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One shot for Sloan – Teil 4

One shot for Sloan – Eine Kugel für Sloan
Teil 4

Die Zeit bis nach Mitternacht erschien Sloan heute länger als sonst. Die vom Mond erleuchtete Nacht war ungünstig für sein Vorhaben. Von Osten zogen einige Wolken heran und tauchten den Himmel in ein Meer aus Flecken, die sich langsam bewegten. Es waren keine Gewitterwolken und würden deshalb den ersehnten Regen nicht bringen. Hoffentlich verdeckten sie bald den Mond. Außerhalb der Stadt gab er seinem Braunen die Zügel und galoppierte auf sein Ziel zu. Weit genug von der Morgan Ranch entfernt ließ er sein Pferd im Schritt gehen. Im Schutz einiger Wacholderbüsche beobachtete er die Gebäude. Es war alles ruhig. Ein Wachposten war nicht zu sehen. Die Entfernung zur Ranch betrug an die 300 Yards. Der Vorteil, die Strecke zu Fuß zurückzulegen, bestand darin, dass er sich unentdeckt anschleichen konnte. Der Nachteil, er konnte nicht schnell fliehen, falls er entdeckt werden sollte. In langsamem Schritt lenkte er seinen Braunen auf das Ranchgebäude zu. Die Pferde im kleinen Corral verhielten sich ruhig. Das Arbeitszimmer befand sich auf der Seite des Mannschaftshauses. Geschmeidig glitt Sloan aus dem Sattel und ließ die Zügelenden auf beiden Seiten hinabhängen. Solange seinen Braunen nichts erschreckte, würde er ruhig stehen bleiben. Das Schnauben eines Pferdes erklang leise in der Nacht. Schnell legte Sloan seine Hand auf die Nüstern seines Braunen. Auf dieser Seite des Hauses befand sich kein Fenster. An die Hauswand gelehnt drehte er den Kopf, blickte um die Ecke und lauschte auf die Geräusche der Nacht. Hin und wieder drang ein lauter Schnarcher aus dem Bunkhouse, ansonsten blieb alles still. Geräuschlos glitt er an der Wand entlang auf die andere Seite zum Fenster. Er schob sein linkes Hosenbein hoch und zog das Messer aus der Scheide, das an der Innenseite des Stiefelschafts befestigt war. Mit wenigen Griffen hebelte er das Fenster aus, schob es langsam hoch und glitt hinein. Wie von einer Schlange gebissen, stand er starr. Er war auf eine knarrende Bodendiele getreten. Seine Augen taxierten den Raum, der vom Mondlicht, das durch das Fenster fiel, beleuchtet wurde. Ein wuchtiger Schreibtisch mit einem Ohrensessel und ein niedriger Schrank waren alles, was sich an Mobiliar darin befand. Sollten Aufzeichnungen existieren, gab es genug Versteckmöglichkeiten. Hinter jeder Bodendiele konnte sich Papier befinden. Sloan zog die Schreibtischlade auf und nahm die Papiere heraus. Um besser sehen zu können, trat er ans Fenster. Es waren lediglich Notizen, die die Ranch betrafen. Er achtete darauf, die Papiere in der gleichen Ordnung in die Lade zu legen, wie er sie herausgenommen hatte. Soviel er in dem spärlichen Licht erkennen konnte, gab es kein Geheimfach, weder war unter der Lade etwas angebracht, noch auf der Unterseite der Tischplatte. So vorsichtig wie möglich schloss er die Schranktür auf. Das Schloss knarrte unmerklich. Wenige Unterlagen befanden sich darin. Wieder ging er zum Fenster, denn die Lampe am Tisch wagte er nicht anzuzünden. Die Tür des Bunkhouse befand sich gegenüber. Falls einer der Cowboys austreten musste, würde er den Lichtschein sehen. Auch bei diesen Papieren fand er nichts Außergewöhnliches. Vielleicht jagte er auch nur einem Hirngespinst nach. Es wäre ja zu einfach gewesen. Er legte die Papiere wieder ordentlich hinein und verschloss den Schrank. Sollte er wirklich sämtliche Bodendielen absuchen? Das war dasselbe, wie unter Zigtausend Bullen eine Kuh zu suchen. Ein Bein hatte er schon über den Fenstersims geschoben, als er noch einmal zurückstieg. Er tastete mit der Hand hinter den Schrank, doch der Spalt war zu schmal. Es war ein massiver Eichenschrank, nicht hoch, aber dennoch sehr schwer. Die Anstrengung und das hässliche Geräusch, als der Schrank über den Boden schrammte, trieben ihm den Schweiß auf die Stirn. Seine Finger tasteten flink die Rückseite ab. Tatsächlich wurde er fündig. Wieder gab es ein hässliches Geräusch, als er den Schrank zurückschob. Er steckte das Papier ein und schlich zum Fenster. Er wollte gerade sein zweites Bein über den Fenstersims nach draußen schwingen, als ein gut bekanntes Geräusch an seine Ohren drang. Wie ein Schuss hallte es geradezu in der Stille der Nacht. Das Knacken eines Revolverhahns. Verdammte Scheiße! In seiner misslichen Lage konnte er nicht mal schnell reagieren.

»Komm langsam raus und halte die Hände so, dass ich sie sehen kann«, knurrte eine Stimme.

Sloan tat, wie ihm befohlen.

»Dann wollen wir mal sehen, was ich gefangen hab.«

Sloan spürte mehr, als er sah, wie der Kerl vor ihm grinste und in seiner Hosentasche nach einem Streichholz kramte. In dem Augenblick, in dem er sein Bein hob, um das Streichholz an seinem Stiefelabsatz anzuzünden und sein Blick kurz abschweifte, stieß ihm Sloan seine Faust auf das Kinn. Mit einem ächzenden Laut fiel er in sich zusammen. Die Mühe, das Fenster zu schließen, sparte sich Sloan. Er sprang um die Ecke, sein Brauner stand noch dort, er warf sich in den Sattel und trieb ihn an. Eine laute Stimme bestätigte, dass er nicht fest genug zugeschlagen hatte. Den Schmerz fühlte er, noch bevor er den Schuss hörte, auf den weitere folgten. Fast hätte ihn die Wucht aus dem Sattel geworfen. Wie eine Feuerwalze durchflutete der Schmerz seinen Körper. Er drückte seine sporenlosen Stiefel in die Flanken. In gestrecktem Galopp jagte der Braune durch die Nacht. Ob er verfolgt wurde, konnte Sloan nicht feststellen. Der Schmerz raubte ihm fast die Besinnung. Seine ganze Kraft musste er dazu aufbringen, sich auf dem Pferd zu halten. Das Tier würde den Galopp noch lange durchhalten, doch nicht Sloan. Er zügelte das Pferd. Unwillig schnaubte sein Brauner, er hatte sich gerade erst warm gelaufen. Sloan zerrte sich das Hemd vom Körper und legte sich stöhnend einen Notverband an, um den Blutverlust zu stillen. Er lauschte in die Nacht, doch es blieb alles ruhig. Keine Hufschläge, die auf Verfolger deuteten. Er ließ den Braunen im Schritt gehen. Das Tier würde den Weg in die Stadt kennen.

 

Die Schmerzen machten deutlich, dass er nicht tot war. Es dauerte eine Weile, bis sein Gehirn registrierte, dass er in seinem Hotelzimmer lag. Bis auf den Verband um seine Taille war er nackt. Verdammt, wo war seine Kleidung? Der Briefumschlag? Er richtete sich im Bett auf und fuhr sofort wieder zurück. Der Schmerz nahm ihm die Luft zum Atmen. In seiner Seite pochte es unmenschlich. Plötzlich öffnete sich die Tür und Noseworthys Gesicht erschien im Türspalt. »Hey, unser Sheriff ist aufgewacht.«

»Wie lang bin ich hier?« Sloans Stimme klang wie das Schaben von Hufen auf Stein.

»Owens fand dich frühmorgens vor dem Mietstall. Du warst vom Pferd gefallen. Jetzt ist es Abend.«

»Auf welcher Seite stehst du, Noseworthy?«

Noseworthy sah ihn verdutzt an. »Auf der Seite des Gesetzes.« Er neigte den Kopf zur Seite. »Es liegt was in der Luft. Ich spür’s in meinem Rücken. Einige von den Galgenvögeln der Morgan Ranch halten sich in der Stadt auf, Winston stelzt herum wie ein eitler Hahn und spielt sich auf, als gehöre die Stadt ihm.« Er neigte den Kopf zur anderen Seite. »Wer hat dir das Ding verpasst?«

»Ich kenn den Kerl nicht.« Das war nicht mal gelogen. »Wo ist meine Kleidung?«

»Hat Rachel mitgenommen.«

»Besorg mir was zum Anziehen«, verlangte Sloan.

»Du bist loco.« Noseworthy tippte sich mit dem Zeigefinger an die Stirn. »Der Doc sagte, du bist dem Sensenmann grad noch mal von der Schippe gerutscht. Zu viel Blut verloren.«

»Kann sein, dass uns hier bald die Kugeln um die Ohren fliegen«, knurrte Sloan. Er wollte seiner Stimme einen festen Klang geben, doch das misslang gründlich. Am liebsten wollte er schlafen. Noseworthy hielt seine abgesägte Schrotflinte hoch und wollte noch etwas sagen, wurde aber unterbrochen, als es an der Tür pochte. Auf Sloans »come in« trat Rachel ein.

»Ich hab deine Kleidung gereinigt und geflickt.« Sie legte die Kleidungsstücke auf den Stuhl, der nahe an Sloans Bett stand. »Wie geht’s dir?«

»Dank dir, Rachel. Wo ist der Brief?«

Sie deutete zur Kommode. »Waffe und Brief, alles da.«

»Gib mir beides.«

»Hat wohl keinen Sinn, dir zu sagen, dass du zu verletzt bist, um zu kämpfen.« Sie legte ihm seinen Revolver und den Umschlag auf die Bettdecke.

Er wusste, dass er in seinem Zustand nicht kämpfen konnte. Die Wunde schmerzte, als wühle jemand mit einem Messer in seinem Fleisch.

»Winston macht im Saloon Stimmung gegen dich. Er hetzt die Männer auf.« Rachel sah ihn nachdenklich an.

»Verdammt.« Sloan wusste genau, dass er tagelang ans Bett gefesselt war. Was anderes zu glauben, wäre idiotisch. Er war kein ernst zu nehmender Gegner, nicht mal für den schlechtesten Schützen des Countys.

»Ich hab die Notizen gelesen«, sagte Rachel ungerührt.

Er wusste nicht, was Heziah Morgan niedergeschrieben hatte. Rachel würde kombinieren und seine Tätowierung kannte sie, schließlich waren sie vor Jahren ein Paar gewesen.

»Du wirst Hilfe brauchen, doch dazu solltest du mit der Wahrheit rausrücken. Oder denkst du, dass du es gegen die gesamte Mannschaft der Morgan Ranch aufnehmen kannst?« Neugierig sah Noseworthy von Rachel zu Sloan.

Langsam nickte Sloan. Sie hatte recht. Wenn es hart auf hart ging, brauchte er in seiner jetzigen Lage Hilfe. »Ich bin Jed Morgan, der richtige Jed Morgan.«

Ein erstickter Aufschrei an der Tür ließ sie alle drei den Kopf drehen.

Victoria Morgan stand in der offenen Tür. »Ich hatte geklopft«, flüsterte sie. Sie trat näher. »Ist es wirklich wahr?« Ihr Gesichtsausdruck zeigte, wie durcheinander sie war.

Sloan drehte den Arm so, dass sie gut sehen konnte. Sie trat zu seinem Bett.

»Ihr habt dieselbe Tätowierung. Wie ist das möglich?« Behutsam strich sie über seine Haut.

Ihre Berührung verursachte ein angenehmes Prickeln. »Sieh genau hin«, verlangte Sloan. »Meine wurde mir als Kind zugefügt, deshalb ist sie nicht scharfkantig. Die Haut hat sich gedehnt und ist mitgewachsen. Ich kenne die andere nicht, doch sie dürfte exakter sein. Ein Brandmal kann man mit Asche älter erscheinen lassen. Nicht gerade angenehm für den Träger.«

»Du bist sein Sohn, Jed.« Sie war richtig ergriffen. »Sein einziger Wunsch war, dich zu finden. Er glaubte nie daran, dass du tot sein könntest. Er hätte dich so gern gesehen.« Sie atmete tief ein, um ihre Fassung wiederzuerlangen. »Hast du eine Narbe?«

Er grinste. »Ich hab einige Narben, und die, die du meinst, hab ich auch. Als Junge stieg ich in eine Falle. Die Stelle, wo der Dorn mein Fleisch bis zum Knochen durchschlug, erkennt man noch heute.«

»Ja, Vater erzählte mir, dass sein richtiger Sohn außer dem Brandmahl noch eine Narbe haben muss, die er sich als Kind zuzog. Zeig sie mir«, verlangte sie.

Er wollte die Decke zurückschlagen, als ihm einfiel, warum das nicht angebracht war. Stattdessen zog er die Decke so weit hoch, bis sie seine Beine freigab. Ihr Blick glitt zu seinem rechten Bein, zu der Stelle oberhalb des Knöchels. »Du bist es«, hauchte sie.

Müde und in abgehackten Sätzen erzählte Sloan von dem Tag des Überfalls und vom Leben bei den Indianern. »Als ich mit siebzehn wieder zu den Weißen kam, war ich ein wilder Krieger, der sich mit dem neuen Leben nicht zurechtfand. Meine Muttersprache hatte ich verlernt, wusste nicht mal meinen Namen. Dort, wo mich die Soldaten untergebracht hatten, gaben sie mir einfach irgendeinen Namen, Sloan Harding. Ich riss aus und trieb mich Jahre herum. Irgendwann las ich in einer alten Zeitung die Annonce. Ich versuchte, mich zu erinnern, doch es gelang mir nicht. Zufällig kam ich zu einem Überfall, wobei ein kleines Mädchen irrtümlich erschossen wurde. Ab diesem Zeitpunkt drangen kleine Erinnerungsfetzen an die Oberfläche.« Seine Stimme wurde leiser. Das Reden strengte ihn an, seine Seite schmerzte, als stecke jemand glühende Messer hinein. Mit einer müden Handbewegung reichte er Victoria die Notizen, die er noch nicht mal selbst gelesen hatte. »Die hab ich letzte Nacht aus dem Arbeitszimmer meines Vaters geholt. Er hatte sie gut versteckt.«

»Der Betrüger wollte mich zwingen, auf die Ranch zu kommen. Wenn er herausfindet, wer du bist, wird er dich töten.«

»Ich werde hier wohl nicht mehr gebraucht, wie ich sehe.« Scharf klang Rachels Stimme durch den Raum. »Ich hab noch was anderes zu tun, als hier herumzustehen.« Sie maß Victoria mit einem vernichtenden Blick, riss die Tür auf und schloss sie geräuschvoll.

Sloan seufzte innerlich. Eifersucht war in seiner jetzigen Situation das Letzte, das er brauchen konnte. Er und Victoria überflogen die Notizen, während Noseworthy auf seinen Absätzen wippte und geduldig wartete.

»Er wusste, dass das nicht sein wirklicher Sohn war.« Sloan sprach mehr zu sich selbst. »Deshalb musste er sterben. Vielleicht ist das auch der Grund für Colemans Ermordung.«

»Und was nun?«, fragte Noseworthy. »Auch wenn du die Beweise in der Hand hältst, der Kerl hat einige üble Gestalten um sich versammelt, die zuerst schießen und dann fragen.«

»Ich denke nicht, dass der Betrüger der Anführer ist.« Sloan verkniff sein Gesicht vor Schmerz.

»Du musst dich ausruhen«, mahne Victoria leise.

Ausruhen, dachte Sloan. Er musste Kräfte sammeln. Er wollte Noseworthy noch warnen, doch bevor er zum Sprechen ansetzen konnte, schlief er ein.

 

Übergangslos erwachte er. Nicht der Schmerz hatte ihn geweckt, es war sein Instinkt. Seine Hand tastete nach seiner Waffe. Unter der Decke spannte er den Revolverhahn. Fast hätte er vor Schmerz gebrüllt, als er seine Beine aus dem Bett schob. Die Matratze quietschte unter ihm. Er drückte die Bettdecke so, als läge jemand darin. Im Dunkeln sah es zumindest so aus. Ungelenk erhob er sich. Einen Augenblick lang stand er mit zusammengebissenen Zähnen da und lauschte. Noch immer nackt. Schweiß stand ihm auf der Stirn. Keinerlei Geräusche drangen von draußen herein. Es war tiefste Nacht. Vorsichtig schob er sich ein Stück vom Bett weg zur Kommode. Viel Bewegungsfreiheit war in dem kleinen Raum nicht gegeben. Ein leises, kaum wahrnehmbares Knarren auf dem Gang, direkt vor seiner Zimmertür. Er hörte, wie sich der Türknauf bewegte. Sloan richtete den Revolver auf die Tür, die sich langsam einen Spaltbreit öffnete. Er ahnte eher, als er es wahrnahm, wie sich ein Schatten in den Spalt schob. Ein Freund konnte es nicht sein, denn der würde tagsüber kommen, oder zumindest anklopfen. In dem Augenblick, als durch das gegenüberliegende Fenster ein Mondstrahl die offene Tür beleuchtete und Sloan den Lauf der Waffe sah, feuerte der Eindringling auf das Bett. Gleichzeitig schoss Sloan zweimal. Der gurgelnde Laut und der darauffolgende schwere Fall eines Körper sagten ihm, dass von dem Mann keine Gefahr mehr ausging. Er entzündete die Lampe auf der Kommode. Nackt, in der einen Hand den Revolver, in der anderen Hand die Lampe, starrte er auf die Gestalt am Boden. Der Mann war tot. Er lag auf den Bauch. Der Versuch, mit dem Fuß den Körper auf den Rücken zu rollen, misslang. Da hörte Sloan polternde Schritte und bald darauf erschien schnaufend Noseworthy. Er stieß einen japsenden Laut aus. Noseworthy war nur halb angezogen, Unterwäsche, Stiefel, Hut und seine Schrotflinte. »Solltest dir was anziehen«, sagte er, indes er die Leiche auf den Rücken drehte.

»Viel besser siehst du auch nicht aus«, konterte Sloan.

Wahrlich hatte Noseworthys Unterzeug schon bessere Tage gesehen. Jetzt war es schmutzig grau und löchrig.

Sloan fiel die Entscheidung schwer, entweder sich unter Zeugen mühevoll in seine Kleidung zu quälen, was sicher einige Minuten in Anspruch nehmen würde, oder sich ins Bett zu legen. Er entschied sich dafür, sich zum Bett zu quälen, hinzusetzen und die Decke über seinen Schoß zu ziehen. So fühlte er sich wenigstens nicht so hilflos.

»Die wollen dich aus dem Weg räumen.«

»Sieht ganz danach aus. Kennst du den Kerl, Josh?«

Noseworthy schüttelte den Kopf. »Noch nie gesehen.« Er kramte in den Taschen des Toten und holte einige Dollarscheine hervor. »Mörderlohn.«

Im Hotel sowie auf der Straße blieb es ruhig. Schüsse in der Nacht waren nicht dazu gedacht, sich möglicherweise in die Schusslinie zu bringen.

»Ob der unechte Morgan etwas ahnt?«

Sloan zuckte mit den Schultern, doch er bereute es sofort, als ihm der Schmerz durch die Glieder fuhr. »Ich hab ihn nur einmal gesehen, doch für so schlau halte ich ihn nicht.« Plötzlich fielen ihm die Notizen ein. Suchend irrte sein Blick umher.

Noseworthy schleifte den Toten nach draußen und schloss die Tür. »Ich hab’s versteckt, während du geschlafen hast.« Er grinste bis über beide Ohren. Das metallene Bettgestell hatte an den vier Ecken jeweils eine Kugel an den verlängerten Füßen. Am Fußende mühte sich Noseworthy, die Kugel runterzuziehen. Trotz des spärlichen Lichtscheins sah Sloan, wie sich sein Gesicht vor Anstrengung rot färbte. Die Wucht, als die Kugel abging, ließ ihn nach hinten taumeln. »Hier ist es.« Er faltete zwei Zettel auseinander, die winzig klein zusammengelegt waren. »Die anderen sind in der anderen Kugel. Gehen schwer ab, die Dinger.« Er stopfte das Papier wieder hinein und steckte die Kugel an das Bettgestell.

»Gut gemacht, Josh.« Anerkennend nickte Sloan. »Tu mir einen Gefallen und lass mich noch ein paar Stunden schlafen. Heut Nacht wird nichts mehr passieren. Und morgen besorgst du mir Schmerzmittel vom Doc.«

Noseworthy salutierte grinsend und verschwand. Sloan hörte, wie er den Toten die Stiege hinunterschleifte.