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96 Minuten

Kevin (J. Michael Trautmann) würde alles tun, um in die lokale Gang aufgenommen zu werden, um dazuzugehören. Sein Cousin Andre »Dre« (Evan Ross) dagegen setzt alles daran, um aus diesem Teufelskreis zu entkommen. Den Schulabschuss in der Tasche und die Chance auf ein Studium in Sicht trifft Dre auf Kevin, der auf dem Weg ist, ein Auto zu stehlen – sein Initiationsritus. Dres Versuche, Kevin die Folgen seiner kriminellen Zukunft vor Augen zu führen, fruchten nicht. Zur falschen Zeit kehren Lena (Christian Serratos) und Carley (Brittany Snow) von einem Treffen mit ihren Freunden zu ihrem Wagen zurück. Lena wird von Kevin angeschossen und gemeinsam fahren die vier durch die Nacht, unschlüssig, was sie nun tun sollen. Egal, welche Entscheidung sie treffen, sie wird das Leben aller Beteiligten verändern.

96 Minuten ist weniger der Actionthriller, den man aufgrund der Coverinfos erwarten könnte, sondern eher ein Jugend- und Sozialdrama mit wenigen untergeordneten Thrillerelementen, das Regisseurin Aimee Lagos ohne viel Pathos umgesetzt hat und das gerade deswegen umso unmittelbarer wirkt.

Auch der Hinweis auf die Echtzeitumsetzung hinkt etwas, denn das ist nur die halbe Wahrheit. Die 96 Minuten Gegenwartshandlung – die Autofahrt, und ihre Folgen – werden des Öfteren durch Rückblenden unterbrochen, die den Tag der vier Jugendlichen bis zu ihrem zufälligen Aufeinandertreffen Revue passieren lassen. Keine neue Erzählart aber sehr wirkungsvoll um das Publikum von Beginn neugierig zu machen. Dabei beschränkt sich Autorin und Regisseurin Laos nicht alleine auf ihre vier Hauptprotagonisten, sondern streift auch die Wege weiterer Personen, denen die vier Jugendlichen im Lauf dieser Nacht begegnen.

Umgesetzt ist diese schicksalhafte Geschichte objektiv und ohne moralisierenden Beigeschmack. Da die (Hand-)Kamera die ganze Zeit über förmlich an den Personen klebt, wirkt der Film äußerst intensiv und nahezu fiebrig. Schwer zu glauben, dass das die erste Regiearbeit von Aimee Lagos (nach einem Kurzfilm 2003) sein soll.

Der größte Pluspunkt jedoch sind die Leistungen der Schauspieler, denen man ihre Rollen zu jedem Zeitpunkt abnimmt. Sogar Brittany Snow (Prom Night, Pitch Perfect, Harry’s Law), die um einiges bekannter ist, als der Rest des Casts, fügt sich hier nahtlos ein. Evan Ross erhielt für seine Darstellung den »Breakthrough Performance«-Award auf dem SXSW FF, Brittany Snow und Aimee Lagos konnten die Preise für »Best Actress« und »Best Director« des Boston FF mit nach Hause nehmen. Obwohl nicht ausgezeichnet, bleibt auch J. Michael Trautmann mit seiner erschreckend stumpfsinnigen Darstellung des gewaltbereiten Kevin im Gedächtnis haften.

Fazit:
Fiebrig-intensives Echtzeitdrama im Stil von 11:14, das ohne erhobenen Zeigefinger auskommt. Völlig zurecht wurde 96 Minuten auf einigen namhaften Festivals mehrfach ausgezeichnet.

Copyright © 2013 by Elmar Huber

 

96 Minuten
96 Minutes, USA, 2012
Sunfilm Home Entertainment
Tiberius Film, Februar 2013
1 DVD im Amaray Case
Drama/Thriller
Laufzeit: ca. 91 Min., 9,90 Euro
EAN 4041658227179
FSK: 16
Regie und Drehbuch:
Aimee Lagos
Darsteller: Brittany Snow,
Evan Ross, Christian Serratos,
Jonathan Michael Trautmann,
David Oyelowo
Musik: Kurt Farquhar

www.sunfilm.de
www.96minutesthemovie.com