Der Ruf der Zwerge

»Ob Waldzwerge, Gartenzwerge, die zum Leben erwachen, oder Geschichten aus der Zwergenwelt – hier erwartet den Leser eine bunte Mischung von lustigen, abenteuerlichen, aber auch teilweise zum Nachdenken anregenden Geschichten.«

(Klappentext des Buches)

Wie der Verlag es verspricht, so hat dessen Leserteam um Lysann Rößler eine interessante und vielfältige Auswahl von Geschichten um die Zwergenwelt und oft auch deren Beziehung zur Menschenwelt zusammengestellt.

Dabei werden die Zwerge oft als kluge, manchmal sogar weise kleine Zeitgenossen dargestellt, die den Menschen auf irgendeine Weise beistehen oder raten, aber ihnen auch nicht immer gern zu nahe kommen oder sich gar vor ihnen verbergen wollen.

Hierbei leben sie selbst zum Beispiel im Hochgebirge, in einer eigenen Fantasiewelt, im Wald oder auch tief unter der Erde und treffen die Menschen u.a., indem sie durch ein besonderes Tor zu ihnen gelangen. Manche der hier gesammelten Geschichten über die kleinen Wichte lassen diese auch mit anderen Fantasiewesen wie Elfen, Orks, Drachen, Trollen oder Wichteln oder auch untereinander kommunizieren.

Die Ausschreibung zu dieser Anthologie umfasste, wie sehr oft beim net-Verlag, einen Wettbewerb, bei dem die besten drei Geschichten der Sammlung prämiert werden sollten. Grundsätzlich ist dazu zu sagen, dass dem Leserteam diese Auswahl schwergefallen sein dürfte, da auch noch andere Geschichten des Buches außergewöhnlich und gut sind und es sicherlich ebenfalls verdient hätten, prämiert zu werden. Dennoch haben die Testleser eine Auswahl getroffen und so gewannen Eva Angst, Saskia V. Burmeister und Ulf Fildebrandt in dieser Reihenfolge die drei Preise.

Dem net-Verlag ist mit dieser Anthologie ein lesenswertes, differenziertes Buch über Zwerge gelungen und die Autorinnen und Autoren legen große Fantasie an den Tag und liefern dem Leser auch durchaus Nachdenkenswertes. Die Illustrationen, die meist von den Autoren selbst gezeichnet wurden, sind ein schönes Zubrot zu den Geschichten und tragen zu Vielfalt des Buches bei.

Im weiteren Verlauf sollen nun drei der Geschichten skizziert und deren Autoren kurz vorgestellt werden:

Saskia V. Burmeister – Skarn Silberschleifer/ Kleiner Held – Großes Herz!

Inhalt:
Der junge Zwerg Skarn Silberschleifer entstammt einem Clan von Erzschürfern, Schmieden und Geschmeideschleifern. Er ist 110 Zentimeter groß und weder für das Bergwerk noch für das Schmuckgewerbe geeignet. Dafür aber versteht er sich auf die Sprache der Tiere und findet ohne Mühe eine Anstellung am Hof der nördlichen Hochelfen als Meister über das Pferdegestüt, die Koppeln und alles, was dazugehört.

Er beaufsichtigt die Stallburschen, pflegt die edlen Pferde und kuriert auch ihre Krankheiten. Er ist quasi der Pferdeflüsterer bei Hofe. Unglücklicherweise aber verliebt er sich in die kleine Elfenprinzessin, die so klein ist, wie er, viel zu klein für ihr Alter. Skarn aber darf nicht wagen, die schöne Prinzessin zu lieben und klagt sein Leid ihrer Zofe. Diese hat Mitleid und denkt über eine Lösung von Skarns Problem nach. Als der Zwerg der Prinzessin auf Anraten der Zofe doch seine Liebe gestehen will, begegnet er ihr versehentlich in Unterwäsche, wird dabei von der Palastwache erwischt und zum Elfenkönig gebracht. Dieser verbannt den Zwerg sofort in den südlichen Eibenwald, zur Höhle des wilden Mannes. …

Die Autorin:
Saskia V. Burmeister wurde im Mai 1986 geboren. Sie entdeckte ihren Hang zum Schreiben schon in der Grundschule und veröffentlichte bereits mit 16 Jahren. Zurzeit studiert sie in Berlin. Sie publizierte eine Reihe von Fantasy-Romanen und ist in etwa 20 Anthologien mit Geschichten vertreten.

Thomas Wohlfeil – Zeit der Zwerge

Inhalt:
In der Zwergenschule lernen die Schüler von ihrem Lehrer, Meister Brombur, dass die Menschen, beziehungsweise die Großlinge, die Zwerge für einen Mythos, für Sagengestalten und Märchenwesen halten. Sie stellen sich die kleinen Leute völlig falsch vor und haben vergessen, dass es die Zwerge waren, die am Ende des immerwährenden Winters gemeinsam mit den Göttern die bösen Riesen besiegten und damit die Menschen retteten und den Beginn ihrer Ära einläuteten.

Während der Unterricht in der Zwergenschule andauert, beginnt plötzlich in der Höhle der Zwerge ein dumpfes Grollen, das von oben aus der Welt der Menschen kommt. Der Lehrer hält es für ein Erdbeben. Kleine Steine rieseln von der Decke und das Gestein rundherum erzittert. Die Kinder laufen nach Hause.

Nyx, eines der Zwergenkinder, bittet seinen Vater Vigg, mit ihm kommen zu dürfen, denn Vigg gehört zur Torwache des eisernen Tores zur Menschenwelt, genauer gesagt zu den Bergwerken der Menschen, die über den Höhlen der Zwerge liegen. Vigg nimmt seinen Sohn widerstrebend mit und beiden klettern mit Brokka, dem Hauptmann der Torwache und drei anderen Zwergen in die Welt der Menschen empor.

Der Autor:
Thomas Wohlfeil ist 1971 geboren. Er wohnt in Meerbusch in Nordrhein-Westfalen und arbeitet als Sachbearbeiter in einem metallverarbeitenden Betrieb. Die vorliegende Geschichte ist seine erste Veröffentlichung.

Lorenz-Peter Andresen – Im Land der Grommel

Inhalt:
Oben im Mangfallgebirge leben Zwerge, die den Menschen als Berggeister bekannt sind, sich selbst aber das Volk der Grommel nennen. Diese Zwerge sind in der Zeit stehen geblieben, in der es noch keine Götter gab und die Lebewesen eins waren mit der Natur und mit dem, was sie ihnen schenkte. Sie leben, wie man vor Tausenden von Jahren gelebt hat, und ziehen ihren Lebensstil dem der Zivilisation vor. Sechs Familien dieser Grommel wohnen auf einer Geröllwiese in verlassenen Bauten von Murmeltieren, versteckt vor den Riesen aus dem Tal, wie sie die Menschen nennen und vor ihren Feinden, wie zum Beispiel den Steinadlern. Die nächste Grommelsiedlung ist mehrere Tagesmärsche entfernt und man trifft sich unter Grommeln nur zur Partnersuche. Um den anderen zu finden, orientiert sich ein Angehöriger dieses Stamms am Geruch der Bergziegenexkremente, mit denen sich all diese Zwerge zum Schutz gegen die Witterung täglich einreiben.

Eines Tages bricht der junge Grommel Meka auf, um beim Nachbarclan eine Frau für sich zu finden. Als er aber bei den Wohnungen des Nachbarclans ankommt, stellt er fest, dass ein Mensch mit seinem Hund die Nachbarn gefangen hat. Meka beschließt, den Versuch zu wagen, sie aus der Hand des Menschen zu befreien. Er folgt der Spur aus Bergziegendung, die offenbar einer der Gefangenen gelegt hat. Unterwegs muss er zunächst einen Steinadler besiegen und töten, was einem Grommel nur selten gelingt, denn meist werden die kleinen Kerle Opfer dieser Vögel. Dadurch wird er zum Krieger und folgt den Gefangenen nun mit noch mehr Mut. …

Der Autor:
Lorenz-Peter Andresen wurde 1963 in Wanderup in Schleswig-Holstein geboren. Nach seiner Ausbildung zum Bürokaufmann und EDV-Sachbearbeiter lebt er heute mit Frau und zwei Töchtern bei Flensburg, wo er auch arbeitet. Er ist an über vierzig Anthologien beteiligt und hat außerdem u.a. den historischen Roman Der Codex des Papstes veröffentlicht.

Quellen:

• Der Ruf der Zwerge, Anthologie, net-Verlag, Cobbel, 1. Auflage, 2013.
• www.saskia-v-burmeister.de
• www.laudatio-verlag.de

Cover der Anthologie, mit freundlicher Genehmigung des net-Verlags.

Copyright © 2013 by Wolfgang Wiekert