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Self-Publishing

Sprechen wir heute einmal über Self-Publishing. Brauchte man früher einen Verlag, wollte man ein Buch verlegen, so kann man dies heute in wenigen Stunden selbst erledigen. Okay, das Ergebnis liegt nicht als gedrucktes Werk vor, sondern als E-Book. Da dem Medium meiner Meinung nach jedoch die Zukunft gehört und dies nahezu alle Verlage erkannt haben, spielt es letztlich keine Rolle.

Fast jeder hat ein Smartphone in der Tasche, viele Leute besitzen zusätzlich ein Tablet oder sogar einen E-Book-Reader. Mit all diesen Geräten kann man E-Books lesen; dank guter Displays sogar auf augenschonende Weise.

Anbieter wie Amazon oder Beam machen es Autoren leicht, ihre Werke an den Leser zu bringen. Man muss sich lediglich als Autor oder Verlag registrieren und kann anschließend die selbst erstellten E-Books über eine einfach zu bedienende Weboberfläche hochladen. Bei Beam stehen die Bücher sofort zur Verfügung, Amazon prüft sie, was bei deutschen Werken etwa zwei Tage dauert. Wobei sich diese Kontrolle jedoch auf das Format und unerlaubte Inhalte bezieht, wie an dieser Stelle angemerkt werden muss.

Und genau das ist das größte Problem und für Kritiker des Self-Publishing das wichtigste Argument – jeder kann dort seine Texte veröffentlichen. Egal, ob er die Regeln der Rechtschreibung beherrscht und egal, ob er jemals etwas vom Aufbau eines Romans gehört hat. Auf diese Weise stehen Werke zum Kauf, die es nicht einmal auf die Seite des Geisterspiegels schaffen würden.

Ein Lektorat oder ein Korrektorat haben diese Machwerke nie gesehen; es sind die Ergüsse von vermeintlichen Autoren, die sich Lob von Freunden und Familienangehörigen abgeholt haben und nun glauben, den perfekten Roman verfasst zu haben.

Dabei sollte jeder Autor eines wissen – Freunde und Familienangehörige sind die schlechtesten Ratgeber, wenn es um die eigenen Werke geht. Natürlich werden sie den Text loben. Sätze, die stets fallen, lauten zum Beispiel: »Also, ich würde das nicht können! Woher nimmst du nur diese Fantasie?«

Es gibt im Bereich des Self-Publishing keine Qualitätskontrolle – außer man bemüht sich selbst um eine. Zwar helfen Programme wie TextMaker dabei, einen weitestgehend fehlerfreien Text zu verfassen, der – bei zugeschalteter Grammatikprüfung – dank integriertem Duden sogar die Kommaregeln kontrolliert. Aber ob der Text an sich spannend, sinnvoll oder interessant ist, vermag auch die beste Textverarbeitung mit den besten Nachschlagewerken nicht zu bestimmen.

Ich habe dies bereits in dem Artikel »Wie entsteht ein E-Book« ausgeführt.

Dieser Kritikpunkt, der wie bereits erwähnt, immer wieder genannt wird, lässt sich auch von den größten Verfechtern des Self-Publishing nicht bestreiten.

Leider wird in diesem Zuge ein weiterer Kritikpunkt genannt, der jedoch oftmals nicht zutrifft – man verlegt nur selbst, was man nicht bei einem großen Verlag unterbringen konnte.

Das mag sicherlich zutreffen. Viele Autoren haben aber auch erkannt, dass sie nicht länger auf die Gnade eines Entscheiders angewiesen sind.

Bei Weitem nicht jeder Text, den ein Verlag ablehnt, ist schlecht. Verlage sind Wirtschaftsunternehmen und oftmals setzen die Entscheider lieber auf Standard-Kost, die sich mit Sicherheit verkauft, statt innovativen Texten eine Chance zu geben. Wir leben in einer Zeit der Gewinnmaximierung und der Risikominimierung. Ist ein Trend gefunden, wird dieser bis zum Erbrechen bedient; wie zum Beispiel all die Romantik-Vampire beweisen, die derzeit die Regale der Buchhandlungen füllen.

Hinzu kommt, dass auch der Entscheider ein Mensch ist und seine ganz eigene Meinung, seine ganz eigene Linie vertritt. So gibt es Lektoren, die darauf bestehen, dass deutsche Autoren die Schauplätze der Romane in Deutschland ansiedeln. Und wehe, jemand schickt ein Manuskript, das in den USA spielt …

Einige Autoren haben daher keine Lust, sich in ihrer Kreativität zu verbiegen, nur um der Meinung eines Entscheiders gerecht zu werden. Sie sind überzeugt, dass der Leser ihr Werk annimmt; ganz egal, was Lektor XY dazu sagt.

Hinzu kommt, dass das Geschäftsmodell für Autoren in Deutschland nicht gerade attraktiv ist. Es ist verlockend, sein Werk selbst zu verlegen und damit den großen Verlag zu umgehen.

Das alles hat mit Qualität, Spannung oder der Handlung nur bedingt, bis gar nichts zu tun. Als Beispiel sei hier David Moody genannt, der seine »Herbst«-Reihe im Web publizierte, dort erfolgreich war und erst später die Angebote eines Verlages wahrnahm. Auch er wollte frei sein in dem, was er schrieb; in einer Zeit, als Zombies noch nicht jeden Winkel der Unterhaltung bevölkerten, wäre es wahrscheinlich schwer gewesen, einen Verlag dafür zu begeistern.

Immerhin ging »Herbst« bereits 2001 online …

Der größte Vorteil des Self-Publishing ist daher die breite Palette an neuen, kreativen und vielleicht auch innovativen Texten, die auf herkömmliche Weise nie das Licht der Welt erblickt hätten.

Auch können freie Autoren Grenzen überschreiten, die sich große Verlage nicht zu überschreiten wagen. Hier möchte ich meinen eigenen Roman »2098 – Ich, Killerin« erwähnen. Schon von Anfang an war klar, dass ich diesen selbst veröffentlichen werde. Denn mein Ziel war es, weiter zu gehen als andere deutsche Autoren gehen. Auch dieser Roman wäre bei keinem der großen Verlage erschienen. So aber konnte er das Licht der Welt erblicken – und die Rezensionen und Verkäufe geben mir recht.

Freie Autoren bereichern den Markt, und dieser Pluspunkt steht dem eingangs beschriebenen Minus gegenüber.

Ob und wie weit man beides gegeneinander abwägt und sich auf Self-Publisher einlässt, muss jeder für sich entscheiden. So, wie jeder selbst entscheidet, ob er Musik von einer Independent-Band hört oder ein Indie-Spiel bei Steam kauft.

Es ist ein Risiko, aber meiner Meinung nach wird man häufiger belohnt als frustriert.

Copyright © 2013 by Gunter Arentzen

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