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Talisker Blues

Vor 20 Jahren beging Kieran MacKinnon einen Mord. Betrunken stach er etliche Male mit einem Messer auf seine Freundin ein, so sagen es zumindest die Fakten. Nur kann Kieran sich nicht an die Tat erinnern. Oder doch? Schließlich saß er dafür 20 Jahre im Gefängnis, ohne an seiner Schuld zu zweifeln oder gar seine Unschuld zu beweisen.
Als er schließlich entlassen wird, kehrt er nach Hause zurück, auf die Insel Skye, um dort ein neues Leben zu beginnen. Er findet eine Unterkunft, einen Job, lernt eine Frau kennen und langsam regt sich die Hoffnung, dass er das Leben in Freiheit schaffen kann. Da wird wieder eine tote Frau aufgefunden, die auf die gleiche Weise wie damals umgebracht wurde. Neben ihr liegt ebenso wie damals eine leere Whiskeyflasche mit Kierans Fingerabdrücken …

Talisker Blues ist ein Krimi, der eingefleischten Krimilesern zunächst gar nicht wie ein Krimi erscheinen mag. Die Tat liegt 20 Jahre zurück, die Strafe dafür ist verbüßt und der Täter guten Willens, ein neues Leben anzufangen. All das beschreibt Mara Laue und doch spürt man von Anfang an, wie sich da unterschwellig etwas zusammenbraut. Schon nach wenigen Seiten hat die Autorin den Leser so weit, dass er sich fragt, wo das alles hinführen wird. Die allumfassende Frage, ob Kieran die Tat damals wirklich begangen hat, wird von Seite zu Seite dringlicher, aber die Autorin legt mehrere Fährten, die man als Leser nun einfach verfolgen muss.
Kieran wird auffallend wohlwollend charakterisiert, manchmal für meinen Geschmack ein wenig zu gefällig. Insbesondere dann, wenn er selbst seine Gedanken zum Ausdruck bringt. Er scheint ein Mann ohne Makel zu sein, wenn da nicht die Zweifel an seiner Schuld wären. Aber genau aus dieser Makellosigkeit, die immer wieder Erwähnung findet, entsteht eben auch die Frage, ob das nicht nur alles inszeniert ist und er seinen wahren Charakter doch noch offenbart. Diese Frage sorgte zumindest bei mir für die nötige Spannung, um das Buch binnen kürzester Zeit zu verschlingen. Dabei wurde ich an keiner Stelle enttäuscht, denn die Autorin hat Kieran in immer andere Situationen manövriert, die das Wesen des Mannes Stück für Stück offenbarten. Am Ende war eben die Charakterisierung Kierans die größte Überraschung für mich, weil Mara Laue ihn genau so geschildert hat und nicht anders. Wie sie es getan hat, darüber möchte ich aber nichts schreiben, um anderen Lesern nicht genau diese Spannung zu nehmen.
Obwohl Talisker Blues in erster Linie ein Kriminalroman ist, würde ich ihn aber vor allem auch Lesern empfehlen, die ein Faible für Schottland haben. Durch die bildhaften Beschreibungen der Handlungsorte, des Lebens auf der Insel und nicht zuletzt durch die teilweise in gälischer Sprache geführten Dialoge (keine Angst, man muss die Sprache nicht beherrschen, um es zu verstehen) wirkt der Roman äußerst authentisch. Man hat sogar den Geschmack auf der Zunge, wenn vom Talisker die Rede ist … Ein in eine solch präzise recherchierte Kulisse eingebettete Kriminalhandlung, die ohne jede Effekthascherei auskommt, sucht seinesgleichen.

Insgesamt hat mich die Kriminalautorin Mara Laue, die ich bisher nur aus dem Phantastikbereich kannte, auf ganzer Linie überzeugt.

Copyright © 2012 by Anke Brandt

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Mara Laue
Talisker Blues
Goldfinch Verlag, April 2012
ISBN: 978-3940258168
357 Seiten, 12,95 €