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Die sechs schlafenden Jungfrauen 13

Die sechs schlafenden Jungfrauen oder: Der schreckliche Zweikampf
Eine furchtbare Ritter- und Geistergeschichte von Wilhelm Bauberger erzählt
Kapitel 13
Die Heimkehr

Außer einem kühnen Gefecht, das die Flüchtlinge, als sie bereits die Gebirge hinter sich hatten und auf flachem Land sich befanden, mit mehreren sie angreifenden Arabern bestanden, und wobei sowohl Alfred als auch die sechs Jünglinge mit ausgezeichneter Tapferkeit kämpften und die Araber teils erschlagen, teils verwundeten und in die Flucht trieben, ereignete sich für unsere Reisegefährten nichts Besonderes, bis sie nach einigen Tagen Jerusalem erreichten. Hier forderte das Geschick aus der Zahl der Flüchtlinge ein schweres Opfer. Leider war es die schöne und liebenswürdige Tochter des Sultans, die Alfreds Herzen fast zu teure Adelma, welche durch ein hitziges Fieber wie eine zerknickte Frühlingsblume dem Leben entrissen wurde. Vergebens verschwendeten alle an der geliebten Gefährtin ihre sorgfältige Pflege. Vergebens waren die eifrigsten Bemühungen, die man an ihrem Krankenlager ihr angedeihen ließ. Sie schied als Christin von der Erde, wenn auch nicht förmlich aufgenommen in den Bund der Christenheit, so doch mit Begeisterung für die Lehre Jesu und mit der frommen Sehnsucht, ihr anzugehören.

Die Gefährten betrauerten mit aufrichtiger Rührung den Tod der geliebten Freundin, welcher Alfred und der guten Mirza am schmerzlichsten fiel.

Innig bewegt hatte die Dahingeschiedene kurz vor ihrem Ende noch eine Unterredung mit Alfred, worin sie von ihm rührenden Abschied nahm und ihm das Geheimnis ihrer stillen Liebe entdeckte.

»Ritter Alfred«, sprach sie mit halb von Tränen erstickter Stimme, »als ich mit dir die Flucht ergriff, glaubte ich, weil ich es wünschte, dass du mir einst die Hand am Altar zum ewigen Bund reichen würdest. Eine höhere Macht hat es anders gewollt. Ich werde bald von dieser Welt scheiden, in welcher ich noch gerne länger geweilt hätte – um deinetwillen. Doch Gottes heiliger Wille, den zu verehren du mich selbst tröstend gelehrt hast, soll an mir geschehen!«

So verließ Adelma, nachdem sie noch dem schmerzvoll bewegten Alfred einen mit Diamanten besetzten Ring zum Andenken gegeben und ihrer Freundin Mirza ihre übrigen Besitztümer überlassen hatte, dieses Erdental, glücklich, nie erfahren zu haben, dass Alfred ohne Untreue niemals hätte der ihre werden können.

Nach Adelmas Tod war es Alfred, als brenne der Boden unter seinen Füßen. Er fand keine Ruhe mehr, bis er mit der nun ganz auf seine Großmut angewiesenen Mirza und den Jünglingen ein Schiff bestiegen hatte, welches nach Neapel bestimmt war.

Ein günstiger Wind schwellte ihre Segel und brachte sie glücklich in den Hafen von Neapel. Ohne daselbst zu verweilen, setzte Alfred mit seiner Begleitung den Weg nach Rom fort. Sowohl die sechs Jünglinge als auch Mirza ließen sich hier in der christlichen Religion unterrichten und bald daraus wurde die Einweihung derselben in den Christenbund vollzogen, die tugendhafte Mirza erhielt in der heiligen Taufe den Namen Ida. Nachdem einige Tage später die neuen Christen das heilige Abendmahl empfangen hatten, wobei eine große Volksmenge anwohnte, beeilten sie sich die Stadt zu verlassen und setzten ihren Weg nach Deutschland fort.

Als Ritter Alfred mit seinen Reisegefährten sich immer mehr den heimatlichen Gebieten näherte, da umfing ein unbeschreibliches Gemisch vom Doppelgefühl der Freude und Wehmut seine Brust. Als er um eine Ecke des Waldes bog, der die Schwefelburg bisher seinen Blicken verhüllt hatte, und nun das Schloss seiner Väter, wo er der Kindheit selige Tage verlebt und als Jüngling gehandelt hatte, in naher Ferne vor sich liegen sah, wurde sein Inneres lauter Rührung und Dank gegen Gott. Von der Empfindung überwältigt, ließ er den männlichen Tränen, die über seine gebräunten Wangen herabrollten, freien Lauf. Da wirbelte in der Ferne eine Staubwolke auf, und einher gesprengt kam Ritter Bligger, um Alfred, seinen besten Freund und Wohltäter, zu begrüßen. Beider Freude war überaus groß, und ein Freudenkuss vereinigte die beiden lang getrennten Freunde, die in der ersten Freude des Wiedersehens sich gar nicht genug erzählen konnten, sodass die Strecke Weges, welche Bligger Alfred entgegengeeilt war, bei Weitem nicht genügend war, sich nur die wichtigsten Ereignisse gegenseitig mitzuteilen.

Auf der Schwefelburg, die so lange ihres wirklichen Besitzers entbehrt hatte, angelangt, begann ein festliches Bewegen. Die Bewohner des Landstriches strömten in Scharen herbei, ihren lieben Herrn zu begrüßen. Auf der Warte wurde ein Freudenfeuer angezündet und ein frommes Danklied angestimmt.