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Captain Concho – Band 52

Bill Murphy
Captain Concho – Der Rebell aus Texas
Band 52
Ausbruch aus der Yankee-Falle

Western, Heftroman, Bastei, Köln, 66 Seiten, 1,70 €, Neuauflage, Titelbild von Ertugrul Edirne / Becker-Illustrators

Extra: Die Schlacht um Vicksburg: Das »Gilbratar des Mississippi« im Jahr 1863, Teil 3

Kurzinhalt:
Alles haben Captain Concho und seine Männer auf eine Karte gesetzt, um den dichten Belagerungsring der Yankee-Armeen um Vicksburg zu durchbrechen. Das ist ihnen auch gelungen, und nun wollen sie die großen Nachschubwege der Yankees zerstören, wo sie nur können. Aber dann wird Concho von den Yankees gefangen genommen. Das war Verrat! Sie werden auf den Zug nach Cairo verladen, wo unweigerlich die Todesstrafe auf sie wartet. Denn sie sind ja als Saboteurstrupp in Zivil geschnappt worden. In solchen Fällen gibt es niemals Pardon. Weder im Norden noch im Süden …

Leseprobe:

Captain Concho hatte längst begriffen, dass er in der Falle saß, obwohl er wie ein Rinderzüchter gekleidet war. Er stand in der verräucherten Kaschemme mit dem Rücken am Tresen und blickte auf die Karabinermündungen der vier Yankees, die vor ihm standen, umringt von Flussschiffern und Marinesoldaten, die in dieser verkommenen Hafenschenke Zeit und Sold durchbrachten und ihn ausnahmslos mit feindseligen Blicken bedachten.

»Wenn du dich nicht ausweisen kannst, müssen wir dich mitnehmen und ins Gefängnis stecken, bis wir ermittelt haben, wer du bist«, sagte der Sergeant, der die Streife führte.

»Ich habe die Familienbibel nicht bei mir, aber ein Brandeisen«, erwiderte Captain Concho. »CC ist unser Zeichen. Das erste C steht für die Crown-Ranch und das zweite C für den Rio Concho. Crown-Ranch am Rio Concho. Es steckt draußen unter dem Sattel. Seht doch nach!«

Der Sergeant grinste breit. »Wenn du nichts. Schriftliches bei dir hast, müssen wir davon ausgehen, dass du ein verdammter Rebellenhund bist, ein Spion des Feindes dazu oder aber einer von den Hurensöhnen, die nicht Soldat werden wollen, obwohl der Präsident das befohlen hat. Die Union hat vor einiger Zeit die Wehrpflicht eingeführt. Da muss jeder Soldat werden und in den Krieg ziehen, ob er nun will oder nicht.«

»Ich züchte Rinder«, sagte Captain Concho. »Mein Vater hat das schon getan. Ebenso mein Großvater. Und die haben alle im Krieg gestanden. Wie ich auch. Und zwar gegen die Roten. Noch heute haben wir mit denen genug zu tun. Wir von der Crown-Ranch allein. Da hilft uns weder der Süden noch der Norden. Warum also sollen wir dem Süden oder den Norden helfen?« Geraune hub an.

»Wenn er vom Rio Concho ist, handelt es sich um einen Rebellen!«, rief jemand im Hintergrund. »Also schlagt ihm schon etwas auf die Fresse, nehmt ihn mit und sperrt ihn ein.«

Das Geraune weitete sich zum Tumult. Diese Meinung schienen alle anderen Gäste ebenfalls zu vertreten.

Der Sergeant streckte die Hand vor. »Deinen Revolver, Mann von Rio Concho!«, verlangte er spöttelnd. »Dann ab mit dir durch die Mitte. Im Gefängnis reden wir weiter.«

Sollte er sich ergeben? Er war mit einer Handvoll seiner Männer in geheimer Mission unterwegs, um in einer letzten, verzweifelten Aktion zu versuchen, das vom Feind eingeschlossene Vicksburg doch noch zu retten. Passte er hier, wurde er eingesperrt, wenn auch nur für ein paar Tage, konnte er seine Mission schon als gescheitert ansehen.

Vor ihm standen die vier Soldaten, die ihre Karabiner auf ihn gerichtet hielten. Um die Kerle herum befanden sich noch einmal zwanzig Mann. Ebenfalls Yankees. Und jedem war deutlich anzusehen, wie sehr er darauf wartete, dass sich der Rebell widersetzte, nur damit er eingreifen und mit hinlangen konnte, um dem Fremden etwas auf die Fresse zu geben – ihm, dem verdammten Rebellen, den jeder in ihm witterte.

Sein Blick glitt hin und her und fiel dabei auf eine Gestalt neben der Tür. Wie ein alter Mann sah der Kerl aus. Er war bärtig und trug eine reichlich zerlumpte Mönchskutte, weil er nichts Besseres gefunden hatte, gegen das er seine Uniform vertauschen konnte.

Sergeant Forscreek war das. Captain Concho erkannte ihn förmlich im letzten Moment. Ihre Blicke begegneten sich.

Alles fertig, Sir?, schien der Sergeant zu fragen, und Captain Concho nickte ihm kaum merklich zu.

»Wir alle auf dieser Welt sind Sünder!«, legte da Forscreek schon mit lauter, salbungsvoller Stimme los und hielt den Leuten eine Konservendose hin. »Wenn ihr bereit seid, Buße zu tun, so will ich diese Weihkerze anzünden und das Licht für uns alle zum Wohle des Herrn leuchten lassen.«

Die vier Soldaten, die Schiffer und Marinesoldaten wandten sich dem Mönch ungehalten und amüsiert zugleich zu.

Concho verschlug es den Atem. Eine seiner selbst gebastelten Handgranaten hielt da Forscreek hoch und zog sie auch ab.

Das in dieser engen Bude! Wollte er sie alle umbringen? Die Yankees, Captain Concho und sich selbst mit?

»Mach die Fliege, du Armleuchter!«, rief jemand.

»Komm später wieder! Wir haben hier noch nicht genug gesündigt!«, rief ein anderer.

Schallendes Gelächter ertönte. Einundzwanzig – zweiundzwanzig …

Concho hatte entsetzt mitgezählt. Wenn Forscreek die selbst gebastelte Handgranate nicht im nächsten Moment zur Tür hinaus warf, hatte in der Kaschemme keiner eine Chance, mit dem Leben davonzukommen.

Forscreek warf die blanke Konservendose vor aller Augen in die Höhe und – fing sie wieder auf.

Der Sergeant konnte doch nicht verrückt geworden sein! Dreiundzwanzig!

»Im Namen aller eurer Tanten und Verwandten!«, rief Forscreek und schleuderte die Dose wieder empor.

Sie explodierte direkt unter den verräucherten Deckenbalken. Es krachte ohrenbetäubend und blitzte, und die Konservendose fiel herab und entwickelte beißenden, schwefelgelben Rauch, der sich im Handumdrehen im ganzen Schankraum ausbreitete.

Aufschreiend und fluchend rannten die Yankees auseinander.

Keine Handgranate! Es war eine von Forscreeks Blitz- und Rauchbomben gewesen.

Im letzten Augenblick hatte das Captain Concho erkannt und war stehen geblieben. Geblendet war er worden, da er die Augen nicht rasch genug geschlossen hatte. Er sah nichts, nur rasende wirbelnde Grelle, die ihm die Sinne dermaßen verwirrte, dass er nicht wusste, wo links und rechts und oben und unten war.

Aber der Sergeant befand sich mit einem Schritt bei ihm, packte ihn am Arm und führte ihn zur Tür hinaus.

In der Schenke rollten die geschockten und geblendeten Yankees schreiend über den Boden. Da war keiner fähig, auf etwas zu achten.

Forscreek knallte die Tür hinter sich zu und rannte mit Captain Concho durch das Hafenviertel von Memphis zur Hauptstraße. Dort mäßigten sie die Schritte, und Concho konnte endlich wieder etwas erkennen.

»Verdammt, Forscreek! Über eine Stunde habe ich auf Sie gewartet«, sagte er vorwurfsvoll. »Die Klamotten, die ich trage, sind wohl hier nicht richtig.

Da sind Sie mit der Mönchskutte besser dran. Auf jeden Fall war ich dort in der Hafenkneipe sofort jedem verdächtig.«

»Ich habe den Lieutenant zu spät getroffen«, erwiderte Forscreek. »Er und die Männer sind aufgehalten worden. Schiffe liegen im Hafen. Aber ohne Fracht.«

Der Captain blieb stehen und starrte ihn an.

»Lieutenant Benson meint, dass die Yankees ihre Truppen auf dem Landweg versorgen.«

Captain Concho schritt erregt weiter. »Dann müssen wir an die Bahnlinien heran, verdammt noch einmal!«

Er machte lange Schritte. Forscreek trippelte neben ihm her.

Sie erreichten die Mainstreet, verließen die breite Allee aber an der nächsten Kreuzung und gelangten schließlich auf das Bahngelände. Nicht weit vom Bahnhof entfernt fanden sich die Lokomotivschuppen, und dahinter stand das alte verlassene Sägewerk.

Ungesehen schlüpften sie durch den Bretterzaun und schritten über das freie Grundstück zu den Hallen, in denen die großen Verbundgatter gestanden hatten. Im Halbdunkel des Torbogens lehnte der lange Lieutenant an der Wand, die Arme verschränkt und den Hut in der Stirn.

»Hallo, Sam!«, sagte er lahm.

Captain Concho gab ihm die Hand. »Ich habe von Forscreek schon gehört: Auf Schiffen scheint für General Grants Armee nichts transportiert zu werden. Halten wir uns eben an die Bahnlinie. Seit wir das große Depot der Yankees bei Gallopina gesprengt haben, müssen sie allen Nachschub von Cairo her holen. Wenn sie auf dem Mississippi nichts transportieren, bleibt doch nur die Eisenbahn.«

»Hm! Und wie sieht es drüben auf der anderen Seite des Flusses aus?«, wollte der lange Lieutenant wissen.

Captain Concho schüttelte den Kopf. »In Fort Rector sagen sich die Füchse Gute Nacht.«

»Und unsere Agenten haben berichtet, dass sich in Fort Rector ein neu angelegtes großes Nachschublager befindet!« Benson lachte gereizt.

»Ich habe es mir fast gedacht! Der Yankee wäre doch ein Idiot, würde er erst allen Nachschub über den Fluss bringen, um ihn dann wieder herüber zu transportieren, wenn er die Truppe versorgen will.« Concho winkte ab.

»Ich bin dagegen, dass wir mit Agenten zusammenarbeiten«, meinte Lieutenant Benson. »Bahnlinie gibt es doch nur eine!«

»Drei!«, sagte Captain Concho. Benson starrte ihn an. »Bis nach Vicksburg?«

»Drei Linien kommen von Norden und vereinen sich in Grenada, von dort aus geht es bis Jackson und Vicksburg auf einer Linie weiter.«

»Also doch!«, versetzte Benson.

»Diese Bahnlinie wird aber streng bewacht! Es liegen auch genügend Reparaturtrupps bereit, um Schäden, die durch Sabotagetrupps entstanden, sofort wieder zu beheben.«

Der lange Lieutenant verzog das Gesicht. »Willst du damit sagen, dass wir bis nach Cairo reiten sollen?«

»Das Versorgungsdepot befindet sich nun mal dort!«, erwiderte Captain Concho.

»Na, dann gute Lust! Aber sieh dir zuvor die Pferde mal an!«

»Was ist denn mit denen?«

»Kein Hartfutter mehr!«, erwiderte Benson. »Lassen wir sie weiden, kassiert sie der Yankee. Das ist doch wohl klar«

»Schicken wir sie nachts auf die Weide! Hast du Finnewacker schon mal losgeschickt? Irgendwo muss doch Körnerfutter aufzutreiben sein.«

»Nur beim Yankee!«, gab Benson zu bedenken.

»Das meine ich doch!«, versetzte Captain Concho und betrat die halb zerfallene Halle.

Benson und Forscreek folgten ihm. »Ist das nicht zu gefährlich? Fliegen wir auf, ist der Ofen aus«, meinte Benson.

Die Männer saßen in einer Ecke. Dandry, der Sergeant Major, schnellte in die Höhe.

»Weitermachen!«, sagte Concho, ehe Dandry »Achtung!« schreien konnte.

Die Männer blieben sitzen und grinsten erwartungsvoll.

(wb)