Timetraveller – Episode 18
Der Sturm riss an ihrer Kleidung.
Claire und Dan drückten sich eng in den Torbogen nahe von SAN MARCO.
Der Regen peitschte und das Meer vor der Lagune zeigte sich in wahrem Aufruhr. Überall im Dogen-Palast flackerte Licht.
Verflucht!, blitzte es durch Claires Kopf. Wo war die SILVER STAR?
Sie mussten sie erreichen, bevor die Corsarin auslief.
Estrella Avilla de Aragon war die Einzige, die ihnen helfen konnte.
Durch das Tosen des Windes vernahmen sie das Getrampel der Wachsoldaten. Man war ihnen dicht auf den Fersen.
Claire dachte zurück. Vor acht Wochen hatte das Abenteuer begonnen.
Mit einer Notiz der englischen Admiralität aus dem Jahre 1763 …
***
Burg Rauenfels/Kommandozentrale
»Hallo Claire – hallo Dan! Eure Entspannungstage sind vorbei.«
Markui Becker begrüßte die beiden ungeduldig auf Rauenfels.
»Ihr gönnt einem auch gar nichts! Wir können nicht pausenlos dem Professor hinterher sprinten. Was ist denn los?«, wollte Dan nach den sarkastischen Worten wissen. Er sah das nervöse Flackern in Markuis Augen.
»Sanfold ist verschwunden!«, platzte da Müller heraus.
Dan schaute von einem zum anderen. Claire ließ sich in einen der Drehsessel gleiten und schlug die langen Beine übereinander. Ihr modischer Rock und die High Heels machten Markui noch nervöser.
»Wart ihr auf einer Tanzshow?«, grunzte er.
Claire lächelte nur. Sie war sich der Wirkung ihres ungewöhnlichen Outfits bewusst.
»Mal langsam«, kam es von Dan. »Jetzt mal in Ruhe! Worum geht es? Was heißt das: Sanfold ist verschwunden … Er ist doch in Kansas City. Sicher ist er nur kurz abgetaucht, um seine nächsten Untaten zu planen.«
Markui setzte sich auf einen Hocker und knetete seine Hände. »Nein, ist es anders. Er hat uns gelinkt. Ich weiß nur nicht wie. Wir haben festgestellt – rein routinemäßig – dass unser Professor seit zehn Tagen wie vom Erdboden verschluckt ist. Du weißt, dass wir ihn überwachen. Der letzte Stand der Dinge ist der, dass er sein Haus betreten hat und nicht wieder herauskam. Auch keiner seiner … äh … Lakaien.«
Dan nickte. »Schön – dann hat er einen Zeitsprung vollzogen. Wieso ruft ihr uns erst jetzt?«
Markui schlug mit der flachen Hand auf den Labortisch. »Himmel – Dan … unsere Geräte hätten Alarm geschlagen. Aber es ist nichts verzeichnet. Nicht die geringste Unregelmäßigkeit in Raum-Zeitgefüge!«
Claire fuhr sich mit den Schneidezähnen über die Unterlippe. »Das ist sehr merkwürdig. Demnach kann er keinen Sprung gemacht haben.« Sie richtete den Blick fragend auf Dan.
Der zog hörbar die Luft ein. »Dem Prof traue ich alles zu!« Er stand auf. »Es gibt nur eine Möglichkeit – wir müssen in seine Wohnung!«
Claire machte große Augen. »Du willst …«
Dan nickte. »Ich will! Komm! Bevor Sanfold irgendeinen Blödsinn anstellt.«
Der Sprung wurde vorbereitet.
»Dabei wollt ich heute Mittag shoppen. Du hattest den Sprung genehmigt. Hier geht man langsam ein«, stöhnte Claire. »Man kommt zu nichts mehr!«
Markui verzog das Gesicht. »Es gibt Prioritäten.«
Die Inspektion der Wohnung des Professors ergab nichts. Sie wirkte, als sei er mal eben verreist. Der Schreibtisch aufgeräumt – alles ordentlich – kein Hinweis.
»Holla! Was ist denn das?«, murmelte Dan plötzlich und angelte den Papierkorb unter dem Schreibtisch hervor. »Ganz so sorgsam war der Prof nicht.«
Claire schaute Dan über die Schulter, als er das kleine Papierzettelchen auseinander faltete.
»Was ist denn das?«
Dan starrte auf die Zahlen und Potenzen. »Der Teil einer Formel.«
Markui blickte später gleichfalls ratlos auf den Zettel. »Das ist zweifelsohne Sanfolds Schrift. Aber was soll das?«
Plötzlich räusperte sich Müller. »Entschuldigung … darf ich mal?!« Er wartete nicht ab, sondern ergriff den Zettel und marschierte zu seinem PC hinüber.
Alle blickten den Techniker erwartungsvoll an. Es brauchte zehn Minuten, dann stahl sich ein Lächeln über Müllers Züge. »Manchmal muss man einfach nur technisches Verständnis aufbringen. Hier! Eine Erweiterung der Einsteinschen Ableitung zur Relativitätstheorie.«
Claire, Dan und Markui liefen um den Tisch zu Müller. Sie blickten auf den Bildschirm.
Markui knirschte mit den Zähnen. »Unglaublich! Sanfold will durch die Nutzung von Rissen im Raum-Zeit-Tunnel reisen und so keine Erschütterung verursachen«, murmelte er. Dann richtete er sich auf. »Aber das ist doch blanke Theorie!«
»Aber Sanfold ist weg und ihr habt nichts gemerkt«, kam es trocken von Dan. Markui blickte ihn an wie einen Alien.
»Und jetzt?«, kam es tonlos.
Dan zuckte die Achseln. »Wir wissen, dass er etwas mit dem Tabula Smaragdina ausheckt. Was auch immer. Vielleicht verfolgt er neue Hinweise zur Deutung.«
Müller schaute über den PC hinweg. »Na – da werden wir ihn nicht so schnell ausfindig machen.«
Claire hob den Finger. »Nicht so rasch aufgeben, Jungs. Wir müssen in historischen Dokumenten forschen, ob sich irgendwo ein Hinweis über die Nutzung der Schrift ergibt.«
Dan seufzte. »Da müssten wir alle Geheimschriften dubioser Orden durchleuchten.«
Claire lief ein paar Schritte in dem Raum auf und ab. »Langsam-langsam. Was hat Sanfold gemacht, bevor er zuletzt seine Wohnung betreten hat?«
Markui schaute in die Computeraufzeichnungen. »Er besuchte die Bibliothek der Universität.« Er zog die Augen zusammen. »Merkwürdig …«, brummte er dann.
»Was?«, wollte Claire wissen.
»Er interessierte sich für die aktuelle Venedig-Ausstellung in der Sonderabteilung.«
Claire winkte Dan zu. »Dann sehen wir sie uns auch an. Komm!«
Universität Kansas City/Venedigausstellung
Claire und Dan schauten sich aufmerksam die Vitrinen und Bildwände an.
»Was kann denn hier die Aufmerksamkeit Sanfolds erregt haben?«, murmelte Dan und schüttelte den Kopf. Aufzeichnungen von Seeschlachten gab es da. Nachbildungen von Hafenanlagen und diverse Logbücher. Protokolle von Kapitänen, die im Auftrage der Seemacht Venedig unterwegs gewesen waren.
Claire seufzte. »Himmel – wie sollen wir hier einen Hinweis finden?! Wir wissen ja nicht mal, wonach wir suchen sollen!«
Sie stampfte mit dem Fuß auf. »Jetzt sind wir in Kansas City und ich hatte eigentlich anderes vor!« Sie war innerlich wütend.
Dan blickte ratlos. Nach einer Stunde erreichten sie einen Raum, in dem es von alten Schriften nur so wimmelte. Aufgelockert von liebevoll erstellten Schiffsmodellen.
Vor einem imposanten Modell blieb Dan stehen. Eine Fregatte aus der Zeit um Mitte 17oo – auffällig durch seine pechschwarzen Segel. Darunter ein Schildchen: DIE SCHWARZE FREGATTE.
Dan machte »Hm«. Claire runzelte die Stirn.
»Das sieht aus wie ein Geisterschiff«, murmelte sie. »Vielleicht das Vorbild für den Fliegenden Holländer?«
Dan zuckte mit den Achseln. »Es gab vor allem Piraten, die durch solche Äußerlichkeiten Furcht einjagen wollten.« Er beugte sich vor und überflog ein Protokoll. Es trug das Siegel der Britischen Admiralität. Plötzlich zogen sich seine Brauen zusammen. Er stieß Claire an. »Schau mal … was sagst du dazu?«
Claire betrachtete das Pergament und fragte dann: »Eine Zusammenkunft der Seekapitäne … und?«
»Lies doch weiter!«, forderte Dan.
Claire zuckte gelangweilt die Schultern. Dann las sie den Text. Je mehr sie las, um so aufgeregter wurde sie.
»Während der Konferenz der Venezianischen Kapitäne im Dogenpalast kam es zu einem Anschlag auf den Dogen. Zeugen wollen danach eine pechschwarze Fregatte vor der Lagune gesehen haben.« Sie schüttelte den Kopf. »Nun ja … aber weiter bringt uns das nicht.«
Doch in Dans Kopf arbeitete es. »Mal langsam. Hinter diesem Protokoll steckt noch ein weiteres Blatt. Ich bin davon überzeugt, dass die Geschichte noch weiter geht.«
Claire nickte. »Sicher! Aber was hilft es uns?«
»Ich muss den Rest auch lesen«, stieß Dan hervor.
Claire lachte kurz auf. »Die Security wird dir sicher die Vitrine öffnen, wenn du lieb fragst!«
Dan warf ihr einen vernichtenden Blick zu. Doch dann grinste er schelmisch.
»Du könntest strippen und die Wachen ablenken. Dann sehe ich mir das Protokoll an.«
Aus Claires Augen schienen Blitze zu schießen. Doch dann bemerkte sie: »Ist vielleicht gar nicht so dumm.«
»Wie …?« Dan sperrte vor Verblüffung den Mund auf.
Unauffällig tasteten Claires Finger an dem Vitrinenrand entlang. Dann erfühlte sie den Verschluss.
»Hier!« Sie kramte in ihrer Handtasche und drückte Dan eine Haarnadel in die Hand. Über ihre Armbanduhr nahm sie Kontakt mit Burg Rauenfels auf.
»Was gibt es?«, kam leise die Stimme von Markui.
Claire hielt ihren Arm, als reibe sie sich den Nacken und brachte so ihren Mund ganz dicht an den Chronometer. »Wir klauen jetzt ein Dokument. Du musst uns in vierzig Sekunden hier raus holen.«
»Was?«, kam es von Markui verblüfft.
»Frag nicht – mach’s!«
Ob der unwirschen Stimme Claires ersparte sich Markui jegliche Diskussion.
Claire ging zu einer anderen Vitrine, die etwa drei Meter entfernt stand, streifte die High Heels ab, ging etwas in die Knie und schrie laut und schmerzhaft auf.
Sogleich wandten sich zahlreiche Blicke zu der jungen Frau. Auch ein Security-Bediensteter näherte sich. Dies nutzte Dan, um mit der Haarnadel das Schloss der Vitrine vor sich zu knacken. Er hob den Glasdeckel an.
Eine Alarmsirene dröhnte los. Dan überlegte nicht lange, sondern griff nach dem Dokument.
Jetzt merkte der Sicherheitsbeamte, was er da tat.
»He!«, rief er und zog seine Waffe. Claire stieß den Mann zur Seite, als er an ihr vorbei zu Dan wollte. Dann machte sie einen Satz, ergriff Dans Hand.
Zwei weitere Sicherheitsbeamte stürzten herbei. Einer wollte Claire festhalten. Die junge Frau stieß ihn vor die Brust, dass er taumelte und stolperte.
Da sprangen direkt zwei Beamte auf das Paar zu und … griffen ins Leere.
Verdattert blickten sie sich an. Durch die Menschenmenge ging ein ungläubiges Raunen.
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