Timetraveller – Episode 30
Wenn Ende sich zu Anfang neigt: Denn nichts ist für die Ewigkeit …
Abschnitt 4: Die bittere Wahrheit
Prolog
Die Auswertung
Ebony Creek, Februar 2007
»Was zur Hölle ist Welt 0-2-2 Alpha?«, fragte Francine und wiederholte damit jene Frage, die sie schon einmal gestellt hatte.
Nun saßen sie in einem kleinen Konferenzraum beisammen – neben ihr, Jaqueline, Roger und Tamara waren auch Ken und Claire zugegen.
Die Agentin der UKUSA stand an einem Whiteboard. Ein Beamer projizierte eine PowerPoint-Präsentation auf die glatte, helle Oberfläche.
Jene Welt, welche die Timetraveller zuletzt besucht hatten, war dort zu sehen – wenn auch nur als Standbild.
»Dieses Projekt, so großartig es auch ist, wurde nicht allein aus den bekannten Gründen ins Leben gerufen. Gewiss, Zeit- und Weltenreisen sind großartig, faszinierend – die meisten Menschen denken noch immer, dass Zeitreisen nicht möglich seien. Aber von Anfang an stand ein weiteres Ziel fest. Wir wollten eine Fluchtwelt finden.«
Jaqueline rief die nächste Folie der Präsentation auf. Darauf war ein Insektenwesen zu sehen; eines jener Feindwesen, welche die Parallelwelt der Amazonen überfallen und in einen seit Jahrhunderten andauernden Krieg zwangen.
»Dieses Bild entstand vor einigen Jahren. Es wurde hier, auf 0-0-1 Alpha, aufgenommen. Eine Insel tauchte aus dem Nichts auf – Experten befassten sich mit dem Phänomen und stellten fest, dass es sich um einen Beobachtungsposten der Feindwesen handelte. Am Ende konnten wir die Insel vernichten.«
»Das bedeutet«, rief Francine und erbleichte, »dass uns allen ein solcher Krieg ins Haus stehen könnte!«
»Richtig«, bestätigte Tamara. Dabei blies sie sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. »Ich war damals Mitglied dieser Expertengruppe und weiß eines – keine Armee der Welt könnte eine solche Invasion abwehren. Durch den langen Krieg in der Parallelwelt verfügen die Feindwesen über Waffen, denen wir nichts entgegenzusetzen haben.«
»Seit die Weltenreisen begannen«, fuhr Jaqueline fort, »überprüfen wir jedes Ziel auch daraufhin, ob es sich als Fluchtpunkt eignet. Wir haben eine Checkliste …«, sie rief die nächste Folie mit eben jener Liste auf, »die wir nutzen. Schon der erste Punkt macht die meisten Ziele obsolet – wir suchen eine von Menschen unbewohnte Welt.«
»Also war es das, was du mit Negativpunkten meintest!«, rief Claire. Sie schaute hinüber zu Tamara und sah diese bestätigend nicken.
»Wir dachten, in 0-2-2 Alpha eine solche Welt gefunden zu haben. Bis wir den Satelliten entdeckten …«
Jaqueline wechselte abermals die Folie, sodass nun das Siegel der CIA zu sehen war. Ein Zeichen, dass sie alle nur zu gut kannten – bis Ende 2006 hatten sie alle für die Agency gearbeitet.
»Natürlich muss man in einer Parallelwelt damit rechnen, dass es Parallelen gibt. Das wissen wir alle. Aber dass eine Agentin namens Jaqueline Berger für die CIA arbeitet und dann auch noch mein Passwort benutzt, ist extrem unwahrscheinlich. Es ist mein Zugang und es ist der Server unserer CIA, der über den Satelliten in der Umlaufbahn um 0-2-2 Alpha gestreamt wird.«
Jaqueline rief die nächste Folie auf – der Login des Kommunikationsservers.
»Wie ist das möglich?«, fragte Claire fassungslos. »Das würde doch bedeuten, dass jemand vor uns diese Welt besucht hat. Und dann die merkwürdige Begrüßung …«
»Ich bin ein vorsichtiger Mensch«, erklärte Jaqueline. »Zumindest im Umgang mit Daten und Fakten. Bei jeder Schatzsuche schickte ich täglich Protokolle an Joyce, damit sie einspringen konnte, sollte ich ausfallen. In diesem Fall habe ich es nicht anders gemacht; nur dass ich ein Protokoll auf dem Server abgelegt habe, damit ich selbst Zugriff darauf habe. Ich – in einer anderen Zeit.«
Francine begriff, was ihr Jaqueline sagen wollte. »Das bedeutet, dass der Ernstfall eingetreten ist und wir alle fliehen mussten. Ein Ernstfall, der in der Zukunft eintritt und uns zwingt, 0-0-1 Alpha aufzugeben.«
Jaqueline nickte. »So wird es geschehen. Aber nicht genug damit – die Feindwesen werden uns folgen und uns auch in 0-2-2 Alpha aufspüren und ausrotten. Die Menschheit – diese Menschheit von 0-0-1 Alpha – wird ausgelöscht werden.«
Jaqueline legte eine Pause ein. Sie sah den Schrecken in den Gesichtern der anderen. Panik, Unglaube, Entsetzen – all das spiegelte sich darin wider.
»Können wir es verhindern?«, fragte Francine nach ein paar Sekunden.
»Vielleicht.« Jaqueline rief die nächste Folie auf. Sie zeigte das Backup des Flugschreibers. »Dieses Backup landete eigentlich nicht auf 0-2-2 Alpha, sondern in einer völlig anderen Welt. Ursprünglich entdecken wir 0-2-2 Alpha erst in einigen Monaten und nutzen sie als Trainingswelt. Dabei entscheiden wir uns, sie als Fluchtpunkt zu nutzen, da sie perfekt ist.«
Jaqueline wechselte die Folie. Nun war eine Eiswüste mit Mammuts und Eisbären zu sehen. »Dort landete das Backup ursprünglich.«
»Das weißt du aus den Daten, die du vom Satelliten geborgen hast?«, fragte Ken.
»So ist es.«
»Aber ich verstehe noch immer nicht, wieso der Satellit vom Jahr 2024 sprach. Gibt es einen solchen Zeitunterschied bei der Reise zu 0-2-2 Alpha?«, wollte Ken wissen. »Wir schreiben das Jahr 2007. Das, was geschehen wird, liegt also 17 Jahre in der Zukunft.«
»Die Auslöschung findet im Jahr 2024 statt. Die Invasion hingegen beginnt sehr viel früher – mit geheimen Versuchen auf einer Insel in der Karibik – Caribbean Cove. Ich möchte den Verlauf der Invasion, unserer Flucht und auch unsere Vernichtung hier nicht in aller Deutlichkeit ausbreiten. Nur eines – ich schicke im Jahr 2024 den Flugschreiber und auch den Satelliten in die Vergangenheit, um uns selbst auf die Ereignisse hinzuweisen. Um uns die Chance zu geben, das Grauen im Ansatz zu stoppen.« Jaqueline zögerte kurz. »So etwas habe ich schon einmal getan – und auch damals ging es um die Vernichtung der Welt.«
»Also müssen wir nun alles daran setzen, um das Grauen zu verhindern; sehe ich das richtig?«, fragte Francine.
»So ist es. Und wir müssen gleichzeitig eine Rettungsmission starten, denn laut dem Backup des Flugschreibers gibt es einen Überlebenden der verschollenen Mission. Ihn holen wir heim«, beantwortete Tamara die Frage.
»Sollten wir uns nicht zuerst auf die Bedrohung konzentrieren?«, wollte Claire wissen. »Wenn wir sie nicht in den Griff bekommen, dann …«
»Diese Überlegung steht nicht zur Debatte!«, erwiderte Jaqueline scharf. »Wir werden Erfolg haben, denn alles andere ist keine Option.«
Claire schrumpfte in sich zusammen. »Okay, und wer …«
»Das Team der Timetraveller wird die Rettungsmission fliegen und dazu den Transporter nehmen. Francine und ich werden die Invasion von 0-0-1 Alpha verhindern.«
»Wissen wir schon etwas über die Welt, in die wir müssen?«, fragte Ken.
»Wir haben Sonden geschickt, die Daten gehen an Claire. Ab sofort ist sie für die Rettungsmission verantwortlich; sie hat das Kommando über die Timetraveller, bis unsere Mission abgeschlossen ist.« Jaqueline beendete die Präsentation. »Die Ausbildung des neuen Piloten ist beendet, er wird sich bei Claire vorstellen.«
Die Besprechung war beendet.
Claire und Ken verließen ebenso wie Roger und Tamara den Konferenzraum. Zurück blieben Jaqueline und Francine.
»In welchem Rahmen operieren wir?«, wollte die ehemalige Agentin der Agency wissen. »Immerhin bin ich seit Anfang des Jahres Zivilistin.«
Jaqueline reichte ihr einen Ausdruck.
Francine las das Schreiben und seufzte. »Ich wurde zurück in den aktiven Dienst beordert, Star Gate zugeordnet und dir unterstellt. Auf Veranlassung von Commander Jaqueline Berger, Agent in Charge.« Sie schaute Jack an. »Wir hätten darüber sprechen können.«
»Hättest du dich aus der Verantwortung gestohlen?«
»Verantwortung? Jaqueline, das ist nicht meine Verantwortung. Ich bin zivile Angestellte der Timetraveller. Das da …« Sie zeigte auf das MacBook der Agentin, »ist eine Sache, die mich eigentlich nichts mehr angeht. Dazu gibt es genug aktive Agenten. Nicht nur bei der Agency.«
»Wir werden kämpfen müssen. Vor uns liegt eine schwere Aufgabe. Du warst in der Parallelwelt, du hast die Amazonen überzeugt. Und wir haben Seite an Seite den Terror bekämpft. Du bist meine Partnerin in diesem Fall – niemand sonst. Die einzige Agentin, die außer dir in Frage gekommen wäre, hat einen nicht minder wichtigen Fall in Spanien, um den sie sich kümmern muss.«
»Jane Brewer?«
Jaqueline nickte. »Genau die.«
Francine stand auf. »Also dann – wieder einmal für den Frieden und die Sicherheit der Menschen, der USA, den Präsidenten … Ich hasse es schon jetzt!«
Jaqueline stieß ein freudloses Lachen aus. »Denkst du, mir gefällt es?«
Francine nickte. »Ja, das tut es. Du liebst es, dich in solche Abenteuer zu stürzen. Jeder weiß, dass du dem Untergang entgegenschlidderst, Scorpion. Du bist deswegen so gut, weil du nichts mehr verlieren kannst – nicht einmal dein eigenes Leben.«
Damit verließ Francine den Raum.
Jaqueline schaute ihr nach. Sie wusste, dass die Amerikanerin recht hatte …
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