Deutsche Märchen und Sagen 175
Johannes Wilhelm Wolf
Deutsche Märchen und Sagen
Leipzig, F. A. Brockhaus, 1845
231. Der Geist zu Bingen
Nicht weit von der Stadt Bingen, da wo das Flüsschen Naas in den Rhein mündet, liegt ein Dorf, welches Camon heißt.
Da war im Jahre 858 ein Geist, welcher den Einwohnern viel schlimme Streiche spielte. Zuerst fing er an, unsichtbar die Leute mit Steinen zu werfen und ihnen an die Türen zu pochen. Bald danach gab er unter menschlichen Gestalten Antworten, verriet Diebstähle und stiftete Zwietracht und Uneinigkeit. Dann begann er Scheunen und Häuser anzuzünden und zu verbrennen.
Die wundersamen Märlein vom Berggeist Rübezahl – 15. Kapitel
Heinrich Döring
Die wundersamen Märlein vom Berggeist Rübezahl
Verlag C. F. Schmidt, Leipzig, ca. 1840
Fünfzehntestes Kapitel
Wie Rübezahl eines armen und tief betrübten Mägdleins sich mit Rat und Tat annahm
Als nun mit Anbruch des dritten Morgens die Neugier manche hinauslockte aus ihrer Wohnung, um auf dem Markt den Galgen vorläufig zu betrachten, an welchen der arme Bendix gehängt werden sollte, wurden sie durch das widrige Gekrächze eines großen schwarzen Raben, der sich auf die Spitze des Galgens gesetzt hatte, wieder zurückgescheucht und trotz aller Bemühungen, ihn fortzujagen, seinen Platz durchaus nicht verlassen wollte. Erst als das Gewühl sich wieder zerstreute, flatterte Rübezahl – denn er war es – herab von dem Galgen Weiterlesen
Sagen der mittleren Werra 59
Vom Loberg, der Tanzbuche auf dem Krätzers Rasen und den Hexenringen auf der Klinge
Auf der Höhe des Lobergs, an dessen Gelände sich noch einige Häuser von Steinbach hinaufziehen, bietet eine nicht unbedeutende Fläche des weißen Schwerspats, der hier die dunkle Decke des Eisengesteins durchbrochen hat und schlechthin das weiße Fleck genannt wird, einen seltsamen Anblick. Hier, wo noch zu Anfang dieses Jahrhunderts das Sonnenwendefestfeuer brannte, sollen die Hexen von Steinbach mitunter noch lustig tanzen.
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Die wundersamen Märlein vom Berggeist Rübezahl – 14. Kapitel
Heinrich Döring
Die wundersamen Märlein vom Berggeist Rübezahl
Verlag C. F. Schmidt, Leipzig, ca. 1840
Vierzehntestes Kapitel
Wie der jüdische Kaufmann Moses seinen Räuber wiedererkannte und wie diesem sein Urteil gesprochen wurde
Wie nun Moses in die ihm bezeichnete Schenke eingetreten war, da traute er kaum seinen Augen, als er an einem Tisch den Burschen erblickte, der ihn vor Kurzem beraubt und so grausam durchgeprügelt hatte. Er sah hin und wieder hin; die Kleidung, jeder Gesichtszug war derselbe; es war sein Räuber, wie er leibte und lebte. Der war aber lustig und guter Dinge, trank und scherzte und sah dabei so offen und unbefangen umher, als habe er nie ein Wässerchen getrübt.
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