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Captain Concho – Band 48

Bill Murphy
Captain Concho – Der Rebell aus Texas
Band 48
Concho und die Marodeure

Western, Heftroman, Bastei, Köln, 66 Seiten, 1,70 €, Neuauflage, Titelbild von Ertugrul Edirne / Becker-Illustrators

Kurzinhalt:
Marodeure – die Aasgeier des Krieges! Sie morden, rauben, plündern und vergewaltigen hinter beiden feindlichen Fronten. Und diesmal haben sie die Frau und die Tochter eines Yankee-Majors in ihre Gewalt gebracht Captain Concho und seine Männer geraten wahrend eines Aufklärungsritts zwischen zwei Bleigewitter. Hier über hundert Marodeure, dort die Schwadronen der Yankees. Es scheint kein Entrinnen aus dieser tödlichen Umklammerung zu geben. Da setzt Captain Concho alles auf eine Karte …

Leseprobe:

Mit dem langen Kavalleriemantel über den Schultern und dem Säbel in der Faust schritt Captain Concho durch die Nebelschwaden auf das Anwesen zu, gefolgt von den zwanzig Männern seines Kommandos, die in Schützenlinie ausgeschwärmt waren.

Das Gras war feucht und der Boden weich. Nahezu lautlos bewegten sich die Männer vorwärts. Durch das Grau ihrer Uniform zerflossen die Gestalten schemenhaft im Nebel.

Am Tor hielt Captain Concho an und wartete, bis seine Männer das einsame Gehöft umstellt hatten.

Erst jetzt nahm er den ekelhaften Brandgeruch wahr.

Benson, der lange Lieutenant, blieb neben ihm stehen und sog witternd die Luft ein.

»Das stinkt ja entsetzlich«, sagte er. »Werden hier etwa tote Hunde verbrannt?«

Sergeant Major Dandry kam geduckt am Zaun entlang. »Alles fertig, Sir!«, meldete er.

Captain Concho wies mit dem Säbel auf das schwere Tor.

Dandry hatte die Handgranate schon bereit. Er zog sie ab und warf sie mitten vor das schwere, zweiflügelige Holztor, das in Verbindung mit dem umschließenden mannshohen Bretterzaun dem Gehöft einen Hauch von Festung verlieh.

Die Männer zogen sich zurück und duckten sich an den Bretterzaun.

Der Donnerschlag erfüllte die Luft.

Bis über das Tor hinaus zuckte der Blitz empor, und die aufbrechende Fontäne aus Feuer, Rauch und Erdreich warf das schwere Tor in das Anwesen hinein. Die Druckwelle fegte die Nebelschwaden davon.

Noch zwei Handgranaten krachten und schlugen Breschen in den Zaun.

Mit Hurrageschrei drangen die Männer ein und – verharrten.

Die Gebäude waren nur noch Asche- häufen, die schwelten und rauchten und pestilenzartigen Gestank verbreiteten.

Breitbeinig blieb Captain Concho mitten im Hof stehen und sah sich nach dem langen Lieutenant um.

»Verdammt!«, keuchte Benson. »Wo sind die Yankees hin?«

Das war die Frage, die Concho eigentlich seinem Lieutenant hatte stellen wollen.

Ein entsetzlicher Gedanke zuckte Captain Concho durch das Hirn.

»Alles her zu mir!«, rief er mit dröhnender Stimme und rannte zum Tor zurück.

Benson, der lange Lieutenant, starrte ihm in die Augen und folgte ihm dann, als die Männer von allen Seiten herbeigerannt kamen.

Captain Concho fluchte, als er zum Waldrand blickte, und der Anblick, der sich ihm bot, trieb ihm das Blut aus dem Gesicht.

Durch den Nebel waren die vielen Reiter nur schemenhaft zu sehen … Nicht einmal die Farbe der Uniformen war erkennbar. Aber es konnten nur Yankees sein.

Mindestens zwei Schwadronen feindliche Kavallerie waren das, und dass sie dort aus dem Wald kamen, in dem er zwei Männer mit ihren Pferden zurückgelassen hatte, war das Entsetzlichste daran, wenn nicht gar der Anfang von ihrem Ende.

Ein einzelner Reiter löste sich aus der langen Reihe und kam zu ihnen geritten.

Captain Concho schaute sich kurz um. Dicht gedrängt standen die Männer hinter ihm, die Gesichter hart und kantig und die Blicke starr auf den Feind gerichtet.

Die Männer wussten, dass es ums Ganze ging.

Deutlich war das jedem Einzelnen anzusehen.

Aller Blicke konzentrierten sich auf den Reiter. Es handelte ich um einen Offizier. Er hielt einen weißen Stofffetzen in der linken Hand, den er fortgesetzt über dem Kopf schwenkte, und näherte sich.

Captain Concho trat ein paar Schritte nach vorn, den Säbel in der Faust.

Der Offizier hielt vor ihm und ließ den weißen Lappen sinken. Es handelte sich um einen Major der Unions-Kavallerie.

»Sind Sie der Commander dieser Einheit?«, fragte er.

Captain Concho blickte in ein altes, bärtiges Gesicht.

»Aye!«

»Ich biete Ihnen und Ihren Leuten ehrenvolle Gefangenschaft an«, sagte der Major. »Die Männer sollen ihre Waffen auf einen Haufen werfen und in Doppelreihe antreten. Offiziere dürfen den Säbel behalten. Die Voraussetzung dazu ist allerdings, dass die Geiseln unversehrt sind und Sie mir die Personen sofort übergeben.«

Captain Concho lächelte schlaff. »Ich verstehe nicht. Von welchen Geiseln sprechen Sie, Sir?«

»Ich habe alle Ihre Pferde! Sie befehligen nur zwanzig Mann. Ergeben Sie sich und lassen Sie die Geiseln frei, oder ich halte mein Angebot keine Sekunde lang mehr aufrecht.«

»Wir haben keine Geiseln.« Concho schüttelte den Kopf.

»Sie werden am Galgen sterben, Captain!«, zischte der Major. »Und jeder Ihrer Männer mit!«

»Hätte ich Geiseln, wäre es ja wohl an der Zeit, Sie darauf hinzuweisen und Sie vor einem Angriff zu warnen.«

»Wozu?«, schnarrte der Major. »Sie wissen, dass ich informiert bin. Aber Sie täuschen sich! Wir greifen trotzdem an. Doch ich warne Sie, Captain! Wenn die Bataille geschlagen und auch nur einer Geisel ein Haar gekrümmt worden ist, werden weder Sie noch einer Ihrer Männer diesen Platz hier lebend verlassen.«

Fluchend zog er das Pferd um die Hand, ließ den weißen Lappen fallen und galoppierte zurück.

Captain Concho wandte sich seinen Männern zu, die jedes Wort verstanden hatten.

»Wir beziehen zwischen den niedergebrannten Gebäuden Stellung. In Rundumverteidigung. Konzentriert euch auf die Breschen, die wir aufgesprengt haben und durch die die Yankees kommen müssen. Geht mit den Handgranaten sparsam um. Das wird nicht nur ein harter, sondern auch ein langer Strauß werden.«

»Aye, Captain!«, raunten die Männer.

Trompetengeschmetter hallte vorn Waldrand herüber, und die Phalanx der Reiter ruckte vorwärts.

Die Männer machten kehrt und rannten in das Anwesen hinein. Captain Concho wies jedem seinen Platz zu, zückte dabei den Revolver und ging dann neben einem verkohlten Pfosten in Stellung.

Hufschlag hämmerte heran, und die Yankees tauchten vor dem Tor auf. Sie schlossen sich zu einem Keil zusammen und jagten durch das Tor.

Der Reiterangriff der Yankees brach im Bersten und Blitzen und Krachen der Handgranaten zusammen. Da kam von keiner der drei Seiten auch nur ein Reiter bis an die niedergebrannten Gebäude heran. Vor dem Tor und den beiden in die Umzäunung gesprengten Lücken lagen bald gefallene Yankees und getötete Pferde übereinander.

Die Yankees saßen außerhalb des Areals ab und versuchten, die Umzäunung zu überklettern. Aber auch dieser Angriff brach im Dröhnen der Karabiner zusammen.

Kein Yankee gelangte lebend in das Anwesen. Wem es gelang, den Zaun zu überwinden, der wurde getroffen und fiel, tot oder verletzt herab. Mithilfe ihrer Pferde versuchten die Yankees einen Teil des Zauns niederzureißen. Doch das gelang nur an einer Stelle und brachte den Yankees keinen Vorteil.

Über eine Stunde lang währte das Gefecht. Dann zogen sich die Yankees in den Wald zurück.

Ein paar Schüsse krachten noch. Danach herrschte Ruhe.

Pulverschwaden und Staubschleier hüllten die Umzäunung des Anwesens ein. Es war inzwischen Tag geworden, und die Sonne schien.

»Eigene Verluste feststellen!«, rief Captain Concho, während er den Revolver nachlud.

Der lange Lieutenant und der Sergeant Major stapften durch die Stellung.

»Drei Verletzte!«, meldete Benson nach dem Rundgang. »Einer davon schwer. Der Feldscher behandelt ihn.«

Captain Concho nagte an der Lippe.

»Da sind die Verluste der Yankees bedeutend größer!«, meinte der Lieutenant, den Blick auf die gefallenen Blauröcke am Tor gerichtet.

»Trotzdem kommen wir nicht weg, verdammt!«, versetzte Captain Concho. »Die Yankees werden nicht noch einmal angreifen, sondern sich damit begnügen, uns in Schach zu halten.«

»Sie werden Verstärkung heranpfeifen!«, hielt ihm Benson entgegen. Wir sind hier ein geradezu klassischer Fall für die Artillerie. Und dann gnade uns Gott!«

»Wir warten die Nacht ab!«, sagte Captain Concho. »Der Major hat fast die Hälfte seiner Männer verloren. Mit dem Rest seiner Schwadronen kann er uns nicht so fest umzingelt halten, dass wir uns nicht durchkämpfen könnten. Da sind in der Nacht alle Chancen bei uns.

Sag das den Männern!«

»Aye!«, krächzte Benson und entfernte sich.

Concho behielt das Tor im Auge. Da konnte er bis zum Waldrand blicken. Ein paar verwundete Männer, hinkend und sich gegenseitig stützend, hatten sich am Tor erhoben und entfernten sich.

In dem weiten Rund lagen noch mehr verletzte Yankees. Doch es war Sache des Majors, sich um sie zu kümmern. Captain Concho hielt die Männer in der Stellung, weil jederzeit mit einem neuen Angriff zu rechnen war.

Er hatte vor acht Tagen mit seiner Abteilung Mobile verlassen, um in Richtung Mississippi, bis weit nach Louisiana hinein, aufzuklären, ob sich feindliche Truppen im Vormarsch auf Mobile befanden, um die Hafenstadt wieder in’ die Hand zu bekommen.

Führte der Major ebenfalls nur einen Patrouillenritt durch, sah Captain Concho durchaus eine Chance, auch zu Fuß mit seinen Männern zu entkommen. Aber anders sah die Sache aus, wenn der Major die Vorausabteilung einer Streitmacht führte, die Yankeegeneral Grant vom Mississippi aus in Marsch gesetzt hatte, um die für den Süden so wichtige Hafenstadt zurückzuerobern.

Concho wollte auf die Nacht ‘warten, um sich mit so wenigen Verlusten wie nur möglich abzusetzen.

Doch blieb ihm so viel Zeit? Vergab er nicht mit jeder Minute, die er verstreichen ließ, eine Chance?

Benson kehrte zurück. »Die Handgranaten sind knapp geworden«, sagte er.

Captain Concho nickte. Ihre Handgranaten waren geleerte Konservendosen, die Sergeant Forscreek, dieses einfallsreiche Genie, mit Pulver und Kieselsteinen gefüllt, zugelötet und mit einem Reißzünder versehen hatte. Gerade aus dem Urlaub zurück, hatte er nur zwei Tage Zeit gehabt, Handgranaten zu fabrizieren. Konservendosen hatten sie auch nicht mehr viele besessen. Sergeant Major Dandry hatte die restlichen bei den Yankees erbeuteten Bestände an die Männer ausgeben müssen, damit der Sergeant überhaupt an die Arbeit hatte gehen können. Dieser Tüftler und Bastler hatte schon aus erbeuteten Yankeestiefeln Handgranaten hergestellt. Aber erbeutetes Yankeeschuhwerk hatte nicht zur Verfügung gestanden.

(wb)