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Adventskalender 18. Dezember 2014

Verlosungsaktion Andreas Zwengel: Wespennest

Der Millionär Garth herrscht als Bürgermeister über das hessische Dorf Ginsberg, dem er eine Fassade von beschaulichem Landleben aufgezwungen hat. Doch nicht alle Bewohner sind damit einverstanden.
Als die Baumaschinen eines Bauprojektes sabotiert werden, versucht Garth, seine schärfsten Kritiker im Ort mit Gewalt zu vertreiben und löst damit eine Kettenreaktion aus. Ein manipuliertes Fußballspiel, eine Massenschlägerei und nächtliche Schüsse sind nur die ersten turbulenten Folgen, die der scheinbaren Dorfidylle ein Ende bereiten.

Prolog

Aus der Zeit vor Garth gab es nicht viel über Ginsberg zu erzählen. Es war ein Ort wie jeder andere. Man hätte ihn durchqueren können, ohne es zu bemerken, läge er nicht am Ende eines malerischen Tals abseits der Hauptverkehrswege. Die üppige Vegetation machte den Abzweig nach Ginsberg unscheinbar und das Hinweisschild war so weit wie möglich von der Straße entfernt, ohne gegen Vorschriften zu verstoßen. Ein paar Sträucher, die nicht zufällig dort wuchsen, verdeckten es gegen flüchtige Blicke. Wer sich dennoch dorthin verirrte, folgte einer schmalen Straße, die durch tief herabhängende Äste wie von Palmwedeln beschattet wurde. Daneben schlängelte sich die Lahn in sanften Kurven zum Dorf Ginsberg, das sich vor jedem Neuankömmling den namensgebenden Berg hinauf erhob. Eine Parade aus blitzsauberen Fachwerkhäusern mit Blumenkästen an den Fenstern. Viele der Häuser besaßen eine renovierte Fassade. Früher hatte das meiste Fachwerk unter Putz gelegen, war verkleidet oder durch Schindeln unkenntlich gemacht worden. Doch dank Garth hatte der Ort eine kostspielige Schönheitsoperation erhalten. Die Straßen waren vergrößert, die Fassaden der Häuser gestrafft und alles Hässliche oder Schmuddelige abgesaugt worden. Die Rinnsteine waren gefegt und die Grünanlagen entlang der Hauptstraße akkurat gestutzt. Menschen spazierten fröhlich winkend am Straßenrand. Überall lachende Kinder und vollständige Familien. Die Menschen hatten sich kleine Paradiese geschaffen. Überdachte Terrassen mit Hollywoodschaukeln, daneben gemauerte Pizzaöfen oder massive Grills aus dem Baumarkt. In den Gärten aufblasbare Pools für mehrere Tausend Liter und Springbrunnen in den Gartenteichen. Nichts davon verborgen hinter blickdichten Hecken oder hölzernem Sichtschutz. Man zeigte, was man hatte, damit sich auch andere daran erfreuen konnten.

Wer den Ort noch aus der Zeit vor Garth kannte, stellte viele Veränderungen fest. Am Brunnen, an dem sich früher die Dorfjugend getroffen hatte, um Alkohol und Zigaretten zu konsumieren, saßen nun ältere Menschen in stiller Eintracht beieinander. Die Videothek hatte einem pittoresken Gemischtwarenladen Platz gemacht und in den Räumen des Handyladens war inzwischen ein Fahrradgeschäft untergebracht. Neu gab es ein Eiscafé, einen Spielzeugladen und eine Boutique für die reiferen Jahrgänge.

Zu Beginn hatte Garth völlig bescheidene Pläne gehabt und lediglich einen behaglichen Altersruhesitz gesucht. Nach einigen Wochen Müßiggang begann er, in der Lokalpolitik mitzumischen und schneller, als es irgendjemand erwartet hätte, erklärte er seinen Ruhestand für beendet. Innerhalb von zwei Jahren und mittels eines schier unerschöpflichen Privatvermögens erschuf er den Ort von Grund auf neu. Neben der allgemeinen Renovierung subventionierte er ausgewählte ortsansässige Bauern, um Landleben zu spielen. Garth sah Ginsberg wie eine dieser nostalgischen Schneekugeln an und am liebsten hätte er den ganzen Ort auch unter eine Kuppel gesteckt. Kein anderes Dorf dieser Größe hatte so viele Angestellte, die das Neuschwanstein unter den hessischen Käffern in Schuss hielten. Touristen, die von der Schönheit der Landschaft angezogen in den Ort kamen, fanden freundliche, aber auch seltsam reservierte Bewohner vor, die niemanden zum Bleiben animierten. Busladungen voller knipsender Menschen, die sich durch die Straßen schoben und in die Häuser drängten, gehörten nicht zu Garths Vorstellung und deshalb würde es sie auch nicht geben. Der Ort blieb ein Theaterstück ohne Zuschauer. Ein privater Themenpark wie die Neverland-Ranch von Michael Jackson, wo dieser seine Kindheit nachholen wollte. Garth hatte allerdings keine knallbunten Popcorn-Träume, sondern eine streng konservative Heile-Welt-Vision. Da er zuvor nie auf dem Land gelebt hatte, stammten seine Vorstellungen durchweg aus der Konserve, vornehmlich aus den harmlosen Filmlustspielen der Fünfziger und Sechziger. So schaffte er eine Zeitblase, um die Idylle zu bewahren, die ihn in seiner Kindheit und Jugend geprägt hatte. Ginsberg war wie die Kulisse eines Heimatfilmes.

Garths Methoden zur Schaffung und Wahrung dieser idealisierten Welt waren hingegen durchweg den Mafiafilmen von Coppola und Scorsese entliehen. Denn hinter der prächtigen Fassade deutscher Dorfromantik rumorte es gewaltig. Zwei, die maßgeblich dafür verantwortlich waren, trugen beide den Nachnamen Gernhardt.


Wir verlosen heute ein Buch (Hardcover) Wespennest von Andreas Zwengel.

Wer an der Verlosungsaktion teilnehmen und das Buch gewinnen möchte, schickt bitte eine E-Mail mit Angabe der Postanschrift an wespennest@geisterspiegel.de.

Einsendeschluss ist der 18. Dezember 2014, 23.59 Uhr.

Unter allen eingegangenen E-Mails wird unser Glückswichtel den Gewinner ermitteln. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.
Spammails werden selbstredend herausgefiltert.

Vielleicht verbergen sich hinter den Türchen noch weitere Gewinn- und Verlosungsaktionen? Schaut einfach in unseren Adventskalender!

Viel Glück wünscht das Team von www.geisterspiegel.de


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