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John Sinclair Classics – Folge 14

Ein Angler zieht die Leiche des Privatdetektivs Garry Santer aus der Themse. Auffallend ist, dass dem toten Körper die Augen entfernt wurden. Der Fall wird Inspektor John Sinclair von Scotland Yard übertragen, denn offenbar handelt es sich um einen Ritualmord. Doch es gibt noch einen weiteren Grund, weshalb sich der Geisterjäger für den Mord an Santer interessiert, denn bei ihm handelt es ich um jenen Mann, der das geheimnisvolle Silberkreuz des Geisterjägers gestohlen hat, indem er sich bei dessen Eltern als Kurier ausgegeben hat. Santer untersuchte vor seinem gewaltsamen Tod das Verschwinden der Teenagerin Cindy Nichols, dessen Eltern John einen Besuch abstattet. Dadurch wird er auf einen Londoner Strip-Klub von zweifelhaftem Ruf aufmerksam. Die Spur führt den Inspektor Dr. Barnabas Radcliffe, einem Archäologen und Sprachwissenschaftler, der Johns Hinweise auf eine alttestamentarische, babylonische Gottheit, die er in den Aufzeichnungen von Garry Santers gefunden hat, erstmals bestätigt. John ist der festen Überzeugung, die Ermittlungen in der Hand zu haben und macht rasch Fortschritte, nicht ahnend, dass sein unheimlicher Gegner, der nur unter dem Pseudonym Dämonos bekannt ist, bereits an einem Ritual arbeitet, das für die babylonische Göttin die Rückkehr auf die Erde und für John Sinclair den Tod bedeutet …

Zunächst muss erwähnt werden, dass Dämonos eigentlich der neunte Roman mit John Sinclair in der Hauptrolle ist und es eigentlich um einen chinesischen Geheimbund geht. Einer der Gründe vermutlich, weshalb die Geschichte unter der Federführung von Oliver Döring in der Classic-Chronologie der Nacht des schwarzen Drachen weichen musste. Der Vollständigkeit wegen haben die Macher den Roman jetzt aber dennoch vertont, sein geringes Potenzial aber durchaus erkannt und um eine nicht unbedeutende Rahmenhandlung erweitert. Die Rede ist von John Sinclairs silbernem Kreuz, das in der vorliegenden Episode Bestandteil eines bizarren Rituals werden soll. Hier zeigt sich auch die Weitsichtigkeit und ein gewisser Geschäftssinn seitens der Produzenten, denn wie bereits die Classic -Folge 12 Das Höllenheer die Ereignisse in der einen Monat später erschienenen Edition 2000-Folge Die Todesgöttin vorbereitete, dient Dämonos als Grundstein, für die im kommenden Monat erscheinende sogenannte Kreuz-Trilogie, in der Regisseur und Skriptautor Dennis Ehrhardt übrigens wieder einmal Geschehnisse aus einem späteren Zyklus hat einfließen lassen. Die Rede ist von der Okastra-Saga, in der es primär um Johns silbernen Dolch gehen wird. Der spielt auch in dieser Episode eine Rolle, wodurch die Macher wieder eine Lücke im Sinclair-Universum geschlossen haben, denn in den Romanen von Jason Dark wird zwar erklärt, woher John sein Kreuz bekommen hat, aber nicht woher er den Dolch hat. Der gehört einfach irgendwann zum Arsenal des Geisterjägers und wird im Laufe der Serie klammheimlich durch dieselben Zeichen wie auf dem Kreuz »aufgerüstet«. Eben jenes Mysterium soll in der kommenden Trilogie aufgelöst werden. Im vorliegenden Hörspiel indes muss Sinclair aber erst seinem Kreuz und dem Dolch habhaft werden. Das Grundgerüst der Geschichte orientiert sich dabei erstaunlich dicht am Originalroman, außer, dass aus der chinesischen Dämonengöttin, eben ein babylonisches Äquivalent entsteht. Im Gegensatz zum Roman ist Glenda Perkins, dargestellt von Ilya Welter, bereits mit von der Partie, wenngleich lediglich im Hintergrund agierend, um für John die lästige Recherche-Arbeit zu erledigen. Eben eine echte Sekretärin. Achim Schülke hat sich gut in die seit Kurzem vakante Stelle des Superintendenten Sir James Powell eingefunden und auch Alexandra Lange macht ihren Job als Erzählerin wieder hervorragend. Tatsächlich muss angemerkt werden, dass es kaum einen Erzähler, ob männlich oder weiblich, gibt, der die Gruselatmosphäre so professionell und gekonnt transportieren kann wie Frau Lange. Auch Dietmar Wunder ist als John Sinclair wieder absolut sattelfest und glaubwürdig, kein Wunder, immerhin hat er als James Bond und nicht zuletzt als Psycho-Cop Don Harris reichhaltig Erfahrungen mit dieser Art Charakter sammeln können. Ebenfalls mit dabei sind Merete Brettschneider als Sarah Boyd, Osman Ragheb als Dr. Radcliffe, Gudo Hoegel als Garry Santer und Gerald Paradies in der Rolle des Benjamin Walt. Die Sprecherauswahl ist wieder exzellent, was allein der kurze Auftritt Hasso Zorns als betagter Angler Old Paddy beweist. Die Handlung als solche ist ein waschechter Gruselkrimi beziehungsweise ein Krimi mit Gruselelementen. Neudeutsch würde man vermutlich von einem Mystery-Thriller reden. Soviel Ermittlungsarbeit und Befragungen musste John schon lange nicht mehr durchführen. Auch das Finale ist sehr gut gelungen und wurde im Vergleich zum Roman ein wenig abgeändert. Die Musik begleitet das Geschehen im Hintergrund und fällt nicht groß auf. Als Appetizer für die Folgen 80-82 der Edition 2000 ist das Hörspiel jedoch ebenso gelungen, wie als Einzelabenteuer. Gespannt sein darf man auch auf die kommenden Classic-Folgen, die jetzt, wo John besser bewaffnet ist, ebenfalls einen neuen Schwung bekommen dürften, denn in der Heftromanserie hat Sinclair sein Kreuz erst sehr viel später zum Einsatz gebracht. Schade ist eigentlich nur, dass Johns Eltern so gar keinen Auftritt in dieser Folge haben.

Der Band Dämonos gehört zu den am häufigsten aufgelegten John Sinclair-Romanen überhaupt. Nach der Ersterscheinung im Jahr 1974 als Band 49 der Reihe Gespensterkrimi, erschien er sage und schreibe noch sieben weitere Male mit fünf verschiedenen Coverillustrationen. Timo Würz hat der Story indes ein gänzlich neues Antlitz verliehen, das zwar nicht sonderlich bedrohlich oder unheimlich wirkt, aber durchaus gelungen ist. Außerdem ist es das einzige Motiv auf dem John Sinclair-Kalender von 2013, das im gleichen Monat zu sehen ist, in dem das entsprechende Hörspiel erschienen ist.

Fazit:
Ein weiterer Höhepunkt der Classic-Serie und eine bedeutsame Wendung im Kampf gegen die Mächte der Finsternis. Ein gutes Beispiel dafür, wie aus einer mittelmäßigen Heftromanvorlage ein glänzend produziertes Hörspiel werden kann.

Copyright © 2013 by Florian Hilleberg

 

Jason Dark
Dennis Ehrhardt
John Sinclair Classics, Folge 14
Dämonos
Horror, Hörspiel
Lübbe Audio, Köln
Februar 2013
Audio-CD, 74 Minuten,7,95 Euro
ISBN: 9783785743805
Titelillustration von Timo Würz

www.luebbe-audio.de