Auto Tuning
Als Ben die Polizeisirenen in der Ferne hörte, löschte er das Licht und raste mit seinem Ferrari weiter. Er wusste nicht einmal, ob der Einsatz ihm galt, aber er hatte auch keine Ambitionen, sich wegen einer offenen Uraltrechnung schnappen zu lassen.
Die leicht abschüssige Straße führte auf ein Waldstück zu. Ben hoffte auf sein bisheriges Glück und darauf, dass ihm kein Tier vor das Auto lief. Das graue Asphaltband war zwischen den Bäumen kaum zu erkennen und Ben hielt sich, noch immer mit Tempo mindestens zweihundert, genau auf der vermuteten Straßenmitte. Ein paar Kilometer ging die Rechnung auch auf, dann tauchte, wie aus dem Nichts, etwas großes Dunkles genau vor ihm auf. Es knallte mörderisch, Blut spritzte über die Winschschutzscheibe und Ben hatte keine Ahnung, Weiterlesen
Elmsfeuer
Die Nachricht von Großvaters Tod erreichte mich am Abend des 12. Juni. Mit wehendem Mantel und ungeschnürten Schuhen eilte ich die Stufen seines Hauses hinauf, wo mich der Arzt bereits am Eingang erwartete. Er sei friedlich entschlafen, hieß es; beinahe erleichtert habe er gewirkt. Ob er denn krank gewesen sei, wollte ich wissen; der Arzt verneinte – ein wenig zögerlich, wie mir schien. Er sprach mir sein Beileid aus, wischte sich mit einem hellblauen Tüchlein über die Stirn und fuhr, nach erneutem Zögern, fort.
»Wissen Sie, mein Vater war ebenfalls ein hervorragender Seemann, bis sein Schiff bei Kap Horn in einen Sturm geriet. Er und etliche Männer mussten ertrinken. Ihr Großvater, nun ja … ich hoffe, dass sein schuldgeplagter Geist endlich zur Ruhe kommen konnte.«
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Windnacht
Es regnete.
Es regnete in Strömen.
Es floss aus den dunklen Wolken, die die frühe Dämmerung bis fast in die Mittagszeit vorverlegt hatten und die für niemanden einen Sonnenstrahl durchließen. Es ließ die Straßengullys überlaufen und Weiterlesen
Der Mann mit dem gelben Koffer
Eines schönen Tages erschien ein unscheinbarer Mann, gekleidet in einen höchst langweiligen Anzug in der Stadt. Außer einem großen gelben Koffer trug er nichts bei sich. Zu groß für eine Aktentasche, zu klein als Reisegepäck. Sein schütteres Haar umgab den blanken Schädel gleich einem Kranz aus staubigem Stroh. Auf der Nase des Mannes saß eine dicke, schwarze Hornbrille, die längst schon aus der Mode gekommen war. Der Mund war so schmallippig, dass es ständig aussah, als würde er sich gewaltig anstrengen, ganz gleich, was er gerade tat.
Der Mann zog in einen der schönen, neuen Wohnblocks. Teuer waren die Wohnungen in diesen Gebäuden. Viel zu teuer für arme Menschen, aber der fremde Mann verfügte scheinbar Weiterlesen