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Old Boy 1

Garon Tsuchiya, Nobuaki Minegishi
Old Boy 1

Thriller, Manga, Softcover, Carlsen, Hamburg, November 2006, 416 Seiten, 12,00 Euro, ISBN 9783551753113, ab 16 Jahren

Goto wird eines Tages aus heiterem Himmel entführt und zehn Jahre lang in einem geheimen Stockwerk eines Hochhauses gefangen gehalten. Seine einzige Verbindung zur Außenwelt besteht durch einen Fernseher. Der Fernseher und sein tägliches Kampfsporttraining bewahren ihn davor, zu resignieren. Aus ebenso heiterem Himmel kommt er nach zehn Jahren wieder frei und muss sich erst einmal in der für ihn neuen Welt zurechtfinden. Unterschlupf erhält er zunächst bei einer jungen Kellnerin, die sich in ihn verliebt hat. Sie hilft ihm auch, das Restaurant zu finden, das das geheime Stockwerk mit Essen beliefert hat. Heimlich folgt Goto dem Lieferanten und schleicht sich in das Hochhaus, in dem er so lange gefangen gehalten wurde, ein. Er hofft, dass er auf diese Weise dem Auftraggeber seiner Entführung auf die Spur kommen wird. Tatsächlich geht sein Plan auf: Er nimmt telefonisch Kontakt zu seinem Entführer auf.

Der Manga aus dem Jahr 1997, der in vier Bänden abgeschlossen ist, wartet bzgl. der Zeichnungen mit einem realistischen Zeichenstil auf, der gut zum Inhalt passt. Die Story ist spannend, wenn auch in den Grundzügen nicht neu – Rache suchende Helden gibt es schließlich zuhauf in der Literatur und in Filmen. (Apropos: Der Manga ist die Vorlage für den gleichnamigen Kino-Thriller von Park Chan-wook.) Aber zurück zum Manga selbst: Viele Frauen werden mit der Story und dem Männer- und Frauenbild wohl eher wenig anfangen können. Einerseits ist der gezeigte männliche Körper noch gut definiert und zum Glück nicht aufgeblasen. Andererseits kommt der Held typisch männlich daher: schweigsam, rachedurstig, allein auf seine körperliche Stärke vertrauend. Mir persönlich scheint er auch nicht gerade intelligent zu sein, um es mal nett auszudrücken. Natürlich werden auch Männerträume bedient. Der Held, der 10 Jahre lang keine Frau hatte, bekommt gleich am ersten Abend seiner Freiheit eine, die sich ihm geradezu an den Hals wirft. Und die nicht nur jung, sondern auch noch Jungfrau ist. Viel platter geht es kaum. Das einzig Gute an dieser Frauengestalt: Sie gibt ihm den entscheidenden Hinweis auf seine Entführer. Auch Gotos ehemalige Freundin ist nicht besser: Sie wird zwar ernst dargestellt, ist aber eigentlich nur eine hohle Nuss in einer hübschen Hülle.

Als Extra ist dem Manga ein Vorwort von Journalist Daniel Bickermann beigefügt, der u.a. auf die Rachekultur im Manga eingeht. Seine Einschätzung, dass der Manga einerseits auf Höchstgeschwindigkeit gebracht wird, um dann aber immer wieder ausgebremst zu werden, teile ich nicht. Der Manga entwickelt sich vorhersehbar und das Tempo wird der Story nur angepasst: Es geht, wenn auch mit kleinen Rückschlägen, kontinuierlich vorwärts.

Fazit:
Netter Rachemanga, der aber innerhalb dieses Schemas verhaftet bleibt und darin nur wenig variiert. Das Frauen- und Männerbild ist leider sehr klischeehaft.

(ud)