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Die da kommen

Liz Jensen
Die da kommen
The Uninvited, London, 2012

Thriller, Taschenbuch, dtv, München, Juni 2013, 320 Seiten, 14,90 Euro, ISBN 9783423249607
Aus dem Englischen von Susanna Goga-Klinkenberg, Titelgestaltung von Lisa Höfner

www.dtv.de

Sie sind nicht aufzuhalten.
Ein siebenjähriges Mädchen tötet seine Großmutter auf brutale Weise. Ein tragischer Einzelfall, sagen die Experten. Doch sie täuschen sich. Überall auf der Welt kommt es zu grausamen Gewalttaten, die Kinder gegen ihre Familien verüben.
Der Anthropologe Hesketh Lock hat zunächst ein ganz anderes Rätsel aufzuklären. Hesketh ist ein »Troubleshooter«: Weltweit wird er zur Aufklärung interner Skandale in globalen Unternehmen eingesetzt. Sein aktueller Fall führt ihn nach Taiwan. Hesketh entdeckt als Erster ein Muster in den sich häufenden Fällen von schwerer Industriesabotage und den Attacken von Kindern gegen Erwachsene, die wie zwei Epidemien den ganzen Erdball erfassen. Wer sind die geheimnisvollen »sie«, von denen immer wieder die Rede ist? Sind »sie« die treibende Kraft hinter den dramatischen Ereignissen?

»Männer greifen Institutionen an, die sie lieben – Kinder wenden sich gegen ihre Familie. Zwei überlappende Kreise, deren Schnittmengen irrationale Gewalt bildet.«

Anthropologe Hesketh Lock, 36 Jahre, gut aussehend, Gewohnheitstier, lebt nach der Trennung von seiner Lebensgefährtin Kaitlin und ihrem kleinen Sohn Freddy auf der schottischen Insel Arran in einem einsam liegenden Cottage.
Kaitlin Kalifakidis, Rechtsanwältin, hatte Hesketh betrogen und so sah er sich gezwungen, sich von ihr zu trennen, doch ihm fällt besonders die Trennung von Freddy sehr schwer.
Hesketh hat seine festen Rituale, faltet Origami, er beobachtet die Menschen und »Dinge«, und wenn er aufgeregt ist, schaukelt er hin und her, denn er leidet unter dem Asberger Syndrom.
Hesketh bleibt keine Zeit, die Trennung von seiner kleinen »Familie« zu verarbeiten, denn er wird von der multinationalen Anwaltskanzlei Phipss & Wexman, in der er arbeitet, als Experte für Verhaltensmuster mit einem spektakulären Fall beauftragt: Erwachsene, die Sabotage und dann Selbstmord begehen, Kinder, die sich gewalttätig gegenüber Erwachsenen, ihren Familienangehörigen, zeigen und sie teilweise auch töten

Bricht weltweit eine Pandemie aus, die solche Schreckenstaten zur Folge hat?
Hesketh wird Zeuge eines solchen Vorfalls, dass sich ein Mann, dem ein sonderbares kleines Mädchen erscheint, in den Tod stürzt. Danach ist das Mädchen – der Geist? – verschwunden. Augenzeugen behaupten es sei in den Selbstmörder »hineingesprungen«.
Es wird also immer mysteriöser.
Denn was hat es damit auf sich, dass die Selbstmörder und Kinder eine starke Affinität zu Salz haben?
Das ist aber nicht die einzige Abnormität, die Hesketh auffällt.

Stephanie Mulligan, Psychologin und eine Kollegin von Hesketh, wird ebenfalls in den Fall involviert. Ausgerechnet sie, denn sie ist es, mit der Kaitlin ihn betrogen hatte – mittlerweile leben die beiden Frauen sogar zusammen – mit Freddy, den Hesketh immer mehr vermisst.
Und Freddy wird sogar zum Dreh- und Angelpunkt des Falls, denn er bringt Hesketh näher an die Ursache des »Übels« heran, als ihm lieb ist. Denn der Junge weiß sonderbarerweise, wie alle Selbstmörder gestorben sind – und mehr.
Dann beginnt auch Freddy seiner Mutter gegenüber gewalttätig zu werden …
Ein ebenfalls wichtiger Mensch in Heskeths Leben war und ist Professor Victor Wybray. Als die beiden Männer zusammen den Fall durchleuchten, wird ihnen schnell klar, dass das »Phänomen« über das rein »Physische« hinauszugehen scheint. Dass ein kollektives Unterbewusstsein am Werk sein muss und es über eine Ideologie oder Metaphysik verfügt, die es zu identifizieren gilt.
Für Hesketh ist Freddy die Möglichkeit das Mysterium zu erforschen – und stößt auf Erschreckendes.

Der minimalistische Stil der Autorin unterstützt die Spannung noch zusätzlich, die dieser Thriller Seite für Seite aufbaut, der nicht auf billige Effekthascherei aus ist, sondern ein Psycho-Thriller per exzellence ist, der nah am Zeitgeschehen ist und an dem Laster unserer Gesellschaft: Die natürlichen Ressourcen werden immer knapper und die Überbevölkerung ist längst zu einem ernsthaften Problem geworden. Ein Problem, das sich auf erschreckende Weise Bahn bricht.
Die da kommen ist ein Pageturner, der auf menschliche Charaktere und den Puls der Zeit setzt und das meisterhaft und mit einem stetigen, feinen, aber dennoch eindrücklich gewobenen Gruselfaktor verzahnt. Somit auf stringent spannendem Niveau unterhält.
Auch die Aufmachung des Romans kann als gelungen bewertet werden, denn das Cover ist perfekt an den Erzählstil angepasst: auf der einen Seite kühle, klare Farben und ein minimalistisches Covermotiv, das aber durch das strukturierte Einsetzen des Messers seine Brisanz erhält.

»Ich besitze kein Radar für Lügen.«

Fazit:
Pageturner, der stringent spannend unterhält, dabei aber nicht auf billige Effekthascherei setzt. Empfehlenswert.

(ab)