engelhardt. Außerdem ergeben sich aus ersten Recherchen der Frauen Hinweise darauf, dass die NHA – eine Abkürzung für die Nürnberger Hotelakademie – etwas mit den Geschehnissen zu tun hat, denn in den Fall verstrickt ist ein Auto aus dem Fuhrpark der Akademie.

Schließlich überschlagen sich die Ereignisse. Bei einem geheimen Treffen mit Gabriele und Sina wird Werner Engelhardt ermordet, und auch Cornelie Probst scheidet unter zunächst ungeklärten Umständen aus dem Leben.

Dies wäre eigentlich der Zeitpunkt, zu dem die beiden Frauen die Polizei über ihre Ermittlungen und Entdeckungen informieren müssten. Aber Gabriele Doberstein wehrt sich mit Vehemenz gegen diesen Schritt. Sie hat nämlich Blut geleckt und möchte einen Teil des DDR-Goldes für sich haben, das offensichtlich unterschlagen wurde und außer Landes gebracht werden soll. Immerhin handelt es sich um die gigantische Menge von 21 Tonnen. Ob die Geldgier der richtige Ratgeber in dieser Situation ist, fragt sich nicht nur ihre Freundin Sina. …

Jan Beinßens zweiter Krimi der Trilogie mit dem Titel Goldfrauen baut offensichtlich auf dem ersten mit dem Titel Feuerfrauen auf, kann aber durchaus auch ohne dessen Kenntnis gelesen werden.

Die Kernidee des Romans beziehungsweise offensichtlich der ganzen Trilogie, welche mit nuklearen Waffen, den Abwürfen von Atomwaffen auf Hiroshima und Nagasaki und Peenemünde, dem Ort, an welchem die Nazis im Zweiten Weltkrieg mit V2-Raketen experimentierten und an ihnen bauten, zu tun hat, zeigt vor allem die historische Phantasie des Autors.

Die Charaktere hingegen sind so, wie sie der Autor beschreibt, psychologisch gut getroffen und sehr lebendig. Zudem sind sie für so manche Überraschung gut, und es ist nicht immer alles so, wie es am Anfang erscheint. Manche andere Geschehnisse des Krimis muten allerdings – ähnlich der Kernidee des Romans – etwas phantastisch an, so zum Beispiel eine Passage, in der Sina Rubov unter Drogeneinfluss steht und sich selbst nicht sicher ist, ob sie träumt oder wach ist und das, was zu geschehen scheint, tatsächlich erlebt, sowie die Darstellung der Verstrickung der Täter in das internationale Verbrechen, die sogar bis in präsidiale Kreise der USA zu reichen scheint.

Der Krimi spielt in der Anfangszeit des »wiedervereinten« Deutschlands, genauer gesagt, Anfang der 1990er Jahre. So kann man seine Beschäftigung mit Dingen wie der Treuhand, den DDR-Goldreserven, Stasi-Offizieren und ehemaligen Mitgliedern der sowjetischen Spionageabwehr gut verstehen, obwohl das Buch erst im Jahr 2010 erschienen ist.

Fazit:
Der Roman von Jan Beinßen vermischt die beschauliche Welt der Privatermittlerinnen Gabriele Doberstein und Sina Rubov mit einer Reihe von Ereignissen und Fakten aus der Weltpolitik am Ende des Zweiten Weltkriegs, die um einige Spekulationen erweitert werden, die allerdings recht interessant sind. Zudem bewegen sich die beiden Frauen in einer Welt des internationalen Verbrechens und wahnsinnig hoher Geldbeträge, was ein wenig ungewöhnlich erscheint.

Dennoch ist das Buch meiner Meinung nach gerade wegen der historischen Fragen, die es ohne Zweifel stellt, recht anregend und lesenswert. Ich möchte es deshalb dem historisch interessierten und gerne auch einmal unkonventionell denkenden Leser empfehlen, der es mag, seine Gedanken noch dazu mit Spannung anzufüllen.

Jan-BeinßenDer Autor:

Jan Beinßen wurde 1965 in Stadthagen geboren. Er studierte Germanistik in Hannover, absolvierte dann ein Volontariat bei einer Tageszeitung in Stadthagen und arbeitete im Anschluss lange Zeit bei Zeitungen. Seit 1993 lebt er in Nürnberg als Journalist und Autor. Von 2003 an war er im Hauptberuf bei der Flughafen Nürnberg GmbH als Redakteur/PR-Journalist beschäftigt. Er ist verheiratet und hat mehrere Kinder.

Bisher veröffentlichte er eine Reihe von Kriminalromanen, unter anderem die Trilogie um die Privatermittlerinnen Gabriele Doberstein und Sina Rubov und die Serie um den Nürnberger Fotografen und Hobbydetektiv Paul Flemming.

Quellen:

Bilder:

  • Cover des Romans. Mit freundlicher Genehmigung des Gmeiner-Verlags.
  • Foto des Autors. Ebenfalls mit freundlicher Genehmigung des Gmeiner-Verlags.

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