Oberhessisches Sagenbuch Teil 125
Oberhessisches Sagenbuch
Aus dem Volksmund gesammelt von Theodor Bindewald
Verlag von Heyder und Zimmer, Frankfurt a. M., 1873
Der Helg in Burkhards
Die stumpfe Kirche unter Burkhards war endlich baufällig geworden. Man beschloss, auf den heutigen Kirchhof, der dem Ort näher liegt, die neue zu errichten, dazu aber das Material der alten zu benutzen. So brach man denn auch ein kleines uraltes und hochverehrtes Heiligenbild aus der dortigen Mauer und versetzte es an die neue Kirche. In jeder Nacht aber wurde das Bild von unsichtbaren Händen weggetan und man sah es wieder morgens am gewohnten alten Platz. Man mochte es dort noch so oft wegholen, immer war es morgens wieder daselbst, Weiterlesen
Oberhessisches Sagenbuch Teil 124
Oberhessisches Sagenbuch
Aus dem Volksmund gesammelt von Theodor Bindewald
Verlag von Heyder und Zimmer, Frankfurt a. M., 1873
Wunder am Karfreitag
In Sichenhausen, so erzählte einmal mein Ellerknänn, ist eine Frau gewesen, der war Sonntag wie Werktag und Werktag wie Sonntag. Darum machte die sich auch keine Gedanken darüber, am heiligen Karfreitag ihre Hulle (oder Kopfhaube) zurecht zu machen, zu waschen und zu stärken, um damit auf Ostern Hoffart zu treiben und in der Kirche zu prachtieren. Aber an so einem hehren Tag soll man sich nicht versündigen, das wies ihr unser Herrgott durch ein großes Wunder. Denn als sie eben die gewaschene Hulle in das blaue Stärkewasser eintauchte, siehe da, Weiterlesen
Oberhessisches Sagenbuch Teil 123
Oberhessisches Sagenbuch
Aus dem Volksmund gesammelt von Theodor Bindewald
Verlag von Heyder und Zimmer, Frankfurt a. M., 1873
Strafe in der Heiligen Nacht
Wie anderwärts ist auch im ganzen Vogelsberg der Glaube verbreitet, dass in der Nacht der Allerheiligsten Geburt des ewigen Sohnes Gottes alles Wasser auf Erden in Wein verwandelt sei, wunderbarer Weise, wenn man auf den Glockenschlag zwölf dem fließenden Wasser nach schweigend aus dem Born schöpft.
Nun war ein frecher böser Bube in einem Dorf, der glaubte an nichts und wollte die Leute verhöhnen. Deshalb legte er sich um jene Stunde mit seinem Leib quer über den Born und rief: »Jetzt ist alles Wasser geworden zu Weiterlesen
Oberhessisches Sagenbuch Teil 122
Oberhessisches Sagenbuch
Aus dem Volksmund gesammelt von Theodor Bindewald
Verlag von Heyder und Zimmer, Frankfurt a. M., 1873
Die Dörfer im Laubacher Wald
Wo jetzt nichts als Wald ist, zwischen Schotten und Laubach, da lagen ehedem sieben Dörfer, die sind verschwunden. Sie wurden vor Zeiten von einem raubgierigen Grafen von Solms in einer einzigen Nacht in Asche gelegt. Auch Freienseen sollte dieses Schicksal haben, doch zum Glück ging es stark auf den Morgen los und ein bellender Hund verscheuchte ihn. Damals stand von Laubach nichts als das Schloss und eine einzige Mühle. Die armen abgebrannten Leute aber wurden gezwungen, sich nun in Laubach anzusiedeln und des Grafen Weiterlesen
Oberhessisches Sagenbuch Teil 121
Oberhessisches Sagenbuch
Aus dem Volksmund gesammelt von Theodor Bindewald
Verlag von Heyder und Zimmer, Frankfurt a. M., 1873
Schlechtenwegen und Steinfurt
Als die lieben heiligen Apostel Petrus und Johannes in das Gebirge zogen, das Evangelium zu predigen, kamen sie auch in die Gegend von Altenschlirf. Da ging es ihnen aber mächtig übel. Denn es lagen so viele grausige Steine auf den Wegen, dass ihre Schuhe an den Füßen vollends zerrissen und sie mit schwerem Seufzen barfuß gehen mussten. Umso mehr freuten sie sich, als sich danach der Weg besserte. Sie riefen fröhlich, als sie dies sahen: »Stein fort!« Von dieser Begebenheit haben die Dörfer Schlechtenwegen und Steinfurt ihre Namen.