Totenblick
Thriller, Taschenbuch, Knaur August 2013, 528 Seiten, 9,99 Euro, ISBN: 9783426505915
In Leipzig drapiert ein Serienmörder seine Opfer in nachgestellte Gemälde, Fotos oder Bilder, um seine Perfektion zu demonstrieren. Damit nicht genug tötet er auch jeden, der den Opfern in die toten Augen blickt. Denn wer vom Totenblick erfasst wird, muss sterben.
Obwohl der Mörder an jedem Tatort Hinweise hinterlässt, tappt die Polizei lange im Dunkel, denn diese Hinweise sind nur schwer zu finden. Noch schwieriger wird es, diese Hinweise sichtbar zu machen, denn die Wahrheit liegt immer im Auge des Betrachters …
Und damit sind wir schon bei der Kernaussage des gesamten Thrillers. Der Leser ist einer der Betrachter, der die Wahrheit ebenso zu finden versucht wie die Ermittler der Leipziger Polizei. Markus Heitz legt mit Totenblick seinen ersten (beinahe) fantastikfreien Thriller vor und stellt den Leser gleich auf eine harte Bewährungsprobe. Denn zunächst ist erst einmal nichts so, wie man es vermutet. Wenn am Anfang der Handlung ein Psychologe oder wie in diesem Fall ein Personal Trainer vorgestellt wird, heißt das in vielen Fällen, dass man die erste Bekanntschaft mit einem Täter oder zumindest einem Mittäter oder Mitwisser bekannt gemacht wird. Im Fall von Ares Löwenstein klärt sich die Lage allerdings scheinbar schnell auf, denn die Charakterisierung dieser Figur ist so lebensnahe, dass er förmlich aufgrund seiner Sympathie von vornherein als solcher ausschließt. Jedoch darf man nie vergessen, dass es sich um einen Roman von Markus Heitz handelt, und da sind Überraschungen vorprogrammiert. Reichen die Sympathiepunkte nun also aus? Denn mit authentisch beschriebenen Charakteren geizt der Autor nicht. Es ist beinahe ein ständiges Kommen und Gehen, wobei das Gehen meist eine logische Folge des Totenblicks ist. Denn auch das stellt Heitz von Anfang an klar: Wer vom Totenblick erfasst wird, muss sterben. So sind die zahlreichen Todesfälle eigentlich keine Überraschung, wenn man die Drohung auch als Leser nur ernst genug nimmt.
Der erste Thriller von Markus Heitz hat mich als Leser auf ganzer Linie überzeugt. Jetzt weiß ich endlich, warum ich Oneiros bis zum Ende gelesen habe, denn so hatte ich Lesegenuss wirklich bis zur letzten Seite. Totenblick ist zwar keine Fortsetzung von Oneiros, aber so konnte ich mit dem alternativen Epilog etwas anfangen 😉
Beeindruckend fand ich die Authentizität des Romans. Angefangen von den Beschreibungen der Stadt Leipzig über zur Charakterisierung der handelnden Personen bis hin zu den Dialogen ist alles in sich stimmig. Verschiedenen Szenen konnte ich sehr gut nachempfinden, weil mir viele Handlungsorte vertraut sind und weil ich die Menschen in Leipzig gesehen und erlebt habe. Sicher kann man dies auch auf andere Städte übertragen, aber wer Leipzig kennt, hat beim Lesen Bilder vor Augen und hört den sächsischen Dialekt, was durch die zum Teil freche Sprache des Autors noch unterstützt wird. Und wer Leipzig nicht kennt? Nun … auch dann wird man Spaß an der Geschichte haben. Es gibt genügend Tote, für Spannung ist gesorgt und Punks und Penner gibt es auch anderswo.
Was mir beim Lesen auch sehr positiv auffiel, war die vergleichsweise trockene und emotionslose Beschreibung der Tatorte, der Mordopfer und des Täters. Wo andere Autoren sich erst richtig ins Zeug legen und jeden Blutspritzer einzeln beschreiben, bleibt Markus Heitz ganz cool und regt damit die Fantasie des Lesers natürlich erst richtig an.
Alles in allem kann ich Totenblick nur weiterempfehlen. Markus Heitz bringt meines Erachtens frischen Wind in die Thrillerszene, ohne das Genre dabei neu erfinden zu müssen. Die freche und schnoddrige Art, wie er seine Protagonisten in Szene setzt, macht einfach Spaß, der durch einige Todesfälle allerdings manchmal ein wenig getrübt wird.
(ab)