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Hessische Sagen 7

Die Bleicherin

Neben dem Badeort Soden bei Frankfurt erhebt sieh ein Hügel, welcher das Nadelkissen heißt. Darauf hat vor langen Zeiten ein Kloster gestanden, von welchem jedoch nur wenige Steine mehr übrig sind. Als man dasselbe abbrach, wurden die Bauern gezwungen, die Steine gen Frankfurt zu fahren, wo man den Frohnhof davon baute. In diesem Kloster lebte einst eine heilige Frau. Wenn dieselbe wusch, dann hing sie die Wäsche nicht auf ein Seil, sondern in die Luft und die Luft trug und trocknete sie. Wenn die Sodener das sahen, dann liefen sie stets alle vor die Türen ihrer Häuser und konnten sich nicht satt an dem Wunder schauen. Auch soll das ein Vorzeichen von schönem Wetter gewesen sein.


Die Silberwäscherin zu Unterschlitz

Am linken Fulda-Ufer liegt zwischen Schlitz und Hutzdorf die Schlitzer Burg. Jetzt gewahrt man kaum mehr eine Spur von ihr, denn schon um 1261 wurde sie von dem tapferen Abt Bertho II. von Leibolds zerstört, demselben, den man gewöhnlich den Abt Fingerhut nannte. Auf der Stelle, wo sie sich einst erhob, geht es um und noch heut hört man um Mitternacht die Silberwäscherin, welche zahllose silberne Teller aufeinander türmt, bis der Schlag eins sie von ihrer Arbeit erlöst.

Einer anderen Sage zufolge schlich sich eines Abends ein Weib in die Kirche und stahl dort die heiligen Gefäße. Manche davon hatte sie schon verkauft, manche auch vergraben, als der Tod sie übereilte. Jetzt muss sie zur Strafe jede Nacht das vergrabene Silber hervorholen und es in der Fulda waschen.


Weiße Jungfrauen bei Hungen

Nordwestlich vom Grasser Hofe bei Hungen liegt ein mit Gebüsch bewachsener Hügel, der Grasser Berg genannt, auf dem vor Zeiten ein Raubschloss gestanden haben soll, dessen Keller bis nach Nonnenrod reicht. In diesem Keller soll sich eine schöne Jungfrau befinden. Ein Mann, der sich einmal hineingewagt, sah sie und erhielt eine schöne Blume von ihr. Andere sagen, es seien zwei weiße Jungfrauen gewesen und sie hätten ihm eine schöne Blume gereicht, an welcher er roch und sie dann neben sich legte. Als er wieder weggehen wollte, rief die Eine ihm zu: »Vergiss den Schlüssel nicht! «

Er verstand das aber nicht und ging, und da fuhr die Kellertür mit solcher Heftigkeit hinter ihm zu, dass sie ihm beide Fersen abschlug.

Oft trugen Leute ihre schwarze Wäsche an den Keller und fanden sie morgens weiß und trocken an demselben Ort wieder. Das hatten die weißen Jungfern getan.


Der Horst

Der Horst liegt östlich von Rudingshain nach dem Geißelstein zu, neben dran heißt man’s den wilden Berg. Da stand in alten Zeiten ein Raubschloss, von dem man noch Gemäuer sieht. Die Ritter, welche es bewohnten, pflegten denen eines anderen Schlosses, das auf der Feldkrücker Höhe stand, Zeichen zu geben, wenn Reisende in die Nähe kamen oder es überhaupt etwas zu plündern gab. Dann zogen sie gemeinschaftlich auf den Raub aus. Endlich kamen aber andere mit gewaffneter Hand über sie und zerstörten beide Schlösser.

Andere sagen, wie in uralter Zeit in dem Horst wilde Leute gelebt, die oft zu den Bauern aufs Feld kamen und ihnen arbeiten halfen. Wieder andere erzählen, zwei verwünschte Jungfrauen hätten den Horst inne. Die kämen mittags den Berg herunter und wuschen in dem Wasser, welches an dessen Fuße fließt.


Die drei Jungfrauen von Steckelberg

In der Nähe des Steckelberges wandeln jede Nacht drei Jungfrauen am Ufer der Kinzig einher, wo sie unter leisem Gesange ihre Brautkleider wirken. Sie starben nämlich unvermählt in der Blüte ihrer Jahre.


Tote Frau auf Rodenstein

Einem Bauern träumte, es kämen mehrere vornehme Damen in einer Kutsche vor sein Bett gefahren und gäben ihm einen bestimmten Ort an, wohin er kommen solle mit einer Hacke und einem Sack, der aus Garn gewoben sein müsse, das ein siebenjähriges Kind gesponnen habe. Nachdem er sich einen solchen Sack verschafft hatte, kam er zur festgesetzten Stunde hin und fand die Damen schon sein harrend, es war an dem Markstein vor der Burg Rodenstein. Der Frauen waren zwei, beide gar schön und weiß gekleidet, die gingen ihm voran auf die Burg zu. Sie hielten vor einem großen verschlossenen Tor an und kaum standen sie da, als der Schlüssel aus dem Gemäuer über dem Tor herabgelassen wurde. Als aufgeschlossen war, fand sich der Bauer mit ihnen in dem mit Gras bewachsenen Schlosshof. Da führten sie ihn in eine Ecke und hießen ihn ein Loch hacken. Er ging herzhaft an die Arbeit und es dauerte keine Viertelstunde, als er eine weiche Masse fühlte. Er griff einmal mit der Hand hin und da war es das Gesicht eines toten Körpers. Er nahm all seinen Mut zusammen und entblößte den Leichnam, in welchem er eine Frau erkannte, von der Erde.

»Jetzt steck die Leiche in den Sack«, sprachen die beiden Frauen, doch da ergriff den Bauern eine solche Angst, dass er sich nicht mehr halten konnte und Hals über Kopf davon lief. Zu Hause sank er ohnmächtig hin und verfiel bald darauf in Wahnsinn.


Die Schlange mit den Schlüsseln

Bei Eberstadt liegt die Torfmühle, da bekam vor längerer Zeit der Mahlknecht die Woche 20 Kreuzer mehr als in jeder anderen Mühle, denn es war da nicht geheuer. Einmal trat ein Sachse dort in Dienst, der war ein starker großer Mann und sprach immer, er fürchte sich vor nichts in der Welt. Als er am ersten Morgen mahlte, da kam gegen 11 Uhr ein kleines graues Männchen, das lief in der Mühle hin und her bis Schlag 12 Uhr, da verschwand es. Am anderen Tag kam es wieder und so jeden Tag wohl anderthalb Jahre lang, und der Knecht ließ es ruhig gewähren, doch sprach es nie auch nur eine Silbe.

Nun aber stellte es sich plötzlich eines Morgens gerade vor ihn und sprach: »Auf dich habe ich schon lange gewartet.«

»Ei, was du sagst«, sprach der Knecht. »Warum denn gerade auf mich?«

»Weil du Mut hast«, erwiderte das Männchen, »und mich erlösen und dich zum reichsten Mann in Hessen machen kannst.«

»Das wäre nicht so übel«, meinte der Knecht, »wie soll ich das denn anfangen?«

»Morgen Mittag komme ich in anderer Gestalt«, antwortete der Kleine, »und trage drei Schlüssel an mir. Wenn du mir die abnimmst und mit mir gehst, dann bist du geborgen für dein Leben lang.«

»Das kann geschehen«, sprach der Knecht.

Und da sprang das Männchen vor Freude hoch auf und lief weg.

Abends kam der Herr der Mühle, um nachzusehen, was der Knecht macht. Da erzählte ihm dieser alles und gestand dabei, dass es ihm doch ein wenig beklommen ums Herz sei.

»Gut«, sprach der Herr, »du bleibst um die Zeit in der Mühlstube, ich halte mich in der Mühle versteckt. Will dir der kleine Kerl etwas anhaben, dann rufe nur, und ich springe dir bei.«

Gesagt, getan. Der Knecht setzte sich gegen elf Uhr in die Stube an den Tisch und las, wie die Sachsen denn meist gerne lesen, in einem seiner Bücher. So mochte er etwa eine halbe Stunde gesessen haben, da sprang die Tür auf. Er sah um sich, aber es war noch nichts zu sehen und er las weiter. Bald nachher hörte er etwas rasseln, er blickte unter den Tisch, woher der Ton kam und da glotzte ihn eine armdicke Schlange mit großen Augen an. Sie hielt drei Schlüssel im Maul und schüttelte immer mit ihrem dicken Kopf. Da erfasste den Knecht aber solch eine Angst, dass er stumm und starr, wie festgespannt da saß und nicht wagte, der Schlange die Schlüssel abzunehmen. Diese sah ihn aber immer flehender an, je mehr die Zeit verstrich und legte gar ihren Kopf, wie ein getreuer Hund es tut, auf sein Knie, sodass er nur die Hand zu öffnen brauchte. Aber da zog er die Hand zurück und fiel gar in Ohnmacht. Nach zwölf Uhr kam der Herr, um nach ihm zu sehen. Da lag er wie tot da und regte kein Glied.

Als er aber wieder zu sich kam, war sein erstes Wort: »Hier bleibe ich nicht.«

Und er schnürte noch am selben Tag sein Bündel und zog seines Weges. Von dem Männchen aber hat man nie wieder etwas gesehen.


Geister auf Ulrichstein

Ehedem sah man oft am hellerlichten Tag einen großen weißen Mann auf Ulrichstein umhergehen, der trug ein Bund Schlüssel in der Hand, welches er den Leuten hinreichte. Doch wagte keiner, dieses anzunehmen. Noch soll es nachts im Schlosse umgehen und viele wollen das Wimmern eines Kindes gehört haben.


Der weiße Mann in Herbstein

Vor alten Zeiten kamen einmal rebellische Leute von Fulda, um die Befestigungen von Herbstein zu zerstören. Als nun der Anführer an die Brücke gekommen war, gab er Befehl zum Angriff. Da erschien plötzlich ein Mann im weißen Kleid und winkte den Truppen umzukehren. Diese wurden dadurch so in Schrecken gesetzt, dass sie zum Angriff nicht fähig waren, sondern umkehrten. Also wurde Herbstein gerettet.


Der Haak1 bei Melbach

Eine Nonne trug jeden Morgen ihren Kehrdreck (Kehricht) an eine Stelle bei Melbach und so ist nach und nach der Köppel, ein kegelartiger Hügel, daraus geworden, welcher der Haak heißt. Auf diesem baute sie sich dann ein steinernes Häuschen, von dem noch Mauern dastehen, und lebte darin bis zu ihrem Tod.

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  1. althochdeutsch: Hügel