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Captain Concho – Band 69

Bill Murphy
Captain Concho – Der Rebell aus Texas
Band 69
Der Yankee aus Old Germany

Western, Heftroman, Bastei, Köln, 66 Seiten, 1,70 €, Neuauflage, Titelbild von Ertugrul Edirne / Becker-Illustrators
Kurzinhalt:
Swan Lake, Arkansas. Hier sind die Rebellen auf Heimatboden. Auch Captain Concho, der das Yankeefort Hindman stürmen will, fühlt sich dort sicher, als er bei den Einwohnern Einzelheiten über die Festung erfahren möchte. Und er bekommt seine Auskunft – auf hinterhältige Art und Weise! Als Concho sich als Kriegsgefangener in Fort Hindman wiederfindet, ist er auf Gedeih und Verderb dem Commander ausgeliefert: Fritz Schimmelpfennig, einem Yankeecolonel aus Old Germany. Und dieser wittert den Ruhm, wenn er den berühmten Rebellen als »Antrittsgeschenk« seinem neuen Vorgesetzten bringt: General Grant, dem zukünftigen Oberbefehlshaber aller Yankeetruppen …

Leseprobe:

Captain Concho hob maßlos überrascht die Hände. Sein Blick war eine Mischung aus Ungläubigkeit, Verblüffung und – Wut.

Die vier Männer, mit denen er sich eben noch unterhalten hatte und von denen er fest annahm, dass es sich bei ihnen um Einwohner dieser kleinen Stadt handelte, bedrohten ihn plötzlich mit ihren Revolvern.

Red Legs – Rotbeine, Männer der berüchtigten Guerilla-Truppe des legendären Doc Jennison waren das nicht. Sie trugen weder rot eingefärbte Stiefel, noch rote Hosen. Aber es gab ja auch andere Guerillagruppen, die hinter den Fronten für die Nordstaaten kämpften oder das zumindest vorgaben, auch wenn sie Krieg auf eigene Faust und in die eigene Tasche führten.

»Ich verstehe nicht«, sagte Concho. »Was hat das zu bedeuten?«

»Das ist ganz einfach!«, erwiderte der breitschultrige Oldtimer, den er für den Bürgermeister gehalten hatte, und der dies auch sein musste, wenn Concho nicht alles missverstanden hatte, was zuvor gesprochen worden war. »Sehen Sie sich unsere Stadt an, Captain! Hier hat der Krieg schon einmal gewütet. Wir haben die Nase voll davon.«

»Na, hören Sie mal!«, versetzte der Captain zornig. »Wir sind doch alle Konföderierte. Unsere Armee will doch unsere Städte und Farmen nicht verwüsten!«

»Das sagen Sie!«, zischte der Mann. »Sind Sie schon einmal in Virginia, in Tennessee oder in Carolina gewesen? Haben Sie eine Ahnung, wie unsere Städte und Dörfer und Felder dort aussehen?«

»Ich bin dort gewesen!«, erwiderte der Captain. »Und ich habe die Städte gesehen, die Sie meinen. Aber der Yankee hat dort alles verwüstet!«

»Das sind alles nur Yankeegranaten gewesen?«

»Was meinen Sie damit?«, fragte Captain Concho zurück.

»Unsere Stadt ist zur Hälfte zerstört«, knurrte der breitschultrige Oldtimer. »Unsere Truppen haben hier gegen den Yankee gekämpft. Und dabei ist mein Haus von Konföderierten-Granaten zerstört worden. Das ist es, was ich meine! Wir wollen den Krieg hier nicht mehr! – Sie haben sich nach Fort Hindman erkundigt. Dort bringen wir Sie hin. Dann können Sie das Fort von innen in Augenschein nehmen. – Los, Männer! Entwaffnet ihn!«

»Sie wollen mich dem Yankee ausliefern?«, fragte der Captain wütend. »Seid ihr verrückt? Ich bin Offizier der Konföderierten Armee.«

»Wir haben nichts gegen Sie persönlich«, sagte der Oldtimer. »Säßen die Unseren in Fort Hindman und Sie wären ein Yankee, würden wir Sie auch den Leuten in Fort Hindman übergeben. Wir wollen den Krieg hier nicht mehr dulden. Ist das so schwer zu begreifen?«

Captain Concho begriff vor allen Dingen eines: Einwohner eines Staates, der wie seine Heimat Texas zur Konföderation gehörte, wollten ihn dem Feind ausliefern.

Und deshalb reagierte er blitzartig!

Concho ballte die Fäuste, schlug dem Oldtimer den Revolver aus der Faust und schmetterte ihm die Linke unter das Kinn, dass er mit ausgebreiteten Armen gegen die drei anderen Kerle flog. Der goldene Kneifer fiel dem Alten von der Nase.

Die Männer schossen nicht. Sie wollten ja, dass nichts mehr zerstört wurde.

Mit wütenden Schreien warfen sie sich auf den Captain und ließen den Oldtimer rücksichtslos zu Boden krachen.

Captain Concho wollte zum Revolver greifen. Doch dazu kam er nicht mehr. Er schlug zwar hart zurück, um sich die Angreifer vom Leib zu halten, doch sie waren nicht allein. In dieser gutbürgerlichen Inn, in der man so fein zu Mittag speisen konnte, saßen noch ein Dutzend weiterer Männer mit ihren Frauen und Bräuten. Und sie alle sprangen von den Tischen auf und griffen ein. Auch der Keeper, der lange teilnahmslos hinter dem Schanktisch gestanden und auf eine Bestellung von Captain Concho gewartet hatte, wieselte flink um den Tresen und kam den Kerlen zu Hilfe, einen schweren Bierkrug in der Faust, mit dem er schon Augenblicke später den Kampf entschied.

Captain Concho schlug noch zwei Männer nieder, und als er den Dritten voll am Kinn erwischte, sah er wie der Sieger aus. Aber da waren die anderen heran, und auch der Keeper war zur Stelle. Als sich Concho den Angreifern zuwandte, die ihre Tische verlassen hatten, holte der Keeper wuchtig aus und schlug ihm den Tonkrug von hinten auf den Kopf.

Der Captain krachte zu Boden, als wären ihm die Beine weggerissen worden. Nur für einen Moment war ihm schwarz vor den Augen.

Doch das genügte den Kerlen. Sie warfen sich auf ihn, rollten ihn herum, rissen ihm die Arme nach hinten und fesselten ihn. Eilfertig reichte ihnen der Keeper die Stricke dazu.

Captain Concho kochte vor Wut. Die eigenen Leute, Menschen, für deren Freiheit die Armee kämpfte und Männer starben, überwältigten ihn, um ihn dem Feind auszuliefern!

Sie wollten den Krieg nicht! Aber wer wollte ihn denn schon? Hofften diese Kerle, den Krieg zu beenden, indem sie die eigenen Soldaten gefangen nahmen und dem Feind überstellten? Warum fingen diese Verräter nicht die Yankees und lieferten sie der eigenen Armee aus?

Der Bürgermeister war wieder auf den Beinen. Jemand reichte ihm den Kneifer, und der Oldtimer setzte ihn aufgeregt auf die Nase. Die Männer erhoben sich, stellten Captain Concho auf die Füße und hielten ihn gepackt. Respektvoll machten sie dabei dem Bürgermeister Platz.

»Hat von euch Alten keiner Söhne, die die gleiche Uniform tragen wie ich und gegen den Yankee kämpfen?«, rief Concho wütend.

Der breitschultrige Oldtimer trat heran und gab ihm ein paar schallende Ohrfeigen.

Der Captain war versucht, ihm ins Gesicht zu spucken – unterließ es aber.

»Ihr seid ja alle wahnsinnig!«, zischte er. »Verrückt seid ihr!«

»Die Farbe der Uniform ist für uns nicht interessant«, sagte der Bürgermeister. »Wir wollen hier keine Soldaten.«

»Haben Sie einen Sohn?«

»Drei!«

»Und wo sind sie, wenn sie nicht noch Kinder sind?«

Der alte Mann starrte ihn an. »Sie sind alle drei gefallen. Der eine am Bull Run, der andere in Tennessee und der jüngste hier im letzten Winter, als General Kirby Smith die Yankees aus Arkansas hinausfegen wollte, aber mit seinem Feuerbesen unsere halbe Stadt vernichtete.«

»Der General hat gegen euch gekämpft?«

»Selbstverständlich nicht!«, erwiderte der Oldtimer kämpfte gegen die Yankees, die sich in unseren Häusern festgesetzt hatten. Hätte er die Yankees nicht angegriffen, hätten sie sich eines Tages zurückgezogen, und unsere Häuser wären verschont geblieben.«

»Zurückgezogen?«, rief Captain Concho wütend. »Der Yankee macht erst kehrt, wenn er das Meer erreicht hat. Und wenn er jemals so weit kommt, so ist das eure Schuld! Ich sehe hier kerngesunde, junge Männer! Warum tragt ihr nicht Uniform und kämpft gegen den Yankee? Dann wäre er niemals bis in eure Stadt gekommen, ihr feigen Hunde!«

Wieder schlug ihm der Oldtimer ins Gesicht. Links und rechts. »Ich habe gegeben, was ich hatte. Drei Söhne«, sagte er mit bitterer Miene.

»Dann haben Sie Ihre Söhne jetzt verraten! Wie könnten Sie diesen Jungen erklären, weshalb und wofür sie gefallen sind, Sie Narr? Sie ziehen allen gefallenen konföderierten Soldaten den Sinn ihres Opfers unter den Füßen weg. Ich bin zu jung, um Söhne zu haben. Aber ich habe in diesem Krieg viele mir unterstellte Kameraden verloren. Über dreihundert Mann! Das lasse ich mir von Ihnen nicht bieten! Dabei denke ich nicht an mich, sondern an meine gefallenen Leute und an Ihre Söhne!«

Concho kochte vor Wut. Er riss sich los und warf sich nach vorn, den Kopf gesenkt.

Wie ein Stier rannte er den Oldtimer um.

Von allen Seiten fielen die Männer über ihn her, rissen ihn zu Boden und schlugen und traten ihn, bis er das Bewusstsein verlor.

***

Lieutenant Benson stemmte die Fäuste ein und zog eine zitronensaure Miene.

Sergeant Major Dandry kam mit drei Kameraden ins Biwak geritten. Von dem schwungvollen Eifer, mit dem die knapp zwanzig Mann starke Abteilung unter Captain Conchos Führung von Jenkins Ferry bis in dieses Wäldchen geritten war, war nichts übrig geblieben.

Dandry führte die dritte Patrouille, die sich in der Gegend des von den Yankees besetzten Fort Hindman umgesehen hatte.

Nur schlechte Nachrichten hatte Lieutenant Benson bislang zu hören bekommen. Und jetzt sah er Dandry an, dass dieser ebenfalls nichts Besseres berichten würde.

Der Sergeant Major ließ, halten und meldete die Patrouille zurück.

Benson nickte bloß. Dandry saß ab und übergab sein Pferd einem Kameraden. Seine Begleiter ritten zum Seilkorral weiter.

»Fort Hindman ist eine uneinnehmbare Festung!«, berichtete der Sergeant Major. »Da ist ohne schwere Ari überhaupt nichts zu machen.«

»Habe ich alles schon gehört!«, versetzte der lange Lieutenant brummig.

»Das Fort liegt auf einem Hügel, und die Palisaden sind durch Mauern und Erdwälle verstärkt worden . .

»Alles paletti!«, unterbrach ihn Benson. »Vier Geschütze an jeder Seite, und wir haben nicht einmal eine leichte Kanone, um denen wenigstens die verdammte Yankeefahne vom Mast zu schießen! Das habe ich alles schon von Hines und Finnewacker gehört. Dreihundert Mann liegen im Fort, und wir müssten eine Menge Pulver haben. – Schwachstellen, Mann! Gibt es denn keine Schwachstellen?«

»Der Commander ist General McClernand«, sagte Dandry stolz. »Das haben wir, auf einem Bauernhof erfahren.«

»Aha! Und das soll eine Schwachstelle sein?«, versetzte Benson spöttelnd. »Da sind wir ja einen ganzen Schritt weiter und schon fast drin im Fort, weil wir das wissen.«

»In der Mauer gibt es keine schwache Stelle«, sagte der Sergeant Major. »Der Fluss ist verdammt breit. Und die Yankees haben das Gelände rings um das Fort abgeholzt. Das Ufer ist so nah, dass man sich dort nicht mal nachts ungesehen bewegen könnte. Also, da sehe ich für uns überhaupt keine Chance. Was haben denn die anderen Patrouillen berichtet?«

»Das ist es ja! Nichts anderes. Der Captain steht auf dem Standpunkt, dass jede Festung ihre Schwachstellen hat und irgendwie zu knacken ist.«

(wb)