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Perry Rhodan Band 2935 – Das Lügengespinst

Christian Montillon
Perry Rhodan Band 2935
Das Lügengespinst

Die Herrscher des Goldenen Reiches sagen es den Nachtherolden nach und anderen Terroristen: den Besitz eines Lügengespinstes, das ihre Wahrheit bedroht. Und ja, sie besitzen eins. In der zweiten Hälfte des Doppelromans um Lüge und Wahrheit im Reich der manipulierten Lobpreisungen benutzt der Autor, der zugleich Exposéautor ist, die vier Register, die er am besten beherrscht: die Familienbindung, eine der Ermittlung und Verhaftung dienende Verfolgungsjagd, den Horror und die Reflexion des Schreibprozesses.

Beide Bände enthalten vielfältigste Anspielungen auf Vorgängerromane. Das hat Vor- und Nachteile. Leser mit ausgezeichnetem Textgedächtnis, die sich zugleich ohne Vorbehalte und vorgefasste Erwartungen auf eine Erzählung einlassen, können ein wahres Feuerwerk an Bildern, Geschehnissen und Anspielungen erleben. Die angetippten Handlungsebenen sind enorm weit gespannt. Wer die Bezüge nicht erkennt, liest eine farbenprächtige, hübsche und ein bisschen belanglose Geschichte, in der die Figuren Erkenntnisse gewinnen, der Leser aber nichts Neues erfährt. Das kann auch Spaß machen.

Eine Hauptperson ist Virr Shallou, der erst im zweiten Anlauf zugelassene Preissänger. Er sucht sich selbst, während er alles für die Karriere opfert und zugleich zu seiner Familie zurück möchte. In den Gesängen geht es – wie der Autor explizit formuliert – weder um Anfang noch um Ende, sondern um den Moment, der davon lebt, dass viele ihn sehen. Die Medienproblematik, die den Zyklus durchzieht, wirkt durch ihre Aktualität, denn sie bildet die sozialen Netzwerke und die Gier nach Facetime ab. Und wie die Teilnehmer manipuliert werden, das bildet sie auch ab.

Die Agentenhandlung konzentriert sich auf das Duell zwischen dem zynischen Observanten Klutruud, der sowohl Gegner als auch Untergebene jederzeit und bedenkenlos zum Tode verurteilt, und seinen Gefangenen Lua Virtanen und Vogel Ziellos. Es macht richtig Spaß, wenn so jemand sich in der Situation wiederfindet, in die er andere jederzeit gerne brachte, denn er hat es verdient und verschuldet.

So lange war keine Rede mehr von den tt-Progenitoren in Luas Haarsträhne, dass sie jetzt erfrischend wirken. Das ist jene alles könnende Technologie aus den Jenzeitigen Landen, die jegliche Handlungsentwicklung abwürgt, einfach weil alles damit möglich ist. Luas bekam ihre Haarsträhne, um das Richterschiff ATLANC fliegen zu können, und hier kann sie die Minimaschinchen sinnvoll einsetzen.

Ein zweiter Killer jedes Spannungsaufbaus sind zu starke Mutanten. Mausbiber Gucky muss in Schach gehalten werden, damit sich überhaupt große Probleme entwickeln. Hier stehen Mutantengaben gegen Wundertechnik, und die Handlung bleibt überschaubar.  In Faryes Team befindet sich ein weiterer starker Mutant: Donn Yaradua kann auf die Körperchemie anderer Lebewesen zugreifen, ihre Gefühle verändern, sie euphorisch machen, leichtsinnig, depressiv, hilfsbereit. Seine Überlegungen sind … interessant.

Und da ist noch ein Dritter. Ein unglaublich starker Mutant, dessen Gaben das Goldene Reich in bewährter Weise durch Gedächtnismanipulation entschärft hat; angeblich aus humanitären Gründen, doch faktisch, um ihn noch benutzen zu können. Jetzt lassen sie ihn erwachen, um die Terroristen zu bekämpfen. Und er erinnert sich. Wer sich mit Philip K. Dicks Identitätsproblematik identifizieren kann, wird diese Figur mögen.

Mutanten haben Einsichten, weil sie Gedanken sehen. Auch die des angeblichen Terroristen, der seine Pläne durchdenkt. Er verfügt über die Wahrheit, und er kann sie vielleicht auch zeigen. Ist das, was er hat, dasselbe wie das Heroldische Gewölle? Und welche Rolle spielen die Nachtherolde?

(at)