Aggression Scale – Der Killer in dir
Gerade ist Patchworkfamilie Rutledge – Bill und Maggie sind frisch verheiratet und bringen je ein Kind mit in die Ehe – in ihr neues, gemeinsames Heim eingezogen, da steht auch schon ein Schlägertrupp vor der Haustür. Mafiaboss Bellavance (Ray Wise) ist nämlich, als er im Knast saß, eine halbe Million Dollar abhandengekommen, die er nun auf diese Art und Weise wieder eintreiben lässt. Die Schläger wissen freilich nicht, dass Bill mit dem Geld seinen Sohn Owen (Ryan Hartwig) aus der Psychiatrie geholt hat, in der der Sprössling wegen unkontrollierter Gewaltausbrüche einsaß und somit eine ernst zu nehmende Gefahr für sich und andere und vor allem für die drei Schläger darstellt.
The Aggression Scale wird in den USA vom geschätzten Label Anchor Bay Entertainment vertrieben, das immer noch als Synonym für fangerechte Editionen von Kulthorror steht, obwohl das Label seit einigen Jahren aber auch als Verleih für neue Filme fungiert. Erst kürzlich bescherte uns Anchor Bay z. B. schon das ähnlich gelagerte, doch ungleich brutalere I Spit on Your Grave-Remake. Auch wenn es in The Aggression Scale weit weniger derb zugeht, bietet dieser Film Diskussionspotenzial, denn man serviert dem Zuschauer hier einen Heranwachsenden als veritablen Psychopathen. Nachdem seine Eltern von dem Killertrupp ermordet wurden, gelingt es Owen nämlich, sich zunächst mit seiner neuen Stiefschwester Lauren in seinem Zimmer zu verbarrikadieren und schließlich in den angrenzenden Wald zu fliehen, wo er sich wie weiland John Rambo in First Blood nach und nach seine Verfolger vornimmt. Das Geschehen wird dabei zu keiner Zeit ironisiert und gewinnt eher noch an Bedrohlichkeit, da Owen durchgehend stumm und nahezu ausdruckslos agiert. Und doch schafft der Film den Dreh, den Zuschauer auf die Seite dieses gefühlskalten Monsters zu holen, denn relativ gesehen ist er das kleinere Übel und immerhin beschützt er seine Stiefschwester, obwohl diese anfangs nicht besonders nett zu ihm war.
Den unbestrittenen Hauptdarsteller Ryan Hartwig konnte bereits als Vampirspross Lenny Hamilton in The Thompsons (im Vorgänger The Hamiltons wurde Lenny von einem anderen Schauspieler verkörpert) überzeugen und liefert auch hier eine erschreckend gute Darstellung. Den Namen wird man sich merken müssen. Der übrige Cast hat dagegen fast keine Gelegenheit, zu glänzen. Allenfalls Fabianne Therese als Lauren und Dana Ashbrook als Anführer des Killerrudels stechen noch hervor, während Ashbrooks prominenterer Twin Peaks-Kollege Ray Wise in seinen wenigen Szenen auf Autopilot läuft. Für Horrorfans ist Derek Mears mit von Partie, der bereits Jason Voorhees, einen The Hills Have Eyes-Mutanten, einen Predator verkörperte und dank seines bedrohlichen Äußeren noch einige Credits mehr in namhaften Horrorfilmen hatte.
Handwerklich ist der Film mehr als solide inszeniert. Tempo und Timing gefallen ebenso wie das schlanke Drehbuch. Regisseur Steven C. Miller hat seit Scream of the Banshee noch einiges dazu gelernt (oder einige Dollars mehr zur Verfügung) und macht sich langsam einen Namen im Horrorgenre.
Fazit:
Wirkungsvoller Thriller, der das Home-Invasion-Subgenre von einer gänzlich neuen Seite aufzieht, bei Moralwächtern allerdings auf wenig Gegenliebe stoßen wird.
Copyright © 2013 by Elmar Huber
Aggression Scale
Der Killer in dir
The Aggression Scale
USA, 2011
Sunfilm Entertainment
Tiberius Film, München
Februar 2013
1 DVD, Thriller
ca. 81 Minuten, 8,99 Euro
EAN: 4041658227025
FSK: 18
Regie: Steven C. Miller
Drehbuch: Ben Powell
Darsteller: Ryan Hartwig,
Ray Wise, Dana Ashbrook,
Derek Mears