Als E-Book erhältlich

Archive

Westernkurier 08/2008

Auf ein Wort, Stranger,
»Der Sattel, die Zweite« ist dieses Mal, wie bereits angekündigt, das Thema.

Ich weiß, dass Geschichte nicht gerade das Thema ist, das heutzutage noch einen vom Hocker reißt. Dennoch, wer sich für irgendeine Sache wirklich interessiert, kommt nicht umhin, in selbiger nachzuforschen. Da macht auch das Thema dieser Kolumne keine Ausnahme, deshalb Augen zu und … durch.

Zunächst einmal etwas Grundsätzliches hierzu. Der amerikanische Cowboysattel hat wie so viele andere Dinge im täglichen Leben des Cowboys seinen Ursprung auch in jenen Gebrauchsgegenständen, welche die spanischen Eroberer mit in die neue Welt brachten.

Die Entwicklung des Cowboy-Sattels

Der Sattel im Speziellen gehörte ebenso dazu wie gewisse Kleidungsstücke. Er wurde im Laufe der Jahrhunderte aus dem spanisch-maurischen Grundmodell entwickelt, den die Konquistadoren mit nach Amerika nahmen. Allerdings waren bei diesen schweren Sätteln, bei denen Cortez und Konsorten noch als Ritter in Panzerrüstungen saßen, Vorder- und Hinterzwiesel mit Eisenblech gepanzert und die Sattelunterlage mit rotem Samt besetzt.

Cowboy-Sattelformen

Erst um 1770 entwickelte sich aus dieser arabisch-europäischen Version der spezifische Sattel der neuen Welt, Hacendado genannt.

Drei Jahrzehnte später kam mit dem Carlifornia-Missionssattel das nächste, verbesserte Modell auf den Markt. Man hatte sich dabei stark an den von Franziskanermönchen eingeführten Hirtensattel gehalten.

Um 1827 kam der sogenannte Ranchero-Sattel auf, der bereits die Grundform des späteren Cowboysattels hatte. 1850 war dann mit dem Texas-Eisenhornmodell das Vorbild aller späteren Sattel geschaffen. Von da an gab es bei den folgenden Modellen nur noch unwesentliche spezielle Veränderungen. Ob man nun wie beim Apple-Hornsattel das Horn aus Eisen durch ein kompaktes wie ein halbierter Apfel wirkendes Horn aus Hartholz ersetzte oder wie beim »Mutter Hubbard Sattel« zum ersten Mal die kegelförmige Sattelgabel mit einer sogenannten »Clark Bocken Polsterrolle« versah – grundlegend wie in den Jahren 1770 bis 1830 – veränderte sich der typische Cowboysattel jetzt nicht mehr. Nachdem ich nun mit weiteren Zeichnungen versuche, diese soeben erläuterte Dinge bildlich darzustellen, anschließend noch einige Begriffe, die zum Thema Sattel dazugehören wie das Salz zur Suppe.

Satteldecken

Da wäre zunächst einmal Saddle Blanket, oder auch die gemeine Satteldecke. Diese wurde zum Schutz des Pferderückens vor unnötigem Druck und auch, um den Sattel vor dem Pferdeschweiß zu schützen, zwischen Sattel und Pferderücken gelegt. Die Decken waren stets handgewebt, manche Indianer hielten sich sogar extra für diesen Zweckschafe, deren Wolle sie zur Herstellung der berühmten Navajo-Satteldecken verwendeten.

Eine einfache Decke maß knapp 80 auf 80 cm, eine Doppeldecke 72 bis 86 auf 148 bis 163 cm. Erwähnenswert ist vielleicht noch, dass einfache Decken zwischen 2 und 5 Pfund wogen und Doppeldecken zwischen 4 und 7 Pfund. Erwähnenswert deshalb, weil diese Decken nicht nach Größe oder Anzahl verkauft wurden, sondern stets nach Gewicht.

Jetzt zum Sattelstempel:

Das war ein Meißel ähnliches Stempelgerät, das an einem Ende eine Negativform eines erhabenen Ornamentmusters trug. Das Leder wurde vorher angefeuchtet, und bevor es fast trocken war, schlug man mit diesem Stempel die Ornamente zur Verzierung hinein.

Das Wort Sattelgerücht war ein Cowboyausdruck für sich, in Windeseile über das ganze Land ausbreitende Gerüchte und Neuigkeiten, welche von Mund zu Mund und Meile zu Meile immer grotesker verzerrt wurden. Über Satteltaschen, Sattelgurt und Sattelhorn gehe ich jetzt einfach mal hinweg. Der interessierte Leser wird zu diesen Themen wahrscheinlich schon genug gehört oder gelesen haben.

Was aber meiner Meinung auch nicht unbedingt ein landläufiger Begriff ist, wäre das Wort »Satteltakelung«. Grundsätzlich gab es nämlich zwei Arten, einen Sattel auf einem Pferd zu befestigen. Mit 2 Sattelgurten, wie es der frühere Texas-Cowboy tat, oder mit einem Gurt, wie vom Vaquero in Kalifornien praktiziert. Entsprechend war die Bezeichnung Einfach- oder Doppeltakelung.

Cowboy-Satteltakelungen

Unter gewissen Zeitgenossen, die sich damit auskennen, ist Ersteres besser als Center-Fire-Rig oder Carlifornia-Rig bekannt; die Doppeltakelung eher als Rim-Fire-Rig. Wobei Letztere schnell aus der Mode kam, weil die einfache Satteltakelung – sprich Center-Fire-Rig – mit der Zeit so verbessert wurde, dass eine Doppeltakelung nicht mehr benötigt wurde. Diese Einfachtakelung passte sich allen Körperformen der Pferde an, genauso wie Sonderaufgaben wie dem Zureiten, einem langen Reiten, einem Reiten in schwierigem Gelände …

Puh, geschafft, damit also wäre unsere kleine Erklärstunde zu einem eigentlich ganz alltäglichen Gebrauchsgegenstand des Cowboys beendet. Nach Hut und Sattel würden jetzt noch Waffen, Pferde, Ehrenkodex und Alltagsleben fehlen, um das wirkliche Bild des Cowboys komplett abzurunden. Aber ich hoffe mal, diese Westernkolumne wird lange genug weiter geführt werden, sodass wir diese Themen auf einen späteren Zeitpunkt verschieben können. In der nächsten Ausgabe würde ich mich nämlich gerne einmal über die wahren Helden des Wilden Westens auslassen. Nicht Buffalo Bill, Wyatt Earp, Billy the Kid oder Custer, sondern einfache, unbekannte Männer aus dem namenlosen Heer der Westwanderer, deren Taten es nicht verdient haben, vergessen zu werden.

In diesem Sinne,

euer Slaterman

Quellen: H.-J. Stammel: Der Cowboy von A bis Z, Bertelsmann Lexikon Verlag, Gütersloh, 1972