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Captain Concho – Band 56

Bill Murphy
Captain Concho – Der Rebell aus Texas
Band 56
Vicksburg darf nicht fallen

Western, Heftroman, Bastei, Köln, 66 Seiten, 1,70 €, Neuauflage, Titelbild von Ertugrul Edirne / Becker-Illustrators
Extra: Die Schlacht um Vicksburg: Die Sprengung des Third Louisiana Redan, Teil 7

Kurzinhalt:
Die Konföderation kämpft mit zäher Verbissenheit um Vicksburg. Den Yankees gelingt es trotz ihrer Übermacht nicht, den Sperrriegel um die Festung zu knacken. Doch dann bekommen sie die entscheidende Chance, Vicksburg den Todesstoß zu versetzen. Ein Spionagering bietet den Blauröcken an, ihre Armee durch ein geheimes Stollensystem in die Stadt einzuschleusen. Da wären auch die schweren Geschütze der Rebellen machtlos. Durch einen riskanten Trick setzt sich Captain Concho auf die Fährte der Agenten, denn nur blitzschnelles Handeln kann die Katastrophe noch verhindern.

Leseprobe:

Bis zum Hals klopfte Captain Concho und den Männern das Herz, als die großen Kanonenboote im Yazoo, einem Nebenfluss des Mississippi, direkt vor der Mündung des Steeles Bayou Anker warfen.

Das von Captain Concho gekaperte Dampfboot konnte den Steeles Bayou auch nicht mehr befahren. Sie hatten schon in der Mündung Grundberührung gehabt. Nun saßen sie damit im Schilf fest und kamen nicht mehr vor und zurück.

»Die wissen, dass wir hier sind!«, raunte Benson, der lange Lieutenant, obwohl ihn die Yankees auf den Kriegsschiffen nicht hören konnten. So weit war ihnen der Gegner nun doch nicht auf die Pelle gerückt.

Concho spähte durch den Feldstecher. Noch bewegten sich die Kanonen auf den Schiffen nicht.

Er schaute kurz über die Schulter. Den Schornstein des Dampfbootes hatte er fällen lassen. Mit der Axt, weil der Schornstein der Gilfe nicht umklappbar war. Sie lagen im dichten und hohen Schilf. Unmöglich eigentlich, dass die Yankees sie sehen könnten.

»Gehen wir von Bord!«, raunte Benson. »Wenn die ihre Kanonen richten und ihre Koffer rüberschicken, ist es zu spät.«

»Nun mal ruhig Blut, Ben!«, versetzte Captain Concho. »Noch gibt es keine Anzeichen, dass sie uns gesehen haben. Und in den Steeles Bayou kommen die nicht rein.«

Er gab ihm den Feldstecher.

»Halt mal hier die Stellung! – Dandry!«

Der Sergeant Major hockte mit Hines und Polak vor der Back, dort, wo die Union Repeating Gun stand. Er ruckte hoch und kam geduckt über die Back gestiegen.

»Sir!«

»Kommen Sie, Dandry!«, sagte Captain Concho. »Wir gehen mal an Land. Ich werde den Gedanken nicht los, dass die Yankees hier auf etwas ganz anderes warten, bloß nicht auf uns.«

»Wir haben mit der Union Gun den Yankees Tonnen von Pulver in die Luft gejagt und ihnen sämtliche Stollen in dem Steilufer unterhalb Vicksburg zerstört«, sagte Benson. »Die Yankees wissen inzwischen, dass wir dieses Schiff gekapert haben. Wen suchen die also deiner Meinung nach?«

»Das will ich ja gerade feststellen!«, versetzte Captain Concho trocken und verließ mit Dandry das kleine Dampfboot. Ein Sprung, und beide waren am Ufer.

»Ich lasse das Schiff räumen, sobald der Yankee das Feuer eröffnet!«, rief Benson.

Sam Concho hob die Hand zum Zeichen, dass er damit einverstanden war.

Vicksburg lag zehn Meilen entfernt im Süden. Wegen der üppigen Vegetation konnten sie die so schwer umkämpfte Stadt da oben auf dem Hochplateau nicht sehen. Aber sie vernahmen Gefechtslärm, Artilleriefeuer. Hin und wieder trug der Wind auch das Geräusch von fernem Gewehrfeuer heran.

Sie stapften durch das hohe Gras in ein Waldstück hinein.

»Sie haben Ihren Feldstecher mit?«, fragte Captain Concho.

Er und seine Männer trugen Zivilkleidung. Der Sergeant Major nahm den Feldstecher aus der Jacketttasche und hielt ihn kurz hoch.

Die Männer hatten die Yankee- schiffe auf dem Yazoo schon von ihrem kleinen Dampfboot aus sehen können. Die Entfernung betrug keine Meile. Trotzdem waren sie zur Landzunge eine Stunde unterwegs, so unwegsam war der Wald.

Die drei Kanonenboote waren längsseits gegangen und lagen vor Anker.

»Sie können den Yazoo ein ganzes Stück befahren«, meinte der Sergeant Major. »Weshalb zum Teufel warten sie hier? Um den Steeles Bayou zu blockieren, reicht eines der Schiffe.«

Captain Concho ließ sich den Feldstecher geben, stellte das Okular ein und suchte die Schiffe ab. Außer Marinesoldaten gab es auf den Schiffen nichts zu sehen. Er sah sich die Kanonenboote genau an und beobachtete die Mannschaften und Offiziere. Ihm fiel auf, dass die Wachen und viele der Offiziere den Yazoo hinaufblickten.

»Die Kerle warten auf etwas«, sagte er. »Doch keinesfalls auf uns. Würden sie annehmen, wir wären in den Yazoo hineingefahren, würden sie uns folgen, Dandry. – Sie beziehen hier Posten. Ich schicke Ihnen noch einen Mann. Alle vier Stunden wird abgelöst. Solange die Kanonenboote hier vor dem Steeles Bayou liegen, können wir uns ohnehin nicht rühren. Setzen die ein Boot ab und kommen hier an Land, zurück zum Schiff, marsch marsch! Allgemein verständlich?«

»Zu Befehl, Captain!«

Captain Concho gab Dandry den Feldstecher, klopfte ihm auf die Schulter und trat den Rückweg an.

Benson stand am Ufer, als Concho über den letzten, mit Schlingpflanzen völlig zugewachsenen Baumstamm kletterte.

Der lange Lieutenant blickte ihm gespannt entgegen.

»Die Yankees warten, dass wir aus dem Loch kommen und sie uns in den Grund bohren können, was?«, fragte er.

»Die warten! Aber nicht auf uns!«, erwiderte Captain Concho und rief Oscura von Bord.

Das Gewehr in der Faust sprang der kleine Corporal ans Ufer und meldete sich.

»Schlagen Sie sich durch den Wald, Corporal, und melden Sie sich als Doppelposten bei Sergeant Major Dandry. Sie werden später von Forscreek und Finnewacker abgelöst.«

»Schlagen, Captain?«, versetzte der Kleine keck und schulterte den Karabiner. »Ich werde marschieren.«

Captain Concho nahm ihm dem Karabiner ab. »Mit Marschieren wird da nichts. Sie müssen klettern. Lassen Sie die Knarre mal hier. Die ist Ihnen dabei nur hinderlich.«

»Melde mich ab, Captain!«, rasselte der Kleine schneidig.

Concho hob kurz die Hand, und Corporal Oscura stapfte durch das hohe Gras zum Wald.

»Wir werden uns hier einrichten müssen«, erklärte der Captain an Benson gewandt. »Schick ein Jagdkommando los. Aber die Leute sollen sich mindestens eine Meile von hier entfernen, ehe sie einen Schuss abgeben. Ein Mann soll Holz schlagen. Ein rauchloses Feuer sehen die Yankees nicht. In der Nacht kann es dann ruhig qualmen.«

»Dann schicke ich am besten Finnewacker und Forscreek los«, sagte der lange Lieutenant. »Bei denen können wir sicher sein, dass die auch ein Stück Wild bringen.«

»Einverstanden! Dann übernehmen die nächste Wache Molden und Dusty.«

An Bord der Gilfe befanden sich auch die drei Gefangenen. Zwei Agenten, die den alten Minenstollen bewacht hatten, durch den Captain Concho und seine Männer mithilfe der Spionin aus der, Festung gelangt waren. Bei dem Dritten handelte es sich um einen Marinesoldaten, der die Gilfe fuhr, als Steuermann, Maschinist und Kapitän in einer Person.

Die drei saßen im Steuerhaus und wurden von Dusty und Molden bewacht.

»Ich bedauere, dass ich Sie mit Ihrem Schiff noch nicht entlassen kann«, sagte Captain Concho zu dem Marinesoldaten. »Aber Sie sehen ja! Es sind Ihre Kameraden, die uns daran hindern, Sie und das Schiff freizugeben.«

»Wir haben Hunger!«, meldete sich einer der Agenten. »Wir haben seit gestern nichts mehr gegessen.«

»Wir auch nicht! Aber ein Jagdkommando macht sich jetzt auf den Weg und besorgt einen Braten.« Er wandte sich an Molden und Dusty. »Bewaffnet euch mit Äxten und schlagt Holz. Ich werde hier die Wache übernehmen.«

Molden und Dusty verließen den Steuerstand des kleinen Dampfbootes, und Captain Concho setzte sich auf die Bank. Die Yankees wussten, dass er mit zwei Revolvern bewaffnet war.

Finnewacker und Forscreek tauchten schon hach einer Stunde mit einem Reh wieder auf. Niemand hatte einen Schuss gehört. Die beiden hatten das Tier an Ort und Stelle ausgenommen und schlugen es nun aus der Decke. Molden und Dusty entzündeten bereits das Feuer. Es dauerte nicht lange, da wehte Bratenduft durch das Schilf.

Als es auf den Abend zuging und die Männer beim Essen saßen, stürmte Sergeant Major Dandry mit allen Anzeichen von Aufregung aus dem Wald.

Captain Concho erhob sich und schaute über das Schilf hinweg zum Yazoo. Die Kanonenboote lagen noch dort. Etwas Verdächtiges war nicht zu erkennen.

Keiner der Männer aß mehr. Alle blickten in gespannter Erwartung dem Sergeant Major entgegen.

Captain Concho sprang mit dem Stück Braten in der Hand an Land.

»Captain, die Yankees haben Gefangene übernommen!«, stieß Dandry atemlos hervor. »Auf einem Floß sind sie den Yazoo heruntergebracht worden.«

Concho biss ein Stück Fleisch ab. »Das ist doch nichts Besonderes. Beim Kampf um die Festung machen wir Gefangene, aber auch der Yankee. Wie viele?«

Dandry war völlig außer Atem. »Es sind Offiziere aus der Festung. Offiziere aus General Pembertons Stab.«

Captain Concho ließ das Bratenstück sinken.

»Ich habe. Major Sidow und Colonel Ballard einwandfrei erkannt und auch die drei anderen Offiziere, deren Namen ich nicht kenne. Auf jeden Fall habe ich sie alle schon in General Pembertons Hauptquartier gesehen.«

Major Sidow und Colonel Ballard waren die persönlichen Adjutanten von General Pemberton, dem Commander von Vicksburg, und Brigadegeneral Dill Lee, dem Befehlshaber der Artillerie-Einheiten in der eingeschlossenen Festung.

Vor drei Tagen hatten sich diese Männer noch in der Festung und in Pembertons Hauptquartier befunden. Das alles konnte also nur heißen, dass die hohen Offiziere entführt worden waren.

Concho ahnte auch schon, von wem! »Waren Yankeesoldaten auf dem Floß?«

»Nein, Zivilisten!«, erwiderte der Sergeant Major.

Captain Concho drehte sich nach Benson um, der an der Reling stand.

»Diese Spionagefirma!«, stieß Benson gallig hervor. »Dieses Unternehmen, das Spionage kommerziell betreibt, wie uns diese Lady verraten hat. Vertraglich bis Kriegsende an die Yankees gebunden. Und ich sage dir noch eines. Die kennen noch mehr unterirdische Zugänge, um unbemerkt in die Festung zu gelangen.«

Captain Concho stieg auf das Schiff. Benson war ihm dabei behilflich. Zwei von diesen Agenten hatten sie ja. Concho betrat den Steuerstand. Auch der Marinesoldat und die Agenten hatten zu essen bekommen.

»Es gibt außer dem Minenstollen, den wir benutzten und den unsere Leute in der Festung inzwischen gesprengt haben, noch weitere geheime Zugänge«, wandte sich Captain Concho an die beiden Agenten. »Zugänge, die dem Spionageunternehmen bekannt sind, zu dem Sie gehören.«

»Mag sein!«, antwortete der eine Agent kauend. »Aber wir kennen sie nicht.«

»Wir bringen Sie nach Vicksburg, Gentlemen!«, sagte Concho. »Darauf können Sie sich verlassen. Wenn wir von Bord gehen, nehmen wir Sie mit. Und in der Festung stellt man Sie an den Pfahl. Das ist auch sicher. Sie können mich da nur umstimmen, wenn Sie reden!«

»Wir haben davon keine Ahnung. Von uns weiß jeder immer nur so viel, wie er für seinen Job wissen muss. Nicht mehr. Aber auch nicht weniger!«, erwiderte der Agent. Sein Gefährte nickte zustimmend und aß schmatzend und unbeeindruckt von Captain Conchos Drohung weiter.

Concho verließ den Steuerstand wieder.

»Die machen das Maul also nicht auf?«, stieß Benson wütend hervor. »Es sei denn, wir nehmen uns die Kerle zur Brust.«

Von solchen Methoden wollte Concho jedoch nichts wissen. Er blieb an der Reling stehen und blickte zu den Kanonenbooten, die in der fortgeschrittenen Dämmerung nur noch schemenhaft zu erkennen waren.

Dandry kam auf das Boot gestiegen.

»Haben Sie sehen können, auf welches Schiff die Offiziere gebracht worden sind?«

»Aye, Captain! Es ist die Hartford. Sie liegt von hier aus gesehen außen.«

» Hartford!«, sagte Sergeant Hines. »Das ist aber kein Kanonenboot, sondern ein richtiger Kreuzer.«

»Die Yankees haben die Stabsoffiziere gewiss kidnappen lassen, um etwas über die Festung zu erfahren«, meinte Benson. »Da wette ich!«

»Forscreek! Finnewacker!«, rief Captain Concho. »Macht das Rettungsboot klar! Ben, der Marinesoldat soll die Uniform ausziehen.«

»Sam!«, rief der lange Lieutenant betroffen.

»Bewegung, verdammt!«, befahl Concho scharf, legte den Hut auf die Back und zog das Jackett aus.

(wb)