Archive

Captain Concho – Band 67

Bill Murphy
Captain Concho – Der Rebell aus Texas
Band 67
Fremdes Land, fremder Krieg

Western, Heftroman, Bastei, Köln, 66 Seiten, 1,70 €, Neuauflage, Titelbild von Ertugrul Edirne / Becker-Illustrators
Kurzinhalt:
Jeder Krieg ist grausam. Dies musste Captain Concho auf den Schlachtfeldern seiner Heimat oft genug erfahren. Doch was er und Tom Mallison, sein Jugendfreund, in Mexiko durchmachen, übertrifft ihre bitteren Erlebnisse: Es ist die Hölle, die rohe Sprache brutaler Gewalt! Die Truppen Maximilians und die Juaristas kämpfen mit einer Gnadenlosigkeit gegeneinander, die den Freunden fremd ist. Hinter jeder Wegbiegung, in jedem Waldstück lauert der Tod. Verzweifelt versuchen Concho und Tom, sich in diesem glutflirrenden Hexenkessel zur Grenze durchzuschlagen. Sie wissen, dass die verrohten Landsknechte Fremden gegenüber keine Gnade kennen. Und es ist Concho, der dies am eigenen Leib erfährt …

Leseprobe:

Captain Concho erwachte mit schwerem Kopf. Vor seinen Augen drehte sich alles. Trotzdem hatte er die Erinnerung mit einem Schlag wieder. Isabela Perrelo, dieses verrückte, liebestolle Frauenzimmer hatte ihm Gift in den Wein getan und ihn betäubt, um ihn in ihre Gewalt zu bringen, damit er in Mexiko blieb.

Concho lachte hart und wütend.

Nicht Kaiserliche, Juaristas, Bandoleros oder die mexikanische Polizei hatten ihn gefangen genommen, sondern eine Frau!

Die schöne, wohlerzogene, sanfte Generalstochter mit den großen, verträumt blickenden, dunkelbraunen Augen, dieses zaghaft wirkende, sittsame Töchterchen – war von alldem genau das Gegenteil. Diese schwarzhaarige Bestie kochte über vor Lebensgier nach einem Mann. Und sie hatte es sich in den Kopf gesetzt, dass dieser Mann Captain Concho sein musste.

Wie eine Spinne hatte sie ihn in ihr Netz gelockt, und nun hing er drin.

Splitternackt, nur bis zum Nabel mit einem seidenen Laken bedeckt, lag Concho auf dem Prunkbett, Arme und Beine an die Pfosten gefesselt.

Ein blauer Baldachin befand sich über der wuchtigen Lagerstatt, dessen Pfosten kunstvolle Schnitzereien zierten.

Auf Daunen und Samt und Seide lag er, – als Gefangener dieses verrückten Weibes.

Wütend zerrte Concho an den Stricken. Aber auf diese Weise freizukommen, war völlig aussichtslos.

Ob der General, Isabelas Vater, schon zurückgekehrt war? Der alte Herr würde ihr gewiss die Höschen strammziehen, wenn er davon erfuhr.

Sollte er schreien? Doch wer würde ihn in diesem großen Haus hören?

Sicherlich hatte das wilde Girl ihn in das oberste Stockwerk bringen lassen. Durch die beiden großen Fenster konnte er nur den Himmel sehen.

Wie lange hatte er bewusstlos gelegen? Wie weit mochten inzwischen Colonel Mallison, dessen Frau und seine Schwester gekommen sein?

Wenn überhaupt! Denn es war die Frage, ob dieses wilde und zügellose Frauenzimmer die drei Mallisons ebenfalls aus dem Gefängnis der Präfektur hatte holen und tatsächlich zur Grenze bringen lassen …

Captain Concho war mit seinem Jugendfreund Thomas Mallison, Colonel in der Nordstaaten-Armee, nach Mexiko geritten, um dessen Frau und dessen Schwester zu befreien, die von Bandoleros entführt worden waren.

Dabei waren sie bis hierher, bis nach Camargo gekommen.

Es war ihnen zwar nicht gelungen, die beiden hübschen Frauen aus El Salteadors Gewalt zu befreien, aber der General, Isabelas Vater, hatte es geschafft. Von zweihundert Polizisten hatte er das Bandoleronest ausräuchern und die Geiseln befreien lassen. General Perrelo hatte ihnen außerdem alles gegeben, was sie zum Heimritt benötigten. Doch auf der Straße nach La Perla waren Concho und die Mallisons von Kaiserlichen festgenommen worden, die sie für Spione gehalten hatten. So waren sie abermals in Camargo gelandet. Doch diesmal im Gefängnis der Präfektur.

Isabela hatte ihn, Concho, aus dem Gefängnis geholt und behauptet, dass sich Colonel Mallison samt Frau und Schwester, von kaiserlichen Kürassieren begleitet, bereits auf dem Weg zur Grenze befanden.

Das stimmte nur bis auf die Tatsache, dass die drei allein unterwegs waren. Sie glaubten nämlich, Captain Concho verfehlt zu haben und beeilten sich nun, ihn auf der Straße nach La Perla einzuholen.

Doch davon hatte Concho keine Ahnung. Ihm war nur bekannt, was ihm Isabela gesagt hatte und er wusste nicht, ob sie ihn belogen hatte.

Plötzlich wurde die Tür geöffnet.

Captain Concho hob den Kopf, ließ ihn zurücksinken und schloss die Augen.

Isabela hatte den großen Raum betreten und kam zögernd näher. Sie trug ein lindgrünes Kleid, das bis zum Hals geschlossen war. Es saß wie eine zweite Haut und ließ auf raffinierte Weise die wunderbaren Rundungen ihres fraulichen Körpers erkennen.

»Caritio – Liebling«, sagte sie leise, als sie neben dem Bett stehen blieb.

Captain Concho öffnete die Augen. »Was, zum Teufel, hat das zu bedeuten?«, fragte er auf Spanisch. »Sage deinem Vater Bescheid, dass ich ihn sprechen möchte!«

Sie setzte sich zu ihm aufs Bett und legte die schmale Hand auf seine behaarte Brust, den Blick ernst und fordernd auf ihn gerichtet.

»Sag, dass du mich liebst und ewig bei mir bleibst, und alles ist gut. Schwöre es mir!«

»Ich schwöre dir nur eines: Sobald ich frei bin, versohle ich dir den Hintern, schaffe dich zu deinem Vater und sage ihm alles.«

Sie neigte sich vor und bedeckte sein Gesicht mit Küssen. Leidenschaftlich krallte sie ihm die Finger in die Brust.

»Du hast keine Ahnung, wie sehr ich dich liebe, mein Caritio«, hauchte sie.

Concho ließ das alles kalt. Eiskalt.

»Nur deshalb tue ich alles«, sagte Isabela und küsste ihn wieder – auf den Hals, auf die Brust. »Es ist meine Liebe zu dir. Du sollst nur mir gehören. Mir ganz allein.«

»Du hattest mich gebeten, dich bis zur Grenze mitzunehmen, damit wir noch eine Weile zusammenbleiben können, weil du mich liebst. Was ist das hier für eine Liebe? Du hältst mich nicht nur gefangen, du fesselst mich an das Bett«, erwiderte Concho scharf.

Sie erhob sich und band die Stricke los.

Ungläubig und überrascht sah er ihr wortlos zu. Was hatte das nun wieder zu bedeuten?

Als sie fertig war, blieb sie am Fußende des Bettes stehen und warf den letzten Strick achtlos zur Seite.

Captain Concho schlug das Laken zur Seite und stand auf, ohne dass ihn seine Nacktheit störte. Seine Sachen hingen sauber und gebügelt an einem Kleiderständer, der aus Edelholz gefertigt war und dessen Hakenenden aus purem Gold bestanden.

Sie beobachtete ihn mit ausdruckslosem Blick, während er sich ankleidete.

»Gib mir ein Pferd!«, verlangte Concho. »Damit ich den Mallisons nachreiten kann. Dann würde ich hier verschwinden, ohne mit deinem Vater gesprochen zu haben, was dir schlecht bekommen würde.«

»Vater ist an den Hof von Kaiser Maximilian gerufen worden«, sagte sie trotzig.

»Also kein Pferd?«

Isabela schwieg sich aus.

»Macht nichts! Hauptsache, ich komme hier weg.«

Concho knöpfte den Uniformrock zu und band das Koppel mit der leeren Revolvertasche um. »Nun sage mir die Wahrheit! Sind die Mallisons auf dem Weg zur Grenze oder nicht?«

»Ja, sie sind auf dem Ritt zur Grenze. Aber sie brauchen deine Hilfe nicht.«

Der Captain setzte den Hut auf. »Lass es dir gut gehen!«

Sie musterte ihn wortlos.

Er wandte sich ab und schritt rasch zur Tür. Sie sah ihm nach. Keine Hand rührte sie, und sie rief ihn auch nicht zurück.

Mit einem wütenden Ruck öffnete er die große Doppeltür und verharrte auf der Schwelle.

Er konnte das Verhalten dieses Girls nicht begreifen. Denn ihrem Benehmen zufolge hatte er damit gerechnet, dass in dem angrenzenden Raum bewaffnete Diener saßen, die ihm den Weg verwehren würden. Doch nicht damit, was er nun zu sehen bekam …

In dem großen Raum lagen zwei ausgewachsene Löwen!

Die Biester knurrten sofort und erhoben sich.

Heftig knallte Concho die Tür zu und sah sich nach Isabela um.

Was hatte er da gesehen? Wirkte der vergiftete Wein noch immer? Oder war er verrückt und nicht sie?

Aber da nahm er den strengen Raubtiergeruch wahr. Trotzdem wandte er sich erneut der Tür zu und öffnete sie einen Spalt.

Die großen Tiere hatten sich wieder hingelegt. Es handelte sich um einen Löwen und eine Löwin. Sie beäugten den Captain aus ihren großen Raubtieraugen.

Isabela kam zu Concho hinüber und legte ihm sanft die Hand auf die Schulter.

»Diese großen und starken Tiere, Sam! Sie sind so wild . .

Er schloss die Tür und ruckte herum, sah ihr in die Augen und suchte erkennbare Anzeichen von Wahnsinn darin, konnte aber nicht feststellen, ob sein Verdacht der Wahrheit entsprach.

»Du solltest sie sehen, wenn sie sich lieben«, sagte Isabela. »Sie sind so unsagbar zärtlich zueinander.«

Er schob das irre Frauenzimmer zur Seite und schritt zum Fenster. Aber er hatte es schon geahnt: Im vierten Stockwerk dieses riesigen Hauses befand er sich. Da konnte er sich nur das Genick brechen …

»Ich habe meinem Vater geschrieben, dass du bereit bist, in die kaiserliche Armee einzutreten«, sagte sie. »Er wird dich zum Comandante ernennen und uns bei Hofe einführen. Ich habe ihn gebeten, den Kaiser zu bewegen, dich zu seinem Adjutanten zu berufen. Wir werden ein herrliches Leben führen, Sam.«

»Bevor ich mich dazu bereit erkläre, kommen eher die Juaristas und jagen euren Kaiser zum Teufel, bevor er den Thron überhaupt bestiegen hat!«, zischte Captain Concho.

»Sam, ich liebe dich so sehr!«

»Irrtum, du liebst nur dich! Wenn du mich lieben würdest – auch nur eine Spur – würden da nicht diese verdammten Löwen sitzen! Dann wäre ich auch nicht bis vorhin an dieses Bett da gefesselt gewesen.«

Der Captain ging zum Tisch und nahm auf einem der Stühle Platz. Wütend und mutlos zugleich starrte er vor sich hin. Dieses verrückte Frauenzimmer! Das war doch nicht zu fassen! Wenn er wieder in Shreveport bei seinen Männern war und das erzählte, würden sie ihn glatt für einen Spinner halten.

(wb)