So eine Drachenschande
Seine Gnaden, der Kronbischof von Kalliopta IV verließ wutschnaubend sein großzügig angelegtes Badezimmer, ohne sich um zeremonielle Gewandung auch nur einen Augenblick zu kümmern. Genauer gesagt, um irgendwelche Gewandung. Schließlich sinkt die Notwendigkeit textiler Verhüllung drastisch, wenn man über einen etwa fünfzehn Fuß1 langen mit grünmetallicfarbenen Schuppen gepanzerten Körper verfügt, dessen Fortpflanzungsorgan während seiner nicht übermäßig häufigen Ruhepausen unsichtbar hinter einer stabilen Schuppentasche lauert. Moralische oder zeremonielle Einwände waren auch nicht zu erwarten. Der Wille zu öffentlich geäußerter Kritik ist nun mal erheblich eingeschränkt, wenn man sie gegenüber einem Bischof äußern soll, der einen aus einem fast zwei Fuß2 langen, reißzähnebestückten Rachen angrinst, auf Kalliopta IV kraft Amtes sakro-sankt ist und dessen Vorliebe für das Verspeisen lästiger Untertanen seitens der öffentlichen Meinung eher als lässliche Sünde betrachtet Weiterlesen
Adon und die Nächstenliebe
I
Prinz Adon war der zweitgeborene Sohn König Fasars, des Herrschers von Subon. Obwohl er alles hatte, was Geld kaufen konnte und außerdem mit schönem Gesicht und Körper sowie mit einigem Verstand gesegnet war, war er unzufrieden mit seinem Leben und neidisch auf seinen älteren Bruder Sofar, den von der Natur ausgewählten Nachfolger Fasars, der dann, wenn sein Vater starb, der Herrscher des mächtigen Reiches Subon sein würde, was Adon als das Schönste erschien, was man auf Erden haben konnte.
Adon grübelte oft darüber, wie böse es das Schicksal mit ihm gemeint hatte, obwohl es ihm viel besser ging und er ein weit schöneres Leben hatte, als die Untertanen seines Vaters, die oft sehr arm waren und hart für ihr tägliches Brot arbeiten mussten. Schließlich dachte Adon sogar darüber nach, seinen Bruder auf irgendeine Weise aus dem Weg Weiterlesen
Das Tribunal zu Nuras
»Auf, Freunde, lasst uns eine reiche Ernte einfahren!«
Diesen Worten folgte ein markerschütternder Kampfschrei als Ardo sein Pferd zum Galopp antrieb und die Doppelklingenaxt über dem Kopf kreisen ließ. Kaum hatte er die erste Reihe der Feinde erreicht, färbte sich das schimmernde Metall rot. Verstümmelte Leiber stürzten zu Boden, Reiter starben mit ihren Pferden, Lanzen und Schwerter zerbarsten unter schrecklichen Hieben. Ardo war in seinem Element, lachte schallend, während er mit beleidigenden Sprüchen die Gegner zu mehr Kampfgeist anstachelte. Er fühlte sich rundum wohl.
Etwas anders erging es seinen vier Reisegefährten, die in sicherer Entfernung warteten und das Schauspiel teils verwundert, teils angewidert betrachteten.
»Wo habt Ihr diesen Wahnsinnigen aufgegabelt, Hauptmann Vanri?«
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Der weiße Rehbock
»Ich wüsste da schon einen Weg, wie eure Mutter aus den Fängen des bösen Kaukar zu befreien wäre«, sagte die alte Mida.
Die alte Mida war die Dorfälteste und schon beinahe hundert Jahre alt. Sie wusste immer einen Rat, sodass jeder Dorfbewohner, egal ob jung oder alt, sie bereits mindestens einmal um Hilfe gebeten hatte. Heute war der dreizehnjährige Tarfos bei ihr zu Gast, der ältere der beiden Kuma-Brüder. Er hatte sie gefragt, ob sie nicht von einer Möglichkeit wisse, wie seine Mutter aus der Hand des bösen Zauberers Kaukar, der in einer düsteren Burg auf dem Berge Nebos hauste, zu befreien sei. Dieser hatte sie vor gut zwei Monaten gezwungen, ihr Heim Weiterlesen
Haustiersitter
Es war ein Tag im Hochsommer, der schon am Morgen versprach, oder eher damit drohte, brütend heiß zu werden.
Jack war in seinem Garten, der hinter einer schützenden Mauer an sein kleines Haus grenzte. Der Geruch von nasser, frisch bearbeiteter Erde lag in der Luft. Er hatte schon in aller Frühe etwas Gemüse und Obst geerntet, die übrigen Pflanzen, die noch ein paar Tage reifen mussten, gewässert und war nun innig damit beschäftigt, das umtriebige Unkraut zu zupfen, das sich zwischen seinen Pflanzen ein Heim geschaffen hatte.
Ein Platz wie dieser war durchaus alles andere als gewöhnlich in der Stadt Urban, die von Menschen überquoll, die sich Tag für Tag aus ihren düsteren, beengten Wohnungen nach draußen retteten, um die Straßen mit geschäftigem Treiben zu überfluten.
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