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Westernkurier 07/2007

Auf ein Wort Stranger, denn jetzt kommt C.C. Slaughter!
Hufgetrappel ertönte, gellendes Kriegsgeschrei hallte durch den Morgen jenes 9. Februar 1857. Und im nächsten Moment prasselte eine dunkle Wolke aus Pfeilen auf das Dach der kleinen Baptistenkirche von Palo Pinto, Texas.

Reverend George Webb Slaughter klappte seine Bibel zusammen, ergriff sein Sharpgewehr und begann zu schießen. Neben ihm stand sein Sohn Christopher Columbus, der an diesem Tag 20 Jahre alt geworden war. Ihr wütendes Gewehrfeuer zwang die Indianer schon bald zum Rückzug und bereits eine halbe Stunde später klappte der Reverend die Bibel wieder auf und fuhr genau dort, wo er seine Predigt unterbrochen hatte, fort.

Das war der Beginn von C. C. Slaughters unvergleichlicher Karriere. Noch am gleichen Tag begann er damit, Vieh zu kaufen, es dahin zu treiben, wo es benötigt wurde und mit dem Gewinn, das zu kaufen, was anderswo wieder gebraucht wurde.

Innerhalb weniger Jahre bekam er einen Ruf als harter Kämpfer. Die Herden, die er trieb, wurden immer größer.

Mit sechsundzwanzig lernte er Cynthia Jowell kennen, die ihm in ihrer dreizehnjährigen Ehe fünf Kinder gebar. Er wurde sesshaft und erwarb eine kleine Ranch in den Hügeln des Palo Pinto Canyon. Eines Tages verließ er sein Haus, um nach seiner Herde zu sehen. Als er zurückkam, lag ein toter Comanche vor seiner Haustür. Zwei Dutzend Comanchen hatten seine junge Frau beobachtet und versucht, sie zu rauben. Cynthia verbarrikadierte sich aber im Haus und schoss dem ersten Indianer, der die Tür einrennen wollte, eine Ladung gehacktem Schrot entgegen.

Slaughter verfolgte die Horde und kehrte zwei Wochen später zurück. Er sagte kein Wort, aber im ganzen Land verstreut lagen tote Comanchen.

Danach trat er den Texasranger bei und überall wo er auftauchte, hörten die Überfälle der Comanchen schlagartig auf. Kurz darauf meldete er sich freiwillig zur Armee der Konföderierten und brachte es aufgrund seiner außergewöhnlichen Tapferkeit sehr bald bis zum Colonel.

Als der Krieg zu Ende war, kehrte er nach Hause zurück, wo seine Frau inzwischen fast 5000 Longhorn auf der gemeinsamen Ranch zusammengetrieben hatte.

Mit einer wilden Mannschaft, die bereit war, selbst die Hölle nur mit einem Eimer Wasser bewaffnet anzugreifen, trieb er die Herde unter unsäglichen Strapazen nach Kansas. Sein Einsatz war gleich null, denn die Rinder hatten sich in den Jahren des Bürgerkrieges auf seinem Land wie die Karnickel vermehrt, der Preis, den er in Kansas erzielte, war 35$ pro Stück.

Das war der Beginn, als sein Name zur Legende wurde.

Er machte diesen Job zehn Jahre lang. Er kämpfte gegen Indianer, gegen Viehdiebe und gegen Banditen, die auf dem Rückweg an sein Geld wollten. Den C.C. , wie er inzwischen von Kanada bis nach Mexiko nur noch genannt wurde, ließ sich den Erlös seiner Herden stets in Golddollars auszahlen. Wie die meisten texanischen Rinderleute verachtete er Papiergeld, Banküberweisungen und Ähnliches. Bald war unter den Indianern, Banditen und anderem Gesindel bekannt, dass eine Herde von C.C. anzugreifen gleichbedeutend mit Selbstmord war.

1876 starb seine Frau Cynthia an einem Klapperschlangenbiss. C.C. brach alle Brücken hinter sich ab, verkaufte Haus und Hof und verdingte sich als Trailboss, der Rinderherden von Texas nach Dodge City trieb. Dort lernte er Carrie Averill kennen, die er schließlich heiratete.

Der ruhelose C.C. Slaughter wurde wieder sesshaft und gründete im Panhandle von Westtexas die berühmte Long-S und die Lazy-S Ranch, die heute noch von seinen Nachkommen geleitet werden. Dort steht übrigens mitten im Hof ein alter Hauklotz, in den er einst eine Axt hineingeschlagen hatte und dem, der sie mit einem Ruck herausziehen konnte, 1000 Dollar versprach. Zu seinen Lebzeiten brachte es niemand fertig.

1880 kaufte er 200 000 Acres Land von der Texas&Pacific Eisenbahn, 1881 300 000 Acres Land von der Regierung. Damit erstreckte sich sein Ranchimperium über 7 Countys. Um eine Vorstellung über die Größenordnung oben genannter Zahlen zu bekommen, möchte ich nur anmerken, dass ein Acre gleichbedeutend mit etwas über 4000 qm unserer Flächenmaßeinheit ist.

Ein Jahr später kaufte er 100 Shorthornbullen und kreuzte sie mit den texanischen Longhornrindern. Ein Aufschrei ging durch das Land. In der Moralvorstellung konservativer Texaner war das in etwa mit den heutigen Versuchen in der Gen-Technik vergleichbar. Ein blutiger Krieg brach aus, den C.C. aber schon nach knapp vier Monaten für sich entschied.

Dann kam jenes schicksalhafte Jahr 1887. Ein Jahrhundertblizzard ruinierte in einer einzigen Nacht Hunderte von Texasranchern. Drei Tage lang wütete der Schneeorkan über das Land und am Ende lagen mehr als 10000 Kadaver auf Slaughters Weide und der Rest der Herden war in alle Winde zerstreut. Aber anstatt wie Dutzende andere resignierend aufzugeben, investierte er seine letzten Dollars in weiteres Land und die Aufzucht der neuen Short-Longhorn Rinderrasse. Denn damit war dreimal so viel Gewinn zu erzielen. Ein Longhornrind brachte knapp 1000 Pfund Fleisch auf die Waage, die neue Rasse 4000 Pfund.

Er gründete eine Ranch in der Nähe von Lubbock, in der Nähe von El Paso, in Mexiko, in Wyoming und Süddakota und besaß 1890 fast eine Million acres Land. Damit war er der größte Steuerzahler von Texas.

Bis zu seinem Tod im Jahre 1919 blieb es still um C.C. Slaughter. Danach fiel sein Riesenbesitz bis auf ein paar Ranches auseinander. Keiner seiner Nachfahren besaß die Kraft und die Energie eines C.C., auch wenn viele behaupten, dass damals einfach andere Zeiten waren.

Damit möchte ich die Hommage an eine der größten Lichtgestalten des wahren Wilden Westens abschließen, wobei ich mir einen Seitenhieb in eine gewisse Richtung nicht verkneifen kann. Der geneigte Leser dieser Seiten wird es mir hoffentlich verzeihen. Eine bekannte Westernreihe wurde mit Band 100 eingestellt, mit der Begründung, es gäbe keine historischen Ereignisse oder Personen mehr, die es wert sind, dass man eingehender über sie berichtet. Was ist denn mit C.C. Slaughter? Sein Leben und Wirken bietet garantiert Stoff für mehr als einen Roman, darüber kann man nun denken, wie man will.

In diesem Sinne, bis zum nächsten Mal.

Euer Slaterman