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Geisterjäger John Sinclair: Spuk am Tegernsee

Geisterjäger John Sinclair: Spuk am Tegernsee

John Sinclair Band 1836: Fratze des Unheils
Autor: Jason Dark
Bastei-Verlag
Erscheinungsdatum: 17.09.2013
Preis: 1,70 €

Romane, die in Deutschland spielen, haben bei Geisterjäger John Sinclair eine lange Tradition. Angefangen hat alles einst mit dem Gespenster-Krimi Nr. 148 Der Voodoo-Mörder, der zum Teil in Nürnberg spielte. Mittlerweile hat der Geisterjäger so ziemlich jede Region Deutschlands unsicher gemacht, von Baden-Baden über Leipzig bis hin zu Sylt – oder eben den Tegernsee.
Manchmal ist dies auf Recherchen des Autors zurückzuführen, wo es in der Bundesrepublik besonders interessante Orte für Gruselromane gibt, oftmals basieren diese Geschichten aber eher auf Leserzuschriften, der Heimat des Autors oder gar auf favorisierten Reisezielen der Familie Rellergerd.
Langjährige Leser der Serie ahnen, dass es bei JS-Romanen, die eher in die Kategorie der Urlaubserzählungen gehen, oft etwas seichter zugeht als üblich. So bissen beispielsweise bei den letzten beiden Sylt-Abenteuern des Geisterjägers (Nr. 1322 und 1479) lediglich die Bösewichter ins Gras.
Und auch diesmal geht es etwas gemütlicher zu, immerhin handelt es sich bei dem Schauplatz um eines der beliebtesten Reiseziele der Deutschen (und auch meiner Wenigkeit) – dem Tegernsee. Eine malerische Bergkulisse, gut gepflegte Fachwerkhäuser, deftiges und urbayrisches Essen, Uli Hoeneß als Nachbar … Da ist es doch eigentlich selbstverständlich, dass es auch den Geisterjäger einmal an diesen Ort verschlägt. Und wieder, und wieder, und – tja, nun ermittelt John Sinclair zum dritten Mal an diesem See:

Die ehemalige Hexe Jane Collins überredet John Sinclair zu einem gemeinsamen Urlaub am Tegernsee. Doch statt einmal dem Trubel der Dämonenjagden zu entgehen, geraten die beiden in einen neuen Fall: Bei einem nächtlichen Ausflug auf den Tegernsee wurde der Tourist Eric Fischer von einer merkwürdigen Fratze überfallen, die ihn auf magische Weise zu beeinflussen scheint.
Da sich Johns Kreuz bei der Anwesenheit des Mannes am Frühstücksbüffet des von ihm und Jane gewählten Hotels meldet, beschließen sie, sich um Eric Fischer zu kümmern. Schon bald zeigt sich auf dem Gesicht des Mannes jene hässliche Fratze. Der Geisterjäger findet heraus, dass sie von einer uralten Hexe namens Osana stammt, die einst im Tegernsee ertränkt wurde, sich zuvor aber mit dem Teufel verbündet hatte.
Während Eric Fischer immer mehr der Magie der Hexe verfällt, wird John Sinclair zu allem Überfluss von einem magischen Spiegel in die Vergangenheit gezogen, aus der es diesmal jedoch kein Entrinnen zu geben scheint …

Was sich auf den ersten Blick recht spannend liest, entpuppt sich zumindest in der ersten Hälfte des Romans eher als heiße Bergluft. Außer dass Eric Fischer der Fratze begegnet, John Sinclair von Jane Collins in ihrem Hotelzimmer vernascht wird und John ein wenig mit seinem Kreuz herumwedelt, passiert nicht wirklich etwas. Zudem kann man sich die Frage stellen, warum Jane ausgerechnet dort dem Schicksal des Geisterjägers, der stets neue Fälle anzieht, wie Licht die Insekten, entgehen will, wo jener laut eigener Aussage bereits gegen die Mächte der Finsternis gekämpft hat.
Die Szenerie scheint dabei recht austauschbar, spielt die Handlung doch lediglich in einem – wenn auch noblen – Hotel, statt sich ein wenig die Lage, etwa im Bezug auf die Berge, die Wälder und Ähnlichem, zunutze zu machen.
Erst durch die Zeitreise in die Vergangenheit nimmt der Roman etwas Fahrt auf und baut durch die Szenerie um den nächtlichen Tegernsee, der Schauplatz einer Hexentötung werden soll, eine gewisse Atmosphäre auf. Und auch wenn John Sinclair ein paar finstere, allerdings recht tumbe Gesellen mit allerlei Gerätschaften niederknüppeln darf, bleibt er doch nur zweiter Sieger, da er die Ermordung der Hexe nicht verhindern kann.
Das ist jedoch auch gar nicht nötig, schließlich ist Osana schon länger mit dem Teufel im Bunde – der natürlich wieder einmal (von einer kurzen fratzenhaften Erscheinung abgesehen) keinen Auftritt erhält. Dafür punktet der Roman mit einem ungewöhnlichen Ende, da das Opfer – Eric Fischer – diesmal nicht gerettet werden kann und auch die Hauptgegnerin Osana ihrer Vernichtung entgeht. Ob man allerdings von dieser Hexe noch einmal etwas hören wird, wage ich aufgrund der Erfahrungen der letzten Jahre zu bezweifeln.
Immerhin bietet Band 1837 Fratze des Unheils durchschnittliche, annehmbare Unterhaltung, die man als JS-Stammleser nun auch nicht mehr wirklich gewohnt ist. Und vielleicht gibt es demnächst ja doch ein Wiederlesen mit Osana – im Spin-Off Geisterjagd am Tegernsee.

Eigentlich wäre damit schon alles zu dem Roman gesagt, und doch liegt mir etwas auf dem Herzen: der Teufel.
Okay, ich bin kein Satanist, Höllenanbeter oder Ähnliches, aber der Höllenherrscher, auch Asmodis genannt, gehört – wenn er denn mal tatsächlich in Erscheinung tritt – zu meinen Lieblingsgegnern und auch zu jenen vieler langjähriger Fans.
Leider wird der Teufel heutzutage (wie auch im vorliegenden Roman) eher als Alibi-Charakter für ansonsten hintergrundfreie 08/15-Geschichten genutzt. Dann heißt es mal »Der Teufel hat mir meine Macht gegeben!« oder »Ich morde für den Satan!«, und schon hat es sich mit der Einbindung des Höllenherrschers.
Dabei zeigt ein Blick in die Serienhistorie und damit auch auf bekannte Werke eines gewissen Vicente Ballestar, dass es auch anders geht …

Einst griff Asmodis noch direkt in die roten Fäden ein, spielte eine herausragende Rolle unter den Feinden des Sinclair-Teams und brachte ihm nicht selten große Niederlagen bei. Als Leser hatte man stets das Gefühl, dass hinter seinen Auftritten und Erwähnungen ein größeres Konzept steckte. Man denke nur an seine Bündnisse mit Wikka, Jane Collins, Pernell Kent, Cigam, seinen Kämpfen gegen die Großen Alten, der Entführung der Conollys und vieles mehr.
Zugegeben, sein Erscheinungsbild auf den Ballestar-Covers war doch etwas gewöhnungsbedürftig, insbesondere sein roter Ganzkörperstrampler, aber es versprühte doch immer einen gewissen Charme. Leider musste man – angeblich aufgrund von kritischer Fanpost – zum Ende der 80er hin Abschied von dieser Darstellung und allgemein fast vollständig von der Abbildung von Asmodis auf den Covers nehmen.
Und ebenso wie die Teufels-Bilder verschwand auch der Höllenherrscher selbst immer mehr in den Hintergrund. Zwar traten andere Gegner an seine Stelle, die mindestens ebenso charismatisch waren oder es noch sind, aber was spräche eigentlich gegen eine aktivere Einbindung von Asmodis? Und erinnert sich noch jemand, wann er in seiner kompletten Gestalt und nicht nur als Fratze mitgespielt hat?
Heutzutage muss man als Leser schon froh sein, wenn der Teufel kurz mal am Ende zur Vernichtung seines Dieners auftaucht oder überhaupt sein dreieckiges Gesicht in irgendeiner Weise zu sehen ist.
Vor einiger Zeit, im 1800er-Jubiläums-Pseudo-Zweiteiler, erhielt man noch einmal die Hoffnung, dass Asmodis mit einer neuen Dienerschar, Skelett-Engeln, wieder aktiver ins Geschehen eingreifen würde. Doch von diesen Wesen hat man danach nie wieder etwas gelesen und wird es wohl auch nicht mehr.
So wird der Teufel wohl weiterhin als Hintergrund-Charakter und als Stichwort für belanglose Höllen-Geschichten ein Schattendasein führen. Es sei denn, Jason Dark nimmt sich noch einmal seiner an, gerade wenn man bedenkt, dass Geisterjäger John Sinclair immer weiter auf Band 2000 und damit wohl auch auf das Ende der Serie zugeht.

Bildquellen:

(rh)