Nullsummenspiel
David Mack
Star Trek: Typhon Pact, Band 1
Nullsummenspiel
Star Trek – Typhon Pact: Zero Sum Game
Taschenbuch, Science-Fiction, Cross Cult, Ludwigsburg, Juni 2013, 400 Seiten, 12,80 Euro, ISBN: 9783864252808, aus dem Amerikanischen von Kerstin Fricke, Titelfoto/Titelgestaltung von Martin Frei
Ein Agent des Typhon Pact, einer Allianz der Breen-Konföderation, dem romulanischen Imperium, der Gorn-Hegemonie, der tholianischen Versammlung, dem Heiligen Orden der Kinshaya und der Tzenkethi-Koalition, infiltriert die Raumschiff-Wert Utopia Planitia der vereinten Föderation der Planten und stiehlt die Pläne für den Slipstream-Antrieb. Die Explosionen, die dem Agenten die Flucht ermöglichten, kosten mehreren Sternenflotten-Angehörigen das Leben. Sollte es dem Typhon Pact gelingen, den Slipstream-Antrieb in ihren Raumschiffen zu installieren, würde die Allianz einen immensen taktischen Vorteil erlangen, der mit hoher Wahrscheinlichkeit in einem offenen Krieg der beiden Großmächte gipfeln würde.
Berichten des Sternenflotten-Geheimdienstes zufolge wurden die Pläne zur zentralen Breen-Welt Salavat gebracht. Um die Daten des Slipstream-Antriebs zu sichern und einen eventuellen Prototyp zu zerstören, ohne den unsicheren Frieden zwischen der Föderation und dem Typhon Pact zu gefährden, ist eine Undercover-Mission erforderlich, für die eigentlich nur besondere Menschen geeignet sind. Sektion 31, eine streng gehütete Abteilung des Sternenflotten-Geheimdienstes, erinnert sich daher an Dr. Julian Bashir, leitender medizinischer Offizier der Raumstation Deep Space Nine und zugleich ein genetisch aufgewerteter Mensch. Der lehnt das Himmelfahrtskommando zunächst ab – bis er erfährt, wer seine Partnerin auf dieser Mission ist. Es handelt sich um Sarina Douglas, einst Mitglied des sogenannten Jack-Packs, bevor Bashir sie mithilfe einer komplizierten Operation aus ihrer Lethargie befreite. Nach ihrer kurzen Romanze auf DS9 schloss sich Sarina dem Geheimdienst der Sternenflotte an. Schließlich willigt Julian ein, gemeinsam mit Sarina nach Salavat zu reisen. Sie erhalten zwei Breen-Anzüge mit allerlei Ausrüstung und einem Vokoder, der es ihnen ermöglichen soll, die Sprache der Breen zu verstehen und ihre Schriftzeichen zu entziffern. Die USS Aventine unter dem Kommando von Captain Ezri Dax, soll die beiden Agenten am Zielort absetzen und nach erfolgreich absolvierter Mission wieder an Bord nehmen. Durch einen fingierten Angriff auf ein aufgebrachtes Raumschiff der Breen soll der Eindruck erweckt werden, dass es sich bei Sarina und Julian um Überlebende einer Raumschlacht handelt. Tatsächlich werden sie von einem Breen-Kriegsschiff gerettet. Da in der Gesellschaft der Breen Anonymität bevorzugt wird und niemand das Gesicht des anderen kennt, erfolgt die Identifizierung allein durch ID-Chips. So werden Sarina und Julian tatsächlich nach Salavat gebracht. Dort fallen sie jedoch trotzdem nach kurzer Zeit dem Sicherheitsdienst auf und werden gnadenlos gejagt. Zwar gelingt den beiden Agenten die Flucht, doch allein auf sich gestellt, als Eindringlinge entlarvt, ist ihre Festnahme lediglich eine Frage der Zeit. Schließlich fallen sie einem weiblichen Breen namens Chot Nar auf, als sie sich Informationen über die Lage von militärischen Einrichtungen auf Salavat besorgen. Glücklicherweise handelt es sich bei Chot Nar um ein Mitglied der hiesigen Dissidenten-Bewegung, die das Recht des Einzelnen auf Individualität und Selbstbestimmung in der Breen-Konföderation proklamiert. Mit Chot Nars Hilfe erhalten Sarina und Julian neue Breen-Identitäten, inklusive einer höheren Sicherheitsstufe, der sie als hochrangige Mitarbeiter des Breen-Geheimdienst-Direktorats ausweist. Kurz darauf fällt Chot Nar allerdings selbst dem Geheimdienst der Breen in die Hände und wird brutal verhört. Die Mission von Julian Bashir und Sarina Douglas scheint gescheitert, noch ehe sie richtig begonnen hat.
Währenddessen patrouilliert die USS Aventine am Rand des interstellaren Raums der Breen-Konföderation, bereit die beiden Agenten herauszuholen. Eine romulanische Flotte wittert leichte Beute und beabsichtigt das Föderations-Schiff aufzubringen. Sollte es Captain Dax gelingen das Problem zu lösen, wartet bereits ein neues auf sie und ihre Crew. Denn die Breen haben eine Blockade vor Salavat errichtet, die es der Aventine unmöglich macht, unerkannt in das System vorzustoßen, um Julian und Sarina zu bergen …
Endlich liegt der erste Teil der neuesten Star Trek-Serie in deutscher Sprache vor. Der erste Band von Typhon Pact spielt im Jahr 2382, drei Jahre nach den Ereignissen, die im Film Star Trek X: Nemesis geschildert werden, und ein Jahr nach der grandiosen Trilogie Star Trek: Destiny. Zum Vergleich: Der aktuelle Deep Space Nine-Roman Der Seelenschlüssel spielt im Jahr 2377, also gut fünf Jahre zuvor. Erst fünf Jahre später wird die Heimatwelt des Romulaners Nero explodieren, woraufhin dieser in der Zeit zurückreisen wird, um Rache zu üben, was zu der neuen Zeitlinie führen wird, in der die aktuellen Kinofilme von J.J. Abrams spielen. Man merkt also, das Star Trek-Universum wird komplexer und erlebt in den Romanen einen Relaunch, den man nach dem Ende der TV-Serien nicht für möglich gehalten hat. Und die neue Serie Typhon Pact beginnt mit dem Eröffnungsband aus der Feder von David Mack (u.a. Star Trek: Destiny und Kriegspfad) äußerst vielversprechend. Typhon Pact soll alle aktuellen Serien verbinden und viele bekannte Charaktere mitspielen lassen. In Band 1 Nullsummenspiel gibt es ein Wiederlesen mit den beliebten Recken von Deep Space Nine: Dr. Julian Bashir und Captain Ezri Dax. An Bord der USS Aventine dienen zudem Sam Bowers, Simon Tarses und Mikaela Leishman, welche die Leser der achten Staffel von DS9 bereits aus den Romanen kennen. Für die eifrigen Zuschauer der TV-Serie gibt es als kleines Gimmick einen erneuten Auftritt des beliebten Jack-Packs, jenen genetisch aufgewerteten Sonderlingen, die der Föderation vor einigen Jahren begreiflich zu machen versuchten, vor dem Dominion zu kapitulieren, da ein Sieg unmöglich schien. Auch Sarina Douglas ist keine Unbekannte und bekommt in diesem Band eine feste Rolle in den Romanen. Glücklicherweise sind die Zeiten vorbei, in denen die Stammcharaktere sich in den Büchern nicht entwickeln durften. Dadurch bekommt der vorliegende Roman nämlich eine gänzlich andere Qualität. Im Großen und Ganzen ist Nullsummenspiel ein Bashir-Roman, der vor allen Dingen Fans dieses Charakters wärmstens ans Herz gelegt wird. Immerhin gesteht er vor sich selbst ein, dass Sarina die einzige Frau in seinem Leben ist, die er vielleicht wirklich und wahrhaftig geliebt hat. Kein Wunder also, dass allein ihr Mitwirken an der Mission den medizinischen Offizier zum Mitmachen animiert. Der einst so jungenhafte und engagierte Arzt ist mittlerweile zu einem reifen, aber auch einsamen Mann geworden, der sein bisheriges Leben und vor allen Dingen seine Zukunft infrage stellt. Erst die Geheimmission auf Salavat scheint ihm neue Perspektiven zu eröffnen, obwohl er auch im Handeln von Sarina eine herbe Enttäuschung erlebt und sich darüber hinaus gezwungen sieht, Dinge zu tun, die er mit dem hippokratischen Eid des Arztes nicht vereinbaren kann. Doch die Aufträge eines Agenten von Sektion 31 haben nur wenig mit den Pflichten und Tugenden eines Mediziners gemein und zum Wohle der Föderation müssen Opfer gebracht werden – auf beiden Seiten.
Auch Ezri Dax hat seit dem Ende der TV-Serie Deep Space Nine eine enorme Entwicklung durchgemacht, und das bezieht sich nicht allein auf ihren Wechsel zur Kommandoebene und ihre Beförderung zum Captain, sondern vor allen Dingen auf ihr Selbstbewusstsein und ihren Wagemut. Die USS Aventine ist ein hochmodernes und sehr schnittiges Schiff, das man gerne auf dem Bildschirm in Aktion gesehen hätte, insbesondere in den Szenen, die im Roman geschildert werden. Für den politischen Hintergrund sind Föderations-Präsidentin Bacco und ihr Stab zuständig, die mehr denn je ihre diplomatischen Fähigkeiten ausspielen müssen. Für das Verständnis des Romans ist es keineswegs zwingend notwendig die Bücher der Destiny-Trilogie oder die beiden Ergänzungsromane Die Gesetze der Föderation und Einzelschicksale zu kennen. Allerdings würde man die Hintergründe einzelner Charaktere und ihrer Beziehungen untereinander besser verstehen.
Der einzige negative Aspekt ist die Vermenschlichung und die Entmystifizierung der Breen. Einerseits ist es natürlich großartig und begrüßenswert, wenn eine so mysteriöse Spezies wie die Breen, die in den TV-Serien und Filmen eine untergeordnete Rolle spielte, in den Romanen eine Kultur und einen entsprechenden Hintergrund bekommt. Doch bis auf die unterirdischen Städte und die Anonymität der Masse bleibt am Ende nur wenig Fremdartiges. Tatsächlich gemahnt der Kalte Krieg zwischen der Föderation und dem Typhon Pact an das jahrzehntelange Säbelrasseln der Großmächte USA und Russland in der zweiten Hälfte des Zwanzigsten Jahrhunderts. Vielleicht soll mit der vertrauten Infrastruktur der Breen lediglich verdeutlicht werden, dass der Feind sich häufig gar nicht so sehr von der eigenen Gesellschaft unterscheidet. Und doch wird hier einiges an Potenzial verschenkt. Wenn die Breen durch Einkaufspassagen schlendern, Hochgeschwindigkeitszüge benutzen und nach getaner Arbeit in Apartments mit Fernseher und Sofa-Garnitur zurückkehren ist es schwierig das Bild des erbarmungslosen Gegners aufrechtzuerhalten, das man sich in den Dominion-Kriegen aufgebaut hat. Ob es letztendlich klug war, das Gesicht hinter der Maske zu zeigen wird sich in den kommenden Bänden zeigen.
Trotz der Entmystifizierung der Breen macht der vorliegende Roman sehr viel Spaß, nicht zuletzt dank der flüssigen Schreibe von David Mack und seinem enormen Wissen in Bezug auf Star Trek. Die Mission von Dr. Bashir und Sarina Douglas würzt das Science-Fiction-Abenteuer mit einer Prise James Bond und Mission Impossible.
Ein kleiner Ausblick auf die Serie Typhon Pact sowie eine Abhandlung über die Breen von Star Trek-Experte Christian Humberg vervollständigen das Taschenbuch.
Martin Frei schuf das epische und sehr ansprechende Cover, auf dem Dr. Julian Bashir, Captain Ezri Dax und die USS Aventine zu sehen sind. Das Lektorat und die Übersetzerin haben hier sehr gute Arbeit geleistet.
Fazit:
Hinter feindlichen Linien. Spannender Science-Fiction-Spionage-Thriller mit ebenso bekannten wie beliebten Charakteren, bei dem lediglich die Entmystifizierung der Breen einen kleinen Wermutstropfen hinterlässt.
(fh)