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Lost Land 1 – Die erste Nacht

Jonathan Maberry
Lost Land 1
Die erste Nach

Endzeit-Horror/Fantasy, Hardcover, Thienemann, Stuttgart, September 2012, 528 Seiten, 16,95 Euro, ISBN: 9783522201513, aus dem Englischen von Heinrich Koop und Franca Fritz

Wie sieht das gesellschaftliche Miteinander aus, wenn 13 Jahre zuvor aus heiterem Himmel der Großteil der Menschheit zu Zombies mutiert ist?

Die Überlebenden wohnen in abgeriegelten, aus dem Boden gestampften Siedlungen in kommunistisch anmutenden Strukturen.  Technik und Waren von draußen gelten als ebenso faszinierend wie unheilbringend und verseucht. Nur wenige leben außerhalb, im Leichenland (engl. Rot and Ruin), wo sie sich in Sekten zusammenrotten oder  in kleinen Kommunen gegen alles und jeden kämpfen, das sich ihnen nähert.

So zumindest die Vision des US-amerikanischen Autors Jonathan Maberry, der Horrorfans kein Unbekannter sein dürfte , sich mit der Lost Land-Serie aber erstmals in Young Adult/All Age-Bereiche vorgewagt hat.

Im Zentrum der Handlung steht  Benny Imura, der in der Siedlung Mountainside aufgewachsen ist. Die vor den Zäunen herumlaufenden Zombies sind für ihn ebenso normal wie die Tatsache, dass er nun, da er 15 Jahre alt geworden ist, einen Job finden muss, wenn er nicht die Kürzung seiner Rationen riskieren will. Da er aber weder Begabung im Zeichnen von Zombieportraits, noch ein Verkaufstalent für Teppichdecken – eine Art Rüstung gegen Zombieangriffe – zeigt, ist er gezwungen, bei seinem Bruder Tom, einem Zombiejäger, in die Lehre zu gehen. Und das, obwohl Benny Tom ebenso wie die Zombies abgrundtief hasst und seinen Bruder für den Tod der Eltern verantwortlich macht. Viel lieber würde Benny den anderen Zombiejägern zur Hand gehen, die in Mountainside von ihren unglaublichen Abenteuern im Leichenland gegen die scheinbar monströsen Zombies prahlen. Doch als Benny seinen Bruder notgedrungen ins Leichenland begleitet, erschüttern die Erlebnisse dort sein gesamtes Weltbild.

Maberry hat mit Die erste Nacht einen überaus gelungenen Reihenauftakt vorgelegt, der einerseits durch Spannung, Action, eine emotionale Familienstory und den mitreißenden Sprachstil zu unterhalten weiß, andererseits aber auch nicht vor nachdenklichen Fragen Halt macht. Was bleibt, wenn alles zerstört ist? Wofür sind die Menschen noch bereit, einzustehen? Und kann Böses nicht nur da entstehen, wo es auch ein Bewusstsein dafür gibt?

Solche Fragen zu stellen, mag fürs Zombiegenre nicht neu sein, aber die Art, wie Maberry sich ihnen voller Detailverliebtheit seiner zwischen Apokalypse und zurückkehrendem Kapitalismus pendelnden Gesellschaft widmet, ist erfrischend. Zudem würzt der Autor – dem man seine Kampfkunst-Vergangenheit teilweise deutlich anmerkt – die zwischen jugendgerechter Action und gesellschaftskritischen Coming of Age-Motiven schwankende Handlung mit einer Samurai-Thematik, die vermutlich in den Folgebänden noch eine deutlich prominentere Stellung einnehmen wird. Sozusagen als Sahnehäubchen fungieren die Figuren, die genderübergreifend glaubwürdig gezeichnet sind und zu Recht zahlreiche Fanboys (okay, dank Tom irgendwie eher Fangirls) für sich gewinnen konnten.

 

Etwas eigenwillig ist die deutsche Umsetzung durch den Verlag. Gut, das Cover sorgt für die passende Stimmung, Lost Land klingt eingängiger als der Originalreihentitel Benny Imura , außerdem ist Rot and Ruin zwar eine geniale Bezeichnung, dürfte aber bei der deutschsprachigen Leserschaft erstmal auf Fragezeichen stoßen. Soweit, so nachvollziehbar. Aber warum der Titel Die erste Nacht gewählt wurde, erschließt sich vom Inhalt her nicht so wirklich. Weitaus ärgerlicher ist der Klappentext, der – wie so häufig im YA-Bereich –  krampfhaft versucht, auch die Romantasyleserschaft anzusprechen und dabei den eigentlichen Inhalt völlig aus den Augen verliert. Übrigens sei Lesern dringend davon abgeraten, den deutschen Klappentext des dritten Bandes vor Abschluss der anderen beiden Teile zu lesen!

Apropos – Mitte Juli 2014 ist still und leise besagter dritter Band der Lost Land-Reihe unter dem Titel Die Finsternis erschienen. Leider nur als E-Book, und wie es aussieht, wird es auch keine Printausgabe mehr geben. Es bleibt zu hoffen, dass der abschließende vierte Teil überhaupt auf Deutsch erscheint. Auf Englisch ist die Reihe bereits abgeschlossen, allerdings erscheinen hin und wieder Kurzgeschichten oder Storysammlungen aus dem Rot and Ruin-Universum. Diese machen ebenso wie die geplante Comicumsetzung und die in Produktion befindliche Indie-Verfilmung des ersten Bandes deutlich, welchen Bekanntheitsgrad die Reihe in den USA genießt, während sie hierzulande ziemlich unter dem Radar läuft.

Fazit:
Die erste Nacht ist ein rundum gelungener All Age-Roman, der sich der Zombiethematik auf erfrischende Weise widmet. Hin und wieder hätte man sich zwar ein paar mehr Details gewünscht, aber hier lässt sich auf die Folgebände hoffen.
Unbedingte Leseempfehlung!

(ar)