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The Walking Dead 2

Robert Kirkman, Jay Bonansinga
The Walking Dead 2
The Walking Dead – Rise of the Governor, USA 2011

Horror, Taschenbuch, Heyne, München, April 2013, 441 Seiten, 8,99 Euro, ISBN: 9783453529410, aus dem Amerikanischen von Wally Anker, Titelillustration/Titelgestaltung von Animagic, Bielefeld

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In einer von Zombies überrannten Welt kämpfen die letzten Menschen ums Überleben. Zu ihnen gehören auch die Freundinnen Lilly Caul und Megan Lafferty. In dem schwarzen Hünen Josh Lee Hamilton finden sie den optimalen Beschützer und gemeinsam schließen sie sich einer Gruppe von Überlebenden an, die sich in einer großen Zeltstadt organisiert haben. Während Megan den Untergang der Zivilisation durch Sex mit häufig wechselnden Partnern zu kompensieren versucht, kommen sich Lilly und Josh näher. Doch die Zeltstadt wird immer öfter von herumstreunenden Zombiehorden angegriffen und eines Tages stirbt ein junges Mädchen, für dessen Sicherheit Lilly die Verantwortung trug. Der Vater gibt Lilly die Schuld am Tod seiner Tochter und misshandelt die junge Frau schwer. Josh sieht Rot und zieht den Mann zur Rechenschaft. Als dieser an den Folgen von Josh Lee Hamiltons Schlägen verstirbt, wird er aus der Zeltstadt verbannt. Lilly, Megan, der alkoholsüchtige Sanitäter Bob und der junge Kiffer Scott schließen sich Josh an. Gemeinsam schlagen sie sich durch die von Zombies verseuchte Welt, auf der Suche nach einem Platz, an dem sie sicher sind. Dabei kommen sie auch zu einer Stadt namens Woodbury, die von einem Mann regiert wird, der sich selbst als Governor bezeichnet. Von da an wird alles noch viel schlimmer …

Kaum jemand hätte damals im Jahr 1968, als ein junger Regisseur namens George A. Romero Die Nacht der lebenden Toten schuf, geglaubt, dass die wandelnden Leichen einen derartigen Siegeszug antreten würden, wie wir ihn derzeit erleben. Aus dem einstigen Subgenre des Horrors ist ein Massenphänomen geworden, das mittlerweile sämtliche Medien der Unterhaltungsindustrie erobert hat. Neben den Filmen von George A. Romero ist es vor allen Dingen die Serie The Walking Dead, die international sämtliche Rekorde bricht. Was als relativ kleines Comic-Projekt entstand, wurde eine hochgelobte und anspruchsvolle TV-Serie, zu der es mittlerweile auch entsprechende Romane gibt. Obwohl die Romane den Ereignissen aus der TV-Serie vorgreifen (ohne jedoch zu spoilern!), hat der erste Band eine große Resonanz gefunden, sodass jetzt endlich der zweite Roman zur Serie vorliegt, abermals verfasst von Robert Kirkman, dem Schöpfer von The Walking Dead, und Jay Bonansinga. Die deutsche Titelauswahl ist leider alles andere als glücklich und schon gar nicht originell ausgefallen. So heißt der vorliegende Roman schlicht und ergreifend The Walking Dead 2, ist aber keineswegs eine direkte Fortsetzung zum ersten Band.
Tatsächlich funktioniert das Buch auch prima als eigenständige Geschichte, obwohl die Entwicklung des Governor im zweiten Teil des Romans aufgegriffen und vorangetrieben wird. Protagonistin ist aber eindeutig Lilly Caul, die von den Autoren sehr authentisch und sorgfältig charakterisiert wurde. Das Grundrezept unterscheidet sich auf den ersten Blick kein bisschen von herkömmlichen Zombie-Geschichten. Eine Gruppe Überlebender auf der Suche nach einem sicheren Plätzchen in der von Untoten überrannten Welt. Und obwohl schon hundert Mal erzählt, scheint an dieser Art von Geschichten immer noch Bedarf zu bestehen. Der Reiz liegt auch dieses Mal in den unterschiedlichen und farbigen Charakteren begründet, sowie den Problemen und Schwierigkeiten, mit denen sich die Überlebenden herumschlagen müssen. Die Zombies bilden dabei wieder einmal bloße Staffage, die wahre Bedrohung geht auch hier wieder einmal vom Menschen aus, der sich selbst sein gefährlichster Wolf ist. Trotzdem kommen hier auch die Freunde blutiger Zombie-Action voll auf ihre Kosten.
Im ersten Band konnte der Leser in Erfahrung bringen, wie ein verzweifelter Mann zum Governor wurde, jetzt darf man erleben, was für ein düsteres Schreckensregime er in Woodbury errichtet hat. Und doch ist der Governor kein durch und durch böser Mensch. Mit tiefen Narben an Leib und Seele, versucht er in einer postapokalyptischen Welt eine funktionierende Gesellschaft am Laufen zu halten, wenn auch mit den gänzlich falschen Methoden, was Lilly und ihre Gefährten leider zu spät in Erfahrung bringen. Auf den ersten hundert Seiten ist man noch versucht zu denken, einen weiteren gewöhnlichen Zombie-Schmöker in Händen zu halten, der sich nicht im Mindesten von der Dutzendware unterscheidet, die den DVD- und Bluray-Markt überschwemmt, und in der es hauptsächlich um blutige Zombie-Metzeleien geht. Doch spätestens mit der Verbannung aus der Zeltstadt wird klar, welches Potenzial in der Geschichte steckt, welches von den Autoren auch hervorragend genutzt wird. Der Schreibstil ist flüssig, minimalistisch und sehr packend, sodass man gerne weiter liest, um zu wissen, was noch alles passiert. Ein Muss für alle Fans von The Walking Dead, auch wenn die Ereignisse aus der TV-Serie erst in der kommenden Staffel an die Geschehnisse der Romane anknüpfen.

Die Coverillustration ist so einfach wie wirkungsvoll. Die Silhouette einer Frau (Lilly) auf der Flucht vor den Untoten. Nicht sonderlich innovativ, doch man erkennt augenblicklich, worum es in dem Buch geht, und das ist schließlich die Hauptsache. Die Übersetzung von Wally Anker und der gefällige Satzspiegel tun ihr Übriges, dass man den Roman in Nullkommanichts ausgelesen hat und nach mehr lechzt.

Fazit:
Homo homini lupus. Auch der zweite Band zum Mega-TV-Ereignis kann auf ganzer Linie überzeugen. Interessante, vielschichtige Charaktere agieren in einem an Düsternis kaum zu überbietenden Setting und müssen schmerzlich erfahren, dass der Mensch dem Menschen immer ein Wolf ist. Die Zombies sind dabei fast Nebensache, obwohl es noch genug Splatter-Szenen mit den lebenden Leichen gibt.

(fh)