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Captain Concho – Band 51

Bill Murphy
Captain Concho – Der Rebell aus Texas
Band 51
Der Todesstollen

Western, Heftroman, Bastei, Köln, 66 Seiten, 1,70 €, Neuauflage, Titelbild von Ertugrul Edirne / Becker-Illustrators
Extra: Die Schlacht um Vicksburg: Das »Gilbratar des Mississippi« im Jahr 1863, Teil 2

Kurzinhalt:
General Grant kennt nur ein Ziel: Vicksburg muss fallen! Siegesgewiss rückt er mit einer erdrückenden Übermacht gegen die Stadt vor. Die Lage der Konföderation scheint hoffnungslos. Ihre führenden Köpfe verzweifeln. Nur einer nicht – Captain Concho! In einem halsbrecherischen Vorstoß wendet er sich gegen die verwundbare Stelle der Yankee-Armeen: Ihr riesiges Munitionsdepot, das über einer verfallenen Mine errichtet ist, soll in die Luft gejagt werden! Doch als Concho und seine Männer den brüchigen Stollen erreichen, beginnt ein Stoßtrupp in die Hölle …

Leseprobe:

Wie zerfetzte Sturmsegel jagten die Wolken durch die Nacht und gaben hier und dort den Blick auf den Sternenhimmel frei. Der Wind wimmerte und heulte in den Dachsparren des alten, halb zerfallenen Ranchhauses, in dem die Yankees schliefen.

Captain Concho war mit seinen Männern schon heran, die unter der Leitung von Sergeant Forscreek sofort damit begannen, die Sprengladungen anzubringen.

Während seine Leute emsig und fieberhaft hantierten, begab Concho sich an die Giebelseite und blickte zum Nachthimmel empor. Dieser verdammte Wind riss die Wolkendecke mehr und mehr auf. Da war auch schon zum ersten Mal der Mond zu sehen.

Captain Concho schaute zum Korral hinüber, in dem sich fast tausend Pferde befanden.

Die Reserveherde für Yankee-General Grants Kavallerieregimenter!

Tagsüber beweideten die Tiere das gesamte Tal. Nun aber standen oder lagen sie da drüben in dem Korral dicht beieinander und waren daher leichter wegzutreiben.

Der Lichtkegel des Mondes glitt über die Riesenherde hinweg und erfasste noch die beiden Posten im Westen. Dann war es schlagartig wieder dunkel. Die nächste Wolkenbank hatte sich vor den hellen Himmelskörper geschoben.

Aber schon schwebte das nächste, geradezu riesenhafte Loch heran, durch das zahllose Sterne blinkten. Gleich würde der Kessel wieder erleuchtet sein.

Unter der Führung von Lieutenant Benson und Sergeant Major Dandry waren zwei Gruppen von jeweils fünf Männern unterwegs, um die vier Doppelposten am Korral auszuschalten. Vierzig Reiter standen schon bereit, um möglichst die gesamte Herde, mindestens aber fünfhundert Pferde davonzutreiben, sobald sie durch die Sprengung des Ranchhauses in Panik versetzt worden waren. In diesem Ranchhaus befanden sich fast hundert Yankees!

Da brach der Mond wieder durch, und dieses Mal überflutete sein milchig-helles Licht den gesamten Kessel.

Voller Spannung sah sich Captain Concho nach Sergeant Forscreek und dessen Männern um, die sich im Nachtschatten des halb zerfallenen Ranchhauses in völliger Dunkelheit aufhielten.

»Forscreek!«, raunte er mahnend. »Noch eine halbe Minute, Captain!«, zischte der Sergeant.

Captain Concho nahm den Signalstern in die Faust.

Da krachten am Korral Schüsse. Geschrei drang herüber.

»Alarm! Alarm! Alarm!«, schrie ein Mann mit tönender Stimme.

Concho biss sich auf die Lippe. Da hatte, verdammt noch einmal, etwas nicht geklappt!

Vorn am Ranchhaus flog eine Tür auf.

Dann sah der Captain den Kerl schreiend über den Platz laufen. »Alarm! Rebellen sind hier!«, brüllte er laut und deutlich.

Ein Schuss krachte von irgendwoher. Der Mann geriet ins Stolpern, schlug lang aufs Gesicht und blieb stumm liegen.

Vor der Tür des Ranchhauses begann eine Trompete hektisch zu schmettern.

»Gezündet, Captain!«, rief da Sergeant Forscreek mit erregter, halblauter Stimme. »Volle Deckung!«

Captain Concho zog den Signalstern ab und hielt ihn hoch. Die drei Sekunden schienen endlos zu währen. Ein Ruck riss ihm die Hand zurück, und fauchend und Funken stiebend, einem Kometenschweif gleich, stieg die Rakete senkrecht in die Nacht.

Concho ließ die Hülse fallen und rannte den kleinen Erdwall hinauf. Als er sich dahinter zu Boden warf, explodierte die Signalrakete und sank als weiß leuchtender Stern zur Erde herab.

Die Trompete schmetterte noch immer, und die Echos wurden von den umgrenzenden Höhenzügen zurückgeworfen, bis die Explosion der Sprengladung mit infernalischem Dröhnen den Schlussakkord setzte.

Das Ranchhaus schien aus Flammen und Rauch heraus in die Nacht zu wachsen, schien sich aufzubäumen wie ein waidwund geschossener Stier. Dann aber sank es urplötzlich zurück, verschwand in Feuer und Qualm und barst mit Donnergetöse auseinander.

Die Druckwelle fegte über den Wall und die dahinterliegenden Männer hinweg und riss Gras und Büsche mit. Dahinter flog wirbelnd ein Wirrwarr von in Staub gehüllten Brettern und Balken durch die Nacht.

Das Bersten, Donnern und Tosen nahm kein Ende. Ein dumpf hämmerndes Brodeln mischte sich in diese Geräusche, schwoll immer rascher an und überlagerte endlich alle anderen Geräusche.

Captain Concho hob den Kopf. Das waren die Pferde! Die tausend Yankeepferde! Sie flohen nach Norden. Nun konnte er nur hoffen, dass seine vierzig Reiter dabei waren und die riesige Herde in den Griff bekamen.

Concho schnellte hoch. Links und rechts von ihm erhoben sich die Männer ebenfalls und liefen mit ihm zu den Pferden.

Das Ranchhaus stand in Flammen. Es brannte wie eine Fackel. Die Yankeefahne- auf dem First aber wehte noch. Bis der Dachstuhl zusammenkrachte. Da versank sie endlich in dem Meer von Feuer, Funken und Rauch.

Die Gluthitze entfachte ein regelrechtes Sturmgewitter. Ein brennendes Skelett war das Gebäude nur noch, um dessen Gerippe die Flammen tosten, als sich Captain Concho und die Handvoll Männer in die Sättel schwangen.

Der Feuerschein erleuchtete das gesamte Tal.

In das grelle Mondlicht getaucht, raste die Pferdeherde wie ein riesiger, schwarzer Schatten im Norden aus dem Valley.

Captain Concho forderte den Braunen zum Galopp und jagte los. Die Männer schlossen sich an.

Weit an dem brennenden Ranchhaus vorbei, galoppierten sie dicht geschlossen auf halber Hanghöhe nach Norden entlang der Herde nach.

Der Brand leuchtete den gesamten Kessel weithin aus. Aber die Yankees hatten mit sich zu tun. An Verfolgung konnten sie nicht denken. Noch nicht!

Captain Concho war sich darüber im Klaren, dass er spätestens bei Tagesanbruch die Yankees auf der Fährte haben würde.

In dieser Gegend gab es nicht nur jene hundert Blauröcke, denen sie eben die Pferde fortgetrieben hatten. Mit siebzigtausend Mann war Grant hier erschienen, um die Städte Jackson und Vicksburg einzunehmen!

Seine Hauptstreitmacht stand momentan zwischen diesen beiden Städten, die von der Konföderiertenarmee gehalten wurden. General Johnston, der Oberbefehlshaber der Konföderierten in Mississippi, hatte sein Hauptquartier in Jackson aufgeschlagen. Da er allein Grant hoffnungslos unterlegen war, hatte er Generallieutenant Pemberton, dem Befehlshaber der Truppe in Vicksburg, befohlen, die Stadt aufzugeben und sich mit seinen dreißigtausend Männern von der anderen Seite her auf Grants Armee zu stürzen.

Doch Pemberton ignorierte den Befehl seines Vorgesetzten.

So hatte Johnston Captain Concho in die belagerte Festung geschickt, um Pemberton mit Nachdruck dazu zu bewegen, die Stadt zu verlassen und Grant anzugreifen.

Pemberton hatte zugesagt. Doch unter der Bedingung, dass er fünfhundert Pferde erhielt, um seine sämtlichen Trossfahrzeuge und Geschütze bespannen zu können.

Fünfhundert Pferde und nicht eines weniger! Das war seine Forderung an den Oberbefehlshaber der Mississippi-Armee.

Johnston hatte zugestimmt. Der General hatte Captain Concho sofort den Befehl erteilt, Pemberton die fünfhundert Pferde durch den Belagerungsring der Yankees in die Festung hineinzutreiben.

Was Pemberton an Pferden in Jackson fand, hatte er außerdem nehmen sollen. Nur nicht, um Himmels willen, die Tiere seiner Kavallerie-Brigaden!

Andere Pferde aber gab es in Jackson nicht.

Da war der einzig mögliche Lieferant schnell ausgemacht.

Der Yankee!

Wie es schien, hatte Captain Concho die Pferde nun. Doch damit war noch nicht einmal die Hälfte der Aufgabe gelöst. Jetzt musste er sich mit der Riesenherde noch durch das feindliche Aufmarschgebiet und durch den Belagerungsring mogeln, um sie Generallieutenant Pemberton übergeben zu können.

Pemberton musste dann mit seinen dreißigtausend Soldaten unverzüglich ausrücken und sich auf den Feind werfen, um Johnston zu entlasten, der inzwischen in Jackson vom Feind angegriffen wurde und sich dort mit seinen beiden Brigaden kaum lange würde halten können.

Pemberton muss kommen, Concho!, hatte Johnston gefordert. Und zwar unverzüglich! Also bringen Sie ihm die verdammten Pferde. So schnell es nur geht!

Mit diesen Worten hatte Johnston Captain Concho entlassen. Und Concho war mit seinen sechzig Mann am Abend zuvor sofort aufgebrochen. Genau zu dieser Stunde hatte der Yankee mit dem Angriff auf die Stadt Jackson begonnen. Mochte der Teufel wissen, ob sich überhaupt noch konföderierte Truppen in Jackson befanden! Die ganze Nacht hindurch war das Dröhnen der Artillerie zu hören gewesen.

 

***

 

Hinter dem Tal hatten Captain Conchos Männer die Yankee-Pferdeherde in einem kleinen Kessel zum Kreisen und schließlich zum Stehen gebracht.

Als schließlich Concho mit seinen Begleitern dort eintraf, begann im Osten der Morgen zu grauen.

Lieutenant Benson kam ihm entgegen und meldete grinsend: »Fünfhundertfünfundsiebzig Pferde in unserer Hand, Sam!«

Captain Concho verzog das Gesicht und blickte über die Herde hinweg, die von einer Reiterkette dicht beisammengehalten wurde.

»Mehr sind das nicht?«

»Pemberton verlangt doch nur fünfhundert!«, meinte der lange Lieutenant.

Captain Concho musterte ihn. »Ich habe an die Möglichkeit gedacht, dass wir bis nach Vicksburg hinein noch etliche Pferde verlieren werden.«

»Von welcher Seite versuchen wir heranzukommen?«, fragte Benson. »Wie ich gehört habe, soll der Ring der Belagerer im Norden am dünnsten sein.«

»Der Ring der Verteidiger ebenfalls!«, versetzte Captain Concho. »Sumpfland und Urwald bilden dort eine natürliche Barriere. Grant hat mit seinen Yankees mehrmals versucht, da durchzukommen. Er ist aber immer wieder kläglich gescheitert. Deshalb hat er ja den Mississippi hinab und an Vicksburg vorbei seine Truppen nach Süden verschiffen müssen. Dass ihm das geglückt ist! Aber Schwamm drüber! Jetzt ist er da, und wir müssen sehen, dass wir trotzdem durchkommen. Und zwar von Nordosten her! – Dandry!«

Der Sergeant Major stand schon bereit, trat heran und salutierte lächelnd. Nach diesem Sieg war die Stimmung unter den Männern auf, einem Höhepunkt angelangt. »Keine Verluste, Captain. Einheit komplett.«

»Wie ist es denn gelaufen?«, wollte Captain Concho von Dandry und Benson wissen.

»Das Mondlicht!«, erklärte der lange Lieutenant, und der Master Sergeant nickte zustimmend.

»Die Posten haben mich und meine Leute gesehen, als wir plötzlich im Mondlicht standen«, sagte Benson. »Das ging unheimlich schnell. Wir konnten uns nicht einmal mehr ducken. Gekriegt haben wir sie trotzdem alle.«

»Wir brechen sofort auf!«, befahl Captain Concho. »Sergeant Major, nehmen Sie sich ein paar Männer und reiten Sie voraus. Wir müssen damit rechnen, dass der Yankee hier überall steckt. Wir versuchen, von Nordosten her durchzustoßen! Ist es nicht anders möglich, jagen wir die Pferde durch die Linien und bleiben selbst zurück. Aber Befehle dazu erteile ich noch. Sie reiten voraus in einer Linie, wie mit der Kompassnadel gezogen! Stoßen Sie auf den Feind und gewinnen Sie dabei den Eindruck, dass wir da mit der Herde nicht durchkommen, schicken Sie einen Melder, der uns Ihre Richtungsänderung übermittelt. – Allgemein verständlich?«

»Zu Befehl, Captain!« Der Sergeant Major salutierte, machte kehrt und stapfte davon.

(wb)