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Westernkurier 08/2014

Black Hawks Krieg

Auf ein Wort, Stranger,

mit diesem und weiteren, in unregelmäßigen Abständen erscheinenden Beiträgen, hat sich der Westernkurier zum Ziel gesetzt, dem interessierten Leser einen detaillierten Einblick in eines der dunkelsten Kapitel der Besiedelung des amerikanischen Westens zu bieten. Die Rede ist hier von der Vertreibung und der beinahe vollständigen Ausrottung der Ureinwohner Amerikas und den damit einhergehenden Indianerkriegen.

Dazu wurden historische Zeitungsartikel genauso wie die niedergeschriebenen Aussagen von Zeitzeugen, Armeeprotokollen und Gerichtsakten berücksichtigt.

Dabei wird das Augenmerk jedoch nicht auf den Ereignissen am Little Bighorn River, den Apachenkriegen oder dem Exodus der Indianer der Großen Prärie liegen. Darüber wurde in Wort und Bild schon genug berichtet.

Diese Reihe wird sich mit den Anfängen beschäftigen, mit den ersten Kolonisten, der Zeit des Unabhängigkeitskrieges und dem Beginn der Westwanderung. Dabei werden wir über Menschen berichten, deren Namen heute kaum noch bekannt sind, die aber nichtsdestotrotz großen Einfluss auf die Geschichte der Eroberung des sogenannten Wilden Westens hatten.

Black Hawk war einer dieser Menschen.

Ma-a-tai-me-she-kia-kiak, eigentlich Black Sparrow Hawk, wurde 1767 in Sac Village, Illinois, nahe dem heutigen Rock Island geboren. Er war ein Kriegshäuptling der Sac and Fox (Doppelname für einen Indianerstamm), der schon mit 15 Jahren seinen ersten Skalp erbeutete, den Reden von Tecumseh zugehört und im Alter von etwa 30 als Anführer mehrerer Stammesgruppen gegen die Osagen und Cherokees gekämpft hatte.

Black Hawk sah aus wie der klassische Indianer. Er hatte hohe Wangenknochen, eine typische Adlernase und einen rasierten Kopf, aus dem nur der traditionelle Haarskalp hervorstach. Er war allerdings auch ein solch begnadeter Redner, dass seine Autobiographie Jahre später in den USA sogar ein Verkaufsschlager wurde.

Er wurde zum erbitterten Gegner der Weißen, als 1804 ein Vertrag General William Henry Harrison das Recht gab, den verbündeten Stämmen riesige Landgebiete abzunehmen. Ein Vertrag, der nur zustande gekommen war, weil man die meisten der Häuptlinge, die ihn unterzeichneten, betrunken gemacht hatte. Black Hawk kämpfte daraufhin an der Seite von Tecumseh und war auch an dem Massaker am Raisin River beteiligt.

In den zwanziger und dreißiger Jahren des 19. Jahrhunderts protestierte er immer wieder bei den Verantwortlichen der Indianerbehörde, weil weiße Siedler die Ackerflächen seines Stammes einfach in Besitz nahmen. Seine Proteste verhallten ungehört, keiner der Beamten ging auch nur im Geringsten auf sein Anliegen ein. Im Gegenteil, 1831 ließen sich die Weißen sogar in seinem Dorf nieder, nahmen sein Haus in Beschlag und pflügten überdies einen indianischen Friedhof für den Ackerbau um.

Es kam schließlich soweit, dass Black Hawk und seine Anhänger gezwungen waren, die Ernten von ihren eigenen Feldern zu stehlen, um nicht zu verhungern.

In ihrer Wut steckten sie einige Hütten der Siedler in Brand, um sie zur Flucht zu bewegen.

Diese Vorfälle ließen den Gouverneur von Illinois sogleich General Gaines und seine Truppen in Marsch setzen.

Gaines kam mit einem Dampfboot den Mississippi hinauf, um mit dem Häuptling zunächst zu verhandeln. Er wollte ihn davon überzeugen, dass es besser war, ihre angestammten Gebiete zu verlassen und wie der gemäßigte Häuptling Keokuk und dessen Gefolgschaft in eine Reservation westlich des Flusses überzusiedeln.

Aber Black Hawk gab nicht nach. Er warnte Gaines vor den Folgen ihrer Vertreibung und drohte ihm, obwohl er einem bewaffneten Konflikt eigentlich aus dem Weg gehen wollte, offen mit Krieg.

Als Gaines seine 700 Milizsoldaten daraufhin vorrücken ließ, verschwand Black Hawk mit den Seinen im Landesinneren.

Erwähnenswert ist dabei vielleicht die Tatsache, dass es sich bei einem der Mitglieder der Miliz um einen Storekeeper namens Abraham Lincoln handelte, der später bekanntermaßen zum Präsidenten der Vereinigten Staaten gewählt wurde.

Die Historie sagt aber, dass er zu keinem Zeitpunkt an irgendwelchen kämpferischen Handlungen beteiligt gewesen war.

Inzwischen versuchte Black Hawk, wie einst Tecumseh vor ihm, einen Stammesbund aufzubauen. Er sollte aus den Sac und Fox, den Winnebagos, Potawatomis und den Kickapoos bestehen. Eine Vereinigung, die ohne Weiteres eine Armee von 3000 Kriegern auf die Beine stellen konnte.

Aber das Schicksal von Tecumseh und dessen Scheitern ließ viele der Indianer am Erfolg seiner Sache zweifeln. Als der Konflikt zwischen den Weißen und den Sac und Fox 1832 endgültig in einem Krieg mündete, hatte Black Hawk gerade einmal 600 Männer hinter sich.

Ihm gegenüber stand General Henry Atkinson und dessen Stellvertreter Zachary Taylor mit etwa 400 regulären Soldaten und mehr als 1800 Freiwilligen, die zum Großteil beritten und schwer bewaffnet waren.

Das Land schien einem Pulverfass zu gleichen und die brennende Lunte daran waren ausgerechnet jene Siedler, die sich völlig zu Unrecht das Land der Indianer angeeignet hatten. Ihre Berichte über die Anzahl von Black Hawks-Krieger und deren Kampfeslust und Gefährlichkeit waren haltlos übertrieben. Sie genügten aber die weiße Bevölkerung derart aufzuputschen, dass immer mehr Stimmen laut wurden, die Indianer solange zu bekämpfen, bis auch der Letzte von ihnen tot und skalpiert am Boden lag.

Der Krieg, der eigentlich gar keiner war, sondern nur der verzweifelte Versuch eines Stammes in ihrer Heimat ein friedliches Leben zu führen, begann im Frühjahr 1832, als Black Hawk mit seinen Leuten in die alten Stammesgebiete zurückkehren wollte, um dort erneut die Felder zu bestellen.

Major Isaiah Stillmann stellte sich den Indianern mit einer knapp 300 Mann starken Truppe entgegen. Als Black Hawk ihm Boten schickte, um zu verhandeln, nahm der Major die Indianer gefangen. Als die Männer nicht wiederkamen, schickte Black Hawk erneut fünf Krieger los, um die Verschwundenen zu suchen. Doch die Soldaten griffen auch diese Krieger an und töteten zwei von ihnen.

Jetzt hatte Black Hawk gar keine andere Wahl mehr als zu kämpfen.

Obwohl er zu diesem Zeitpunkt nur etwa vierzig Krieger hinter sich wusste, bereitete er einen Hinterhalt vor, in den Stillmanns Truppen geradewegs hineinmarschierten.

Die Indianer eröffneten sofort das Feuer. Nachdem zwölf der Soldaten gefallen waren, rannte der Rest von Stillmans Truppe in panischer Flucht davon.

Noch heute ist dieses Gefecht unter dem Namen Stillman´s Run bekannt.

***

Black Hawk zog sich ins südliche Wisconsin zurück, wo er und seine Leute zahllose Farmen plünderten und Siedler umbrachten. Trotzdem verschlechterte sich die Versorgungslage der Indianer immer mehr, auch weil ihnen die Milizverbände und die Soldaten immer näher kamen. Am 21. Juli 1832 schließlich wurde Black Hawk mit seinen Anhängern in der Nähe des heutigen Madison von den Soldaten überrascht.

Die Indianer konnten sich nur durch eine rasche Flucht retten.

Am 1. August 1832 erreichten sie völlig erschöpft jene Stelle, an welcher der Black Axe River in den Mississippi mündete, wo sie unvermittelt mit einem Dampfschiff und Soldaten konfrontiert wurden. Obwohl Black Hawk angesichts der aussichtslosen Situation verhandeln wollte, begannen die Soldaten sofort mit den Kampfhandlungen.

Die Auseinandersetzung ging als Bad Axe River Schlacht in die Annalen der Geschichte ein.

Black Hawk und die seinen hatten angesichts der modernen Waffen der Soldaten nicht den Hauch einer Chance. Unter den mehr als dreihundert toten Indianern befanden sich kaum Krieger, die meisten waren Frauen, Kinder und Alte.

Der Rest wurde gefangen genommen.

General Winfield Scotts Aussage, als er später in seiner Eigenschaft als Oberkommandierender dieser Soldaten vor einem Untersuchungsausschuss zu dem Verlauf des Massakers befragt wurde, ist selbst heute noch an Zynismus kaum zu überbieten.

Es seien deshalb so viele Frauen und Kinder getötet worden, behauptete er, weil man in der Hitze des Gefechts unmöglich die Krieger von den Frauen und Kindern unterscheiden konnte.

Black Hawk selber war einer der wenigen, die entkommen konnten.

Aber seine Flucht war nur von kurzer Dauer.

Wieder einmal waren es Verrat und Habgier, die den vielversprechenden Plänen eines charismatischen Häuptlings ein Bein stellten.

Für den Preis von 100 Dollar und 20 Pferden wurde Black Hawk von verbündeten Winnebagos verraten und an die Armee ausgeliefert. Man steckte ihn in Fort Armstrong, Illinois, ins Gefängnis und ratifizierte den Vertrag von 1804, indem man den Indianern jegliche Landansprüche verweigerte.

Obwohl er sich vehement dagegen wehrte, nannte man diesen Handel den Black Hawk Purchase.

Was mit Black Hawk selber passieren sollte, wusste selbst die Regierung in Washington nicht.

In den folgenden 5 Jahren wurde er immer wieder ins Gefängnis geworfen, dann wieder freigelassen und wie ein Ausstellungsstück in den Städten des Ostens herumgezeigt.

1837 besuchte er unter anderem mit einer Delegation unter der Führung des gemäßigten Keokuk unter anderem Philadelphia, New York und sogar Washington D.C.

In dieser Zeit diktierte er einem französischen Dolmetscher seine Autobiografie, die noch im folgenden Jahr erschien und ein großer Erfolg wurde.

Zurück in der Heimat bestimmten die Behörden, den willenlosen Ja-Sager Keokuk zum Oberhäuptling der einst so kriegerischen Sac and Fox.

Black Hawk war darüber so erbost, dass er ihm daraufhin seinen Lendenschurz ins Gesicht schlug. Der alte Krieger zog sich zurück und verstarb verbittert am 3. Oktober 1838 in seinem Haus am Des Moines River.

Aber selbst im Tod sollte er keine Ruhe finden.

Sein Grab wurde geschändet und sein Kopf und seine Gebeine in einer widerwärtigen Ausstellung in den Städten des Ostens zur Schau gestellt, bis seine leiblichen Überreste 1855 bei einem Brand vernichtet wurden.

Lorado Taft, ein Bildhauer verewigte ihn mit einem Heldenstandbild, welches am Rock River aufgestellt wurde. Nach ihm wurde auch das Black Hawk County in Iowa benannt, die Black Hawk Bridge über dem Mississippi zwischen Iowa und Wisconsin, der Prototyp eines US-Kampfhubschraubers und die Chicago Black Hawks, ein Team der amerikanischen Profi-Eishockeyliga der NHL.

Für einen Indianer gewiss eine Ehre, für einen Mann aber, der nichts anderes im Sinn hatte, als mit seinem Volk in Eintracht neben den Weißen zu leben und dafür verraten und verkauft wurde, ein eher armseliger Ruhm.

Aber er war nicht der Einzige, doch davon in einer der späteren Ausgaben mehr.

Euer Slaterman

Quellenverweis:

  • Hack, Joachim: Das große Buch der Indianer: Alle Stämme – Alle Kriege. Edition Lampertz. 2008
  • Jeier, Thomas: Das große Buch der Indianer: Die Ureinwohner Nordamerikas. Ueberreuther. 2008
  • www.comportone.com

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